Reis-Anbau in Brandenburg: Exotisches Experiment mit Zukunft?
In Linum wagt ein Unternehmen ein innovatives Experiment: den Reis-Anbau in Brandenburg. Mit nachhaltigen Methoden und einer neuen Reissorte aus Italien will der Betrieb Naturschutz und Landwirtschaft in Einklang bringen. Welche Herausforderungen gab es und wie geht es weiter?
Von Wolfgang Herklotz
Langsam rollt der Schlepper mit der Pflanzmaschine über das Feld. Ein eingespieltes Team sorgt dafür, dass die Setzlinge in gleichmäßigem Abstand in den Boden kommen, 15 Stück pro Quadratmeter. Auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches. Doch was hier in Linum gepflanzt wird, unterscheidet sich sehr vom üblichen Gemüseanbau hierzulande. Denn es handelt sich um Reis der Sorte Loto, aus Italien importiert und im Betrieb unweit von Fehrbellin dann eigens vorgezogen.
Loto-Reis: Eine italienische Sorte trotzt Brandenburgs Klima
Nachdem die nur wenige Wochen alten Jungpflanzen ausgebracht sind, wird hier Wasser auf 2 Zentimeter angestaut, später dann auf 10 Centimeter. Denn Reis mag bekanntlich nasse Füße. Eine Premiere somit für das Unternehmen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin?
„Keineswegs“, erklärt Guido Leutenegger, Chef des Unternehmensverbunds, zu dem neben der NaturFisch GmbH & Co. KG Teichland Linum noch weitere Betriebe gehören. „Wir haben bereits im Vorjahr begonnen, die aus Asien stammende Kultur hier zu etablieren. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir das am nördlichsten gelegene Reisanbaugebiet der Welt sind.“
Naturschutz und Landwirtschaft: Wie Reis die Biodiversität fördert
Dabei geht es dem gebürtigen Schweizer so gar nicht um Rekordträchtiges. Sondern vielmehr darum, Naturschutz, Biodiversität und Landwirtschaft in Einklang zu bringen. Wie aber kann das mit dem zweifellos sehr exotisch anmutenden Reisanbau unter den Bedingungen der märkischen „Streusandbüchse“ funktionieren?
Das geht nur, wenn die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, versichert Leutenegger. Die Linumer Teiche werden traditionell für die Aufzucht von Karpfen genutzt, doch die Nachfrage ging nach der Wende stark zurück. Vor vier Jahren übernahm der Unternehmer die Linumer Teichlandschaft, deren Wasserstand nach Belieben reguliert werden kann. Hier werden nun weiterhin Speisefische gehalten, doch in deutlich reduziertem Umfang.
Der andere, nicht unbeträchtliche Teil der Anlage wird nun für den Reisanbau genutzt – ohne dafür Dünger und Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Gleichzeitig wird der Lebensraum für Watvögel und Amphibien wie die Rotbauchunke geschützt.
Möglichst naturnah und schonend zu wirtschaften, ist auch das Anliegen auf einem weiteren Standort der Natur Konkret GmbH in Ribbeckshorst und Lütte, versichert Guido Leutenegger. Exemplarisch dafür stehe der konsequente Einsatz von Balkenmähwerken, um bei der Mahd auf dem Grünland Insekten zu schonen. Doch zurück zum jüngsten Vorhaben in Linum.
Reis-Anbau in Brandenburg: Vom ersten Versuch bis zur optimierten Ernte
Dieses ist, wie könnte es auch anders sein, kein Selbstläufer. Wie Geschäftsführer Robert Jäkel einräumt, war der Start im Vorjahr alles andere als vielversprechend. „Es gab immer wieder Überraschungen.“ So machten sich nach kurzer Zeit Enten und Wildgänse über die zarten Reisspitzen her. Lehrgeld galt es ebenso beim Wasserregime zu zahlen. „Wenn die Flächen zu sehr überstaut werden, nimmt der Reis das schnell übel.“ Zudem erwiesen sich kräftig sprießende Schilfpflanzen als ernsthafte Konkurrenz, die in aufwendiger Handarbeit ausgeschaltet werden musste.
Doch auch die Ernte sorgte für Ernüchterung. Obwohl in Linum ein von der Versuchsstation Berge der Humboldt-Uni bereitgestellter Spezial-Mähdrescher mit Kettenlaufwerk genutzt werden konnte, blieb die Ausbeute deutlich unter den Erwartungen. „Es war gerade mal ein Zehntel von dem, was wir uns erhofft hatten“, so Robert Jäkel. Letztendlich waren es 153 Kilogramm Reis, die vom Feld geholt werden konnten. Doch deshalb aufzugeben, kam nicht infrage.
Zweite Reis-Saison: Erweiterung der Anbaufläche und neue Technik
Mit großer Zuversicht sehen Guido Leutenegger, Robert Jäkel und das insgesamt 15 Mitarbeiter zählende Team auf allen Standorten der diesjährigen Ernte entgegen. Die Anbaufläche wurde auf dreieinhalb Hektar erweitert, rund 326.000 Setzlinge kamen in den Boden. Vorher wurde dieser gründlich bearbeitet, um noch vorhandene Wurzelreste an Schilf zu eliminieren, berichtet Robert Jäkel. „Außerdem wacht jetzt meine Hündin Levi ständig darüber, dass sich keine Wildgänse mehr über die Reispflanzen hermachen.“
Zur Ernte Ende September, Anfang Oktober wird Spezialtechnik aus China zum Einsatz kommen, und für das sachgerechte Verarbeiten des Ernteguts wie das Schälen und Polieren der Reiskörner konnten ebenfalls entsprechende Maschinen gekauft werden. Guido Leutenegger äußert sich eher zurückhaltend über seine Ertragserwartungen. „Abgerechnet wird zum Schluss …“ Natürlich, mit Überraschungen ist auch weiterhin zu rechnen. Wir werden auf jeden Fall im Herbst mit dabei sein!
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