Schuhe für 800 Euro: Rechnungshof in Brandenburg kritisiert ASP-Bekämpfung
Der Landesrechnungshof (LRH) kritisiert das Ministerium und die Landkreise im Umgang von Geldern für die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Im Jahresbericht wirft der LRH dem Ministerium fehlende Billigkeit und haushaltsrechtliche Mängel vor.
Die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) nimmt im Jahresbericht des Landesrechnungshofes (LRH) in Brandenburg ganze zwölf Seiten ein. Der LRH macht darin auf Fehler und eine mangelhafte Haushaltsführung bei der finanziellen Unterstützung durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz (MSGIV) aufmerksam.
Bis Ende 2023 gab das MSGIV 130 Mio. Euro für die Bekämpfung der ASP aus. Davon flossen 98 % an die Kommunen. Das LRH prüfte die Umsetzung der ASP-Richtlinie schwerpunktmäßig in den Haushaltsjahren 2020 und 2021. Örtliche Erhebungen hätten im MSGIV, im Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit sowie in den Landkreisen Uckermark, Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Spree-Neiße stattgefunden, teilt der LRH mit.
800 Euro für drei Paar für Schuhe aus „Kontaminationsgründen“
Zum Beispiel: Schuhe. Im Zuge der Fallwildsuche wurden in mehreren Kommunen Aufwendungen für neue Schuhe erstattet – und zwar in einer Größenordnung, die bei genauerer Prüfung wenig nachvollziehbar erscheint. Hundeführer ließen sich immer wieder den Kauf von Schuhen im Wert von 200 bis 300 Euro ersetzen, die aus „Kontaminationsgründen“ hätten entsorgt werden müssen. Besonders auffällig war ein Hundeführer im Landkreis Spree-Neiße, der sich innerhalb von nur sechs Monaten gleich drei Paar neue Schuhe für insgesamt 800 Euro erstatten ließ – ohne die Entsorgung der alten Schuhe zu belegen. Die Begründung, dass die Schuhe aus hygienischen Gründen ersetzt werden mussten, warf bei den Prüfern erhebliche Zweifel auf, da die Kommunen für Reinigungs- und Desinfektionsmöglichkeiten sorgten.
Die Prüfer bemängelten zudem die Verträge der Veterinärämter mit Hundeführern. Sie sahen im Prüfungszeitraum die Zahlung einer Tagespauschale von 500 Euro pro Einsatztag, die Übernahme der Übernachtungs- und Verpflegungskosten, eine Erstattung der Fahrtkosten von 30 ct/km und Schadenersatz bei Verlust oder Beschädigung der Ausrüstung im Zusammenhang mit der Fallwildsuche vor – siehe Schuhe. Der LRH sieht diese Pauschalen als „nicht hinreichend begründet“ an.
Geld für Zäune ohne Ermächtigung
Im Dezember 2019 begannen die Landkreise entlang der Oder mit dem Bau von Wildzäunen an der polnischen Grenze, um die Einschleppung der Krankheit zu verhindern. Als die Kommunen nach finanzieller Unterstützung vom Land Brandenburg fragten, geriet die Haushaltsführung des MSGIV ins Wanken. Ohne eine rechtliche Grundlage erstattete das Ministerium den Kommunen 50 % der Kosten für den Unterhalt der Wildschutzbarrieren (141.914 Euro) ohne die nötige Ermächtigung durch das Haushaltsrecht.
„Der Landesrechnungshof stellte bei seiner Prüfung fest, dass das MSGIV den drei Kommunen die Kosten ohne Durchführung eines Zuwendungsverfahrens erstattete“, heißt es im Bericht des LRH.
ASP-Bekämpfung kein unvorhersehbares Ereignis
Die grundsätzliche Entscheidung, die finanziellen Hilfen als Billigkeitsleistungen zu gewähren, sei falsch gewesen. Billigkeitsleistungen sind grundsätzlich freiwillige Zahlungen des Staates, die aus Gründen der Fürsorge gewährt werden, jedoch keine rechtliche Verpflichtung darstellen. Doch die ASP-Bekämpfung sei nach Auffassung des LRH keineswegs ein unvorhersehbares Ereignis gewesen. Die Kommunen hätten auf die Gefährdungslage vorbereitet werden müssen. Dann hätte eine gesetzlich geregelte Kostenübernahme des Landes erfolgen können, stellt der LRH im Nachhinein fest.
Mangelnde Weitsicht der Landkreise für Bekämpfung
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die fehlerhafte Durchführung von Vergabeverfahren. Die Landkreise, die mit der Seuchen-Bekämpfung beauftragt waren, gaben regelmäßig Aufträge für die Errichtung von Wildschutzbarrieren und andere Maßnahmen an Dienstleister weiter – jedoch ohne die vorgeschriebenen Ausschreibungen. Stattdessen griffen sie auf das Verfahren der freihändigen Vergabe zurück, die nur in dringenden Ausnahmefällen gerechtfertigt sei.
Zwar sei die Bekämpfung der ASP in Brandenburg zweifelsohne dringend gewesen, doch eine Ausschreibung mit einer Mindestfrist von zehn Tagen hätte nach Ansicht des LRH in vielen Fällen problemlos durchgeführt werden können. Die Landkreise hätten längst auf den bevorstehenden Ausbruch der Krankheit vorbereitet sein müssen: Die Prüfung des LRH habe ergeben, dass für die Ausbreitung der ASP aus Polen nach Deutschland seit 2014 eine stetig zunehmende Gefährdungslage bestand.
Wir erinnern uns: Auch die landwirtschaftlichen Interessenverbände hatten vielfach darauf hingewiesen. „Zwar konnte niemand den genauen Zeitpunkt des ersten Seuchenfalls vorhersagen. Dennoch hätte die Landesregierung genug Zeit gehabt, sich mit den finanziellen Auswirkungen einer flächendeckenden Seuchenbekämpfung für die betroffenen Landkreise zu befassen und die gesetzlichen Grundlagen für eine Kostenübernahme durch das Land zu schaffen“, so der LRH.
Änderung der Erstattung
Der LRH zweifelt zudem an der Sinnhaftigkeit der Anschaffung von Geländewagen und Quads für die Fallwildsuche. Die seien in zwei Landkreisen als förderfähig erachtet worden, andere hätten sie als unzulässig ablehnt. In seiner Stellungnahme verwies das MSGIV u. a. auf die Ausnahmesituation, auf den Umstand, dass für Spree-Neiße ein Haushaltssicherungskonzept gelte und auf Musterverträge mit den Hundeführern, die nun vorliegen. Das Erstattungsverfahren für die Landkreise werde nach Ablauf der Laufzeit der aktuellen ASP-Billigkeitsrichtlinie auf Zuwendungen umgestellt.
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