Waldumbau in Brandenburg: Mit Fjordpferden gegen Monokulturen
Pferde statt Maschinen: Um einen Mischwald für die nächste Generation aufzubauen, setzen die Berliner Forsten auch auf aktive Naturverjüngung. In Brandenburg werden sie beim Waldumbau dabei von einem erfahrenen Pferdeführer mit seinen Tieren unterstützt.
Von Natur aus gäbe es nördlich von Berlin nur vereinzelt Kiefern. Stiel- und Traubeneichen würden die Wälder dominieren. Doch diese gingen bereits im ausgehenden Mittelalter fast alle durch Übernutzung und Waldweide verloren. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war die Holznot schließlich so groß, dass man versuchte, mit schnell wachsenden Baumarten den Holzhunger zu stillen. Daher wachsen in Brandenburger Wäldern heute überwiegend Kiefern, oft flächendeckend, insgesamt gut 735.000 ha.
Da reine Nadelholzbestände anfällig für Insektenfraß, Windbruch und Waldbrände sind, will Philipp Kunze den Wald in seinem Revier Albertshof umbauen. Das liegt nördlich von Bernau und gehört zum Forstamt Pankow der Berliner Forsten. (Gut ein Drittel der Berliner Wälder liegt in Brandenburg.) Unterstützt wird er dabei von Stephan Dietrich, Desirée Warns und Thomas Rygus sowie zwei Norwegischen Fjordpferden.

Aktive Naturverjüngung mit Eichensaat: Eine nachhaltige Strategie
„Der Waldumbau von einer Nadelholzmonokultur hin zu einem stabilen Laubmischwald ist unsere große Hauptaufgabe bei den Berliner Forsten und allgemein in Deutschland. Auf der großen Fläche läuft das bei uns über Naturverjüngung“, erklärt Revierförster Kunze, „die wir hier mit der Eichensaat beschleunigen.“ Man kann das auch als aktive Naturverjüngung bezeichnen. Die ist aber nur per Hand oder, wir hier, mit Pferden möglich. Maschinen dürfen nicht auf die Waldflächen fahren, um Bodenverdichtung zu vermeiden. Und deshalb sind Ansgar und Hakon im Einsatz.
Die beiden Fjordpferde gehören zum Fjordpferdehof Insel, den Stephan Dietrich seit 1993 betreibt. Im Winter ist er als Forstdienstleister aktiv, im Sommer macht er Kutsch- und Kremserfahrten. Sein Landwirtschaftsbetrieb liegt auf einer 35 ha großen Insel am Finowkanal bei Marienwerder und fungiert als Wanderreitstation und Pferdepension, aktuell mit zehn Pensionstieren. In der eigenen Herde hat der Zugpferdespezialisten Vertreter verschiedener Rassen – angefangen vom Shetlandpony über Rheinische Deutsche und Schwarzwälder Kaltblüter bis hin zu Fjordpferden.
Pferde statt Maschinen: Zwei Hektar pro Tag mit zwei Pferdestärken
„Wir haben hier den Auftrag, auf zehn Hektar Saatgut der Traubeneiche auszusäen. Dafür nutzen wir eine umgebaute polnische Kartoffellegemaschine“, erläutert Stephan Dietrich sein heutiges Tagwerk. „Wir schaffen mit unseren zwei PS circa zwei Hektar am Tag, wobei Ansgar und Hakon dann vier bis fünf Stunden im Einsatz sind.“
Die Fläche im Revier Albersthof ist für die beiden kräftigen Ponys – Fjordpferde zählen zu den Kleinpferderassen – gut zu bearbeiten. Sie ist großräumig, relativ eben, und es gibt noch keine Naturverjüngung bzw. störenden Unterbewuchs zwischen den Kiefern.
Waldumbau in Brandenburg: Warum die Traubeneiche?
Die Ablagetiefe der Eicheln beträgt rund 2 cm, wobei es wichtig ist, dass das Saatgut im Mineralboden und nicht in der Nadelstreu abgelegt wird. Pro Hektar Kiefernwald benötigen sie hier ungefähr 100 kg Eicheln. Diese werden in 33-kg-Säcken angeliefert. Revierförster Kunze meint dazu: „Beim Waldumbau ist die Eiche hier in Brandenburg die wichtigste Baumart für uns, und gerade die Traubeneiche toleriert auch Standorte, die mit Nährstoffen schlecht versorgt sind. Wir setzen dabei ausschließlich auf regionales Saatgut aus zertifizierten Erntebeständen.“ Das wird dafür extra zur Forstsaatgutberatungstelle Oerrel (fsb) in Niedersachsen gefahren, denn das Einlagern ist anspruchsvoll. Die Eicheln werden dort thermisch vorbehandelt und in speziell belüfteten Kühlhäusern über den Winter gebracht. „Wichtig ist, dass die langen Pfahlwurzeln an den Eicheln nicht gekappt sind“, so der Förster. „Wir säen sie immer im Frühjahr aus, weil es im Herbst und Winter zu viele Fressfeinde gibt. Vor allem Wildschweine können in kürzester Zeit großen Schaden anrichten.“
Nach der Aussaat wird deshalb das Waldstück mit einem Elektrozaun gesichert. Der sperrt das Schwarzwild bis zum Juni aus. Dann haben die Eicheln vollständig gekeimt und schmecken nicht mehr.

Kartoffellegemaschine im Forsteinsatz
Für die Aussaat der Eicheln sind keine Vorarbeiten nötig. Die Kartoffel- bzw. Eichellegemaschine schlitzt mit ihrer Kräuterscheibe zuerst den Waldboden auf, und dann zieht das Pflugschar die Furche. (Wobei Furche nicht der richtige Begriff ist: Waldbauern und Forstleute sprechen hier von Bodenverwundung.) Anschließend fallen die Eicheln einzeln durch ein Rohr, nachfolgend drückt eine kleine Walze die Erde über ihnen wieder an und sorgt für den nötigen Bodenschluss.

Pflugschar leichter, die Furche zu ziehen. © Sabine Rübensaat
Waldumbau in Brandenburg: Keine Vorarbeiten, aber Konzentration
Bezahlt wird die waldbauliche Dienstleistung pro Hektar oder pro Kilogramm ausgebrachtem Saatgut. Aber sie ist kein leichter Job. Neben Kraft und Ausdauer verlangt sie von Mensch und Tier auch jede Menge Konzentration. Wenn Pferdeprofi Dietrich die Leine in die Hand nimmt, übernimmt er auch die Verantwortung für die beiden gut 600 kg schweren Zugtiere. Er muss immer schauen, wohin die Pferde laufen, und dafür sorgen, dass sie zwischen den Bäumen und möglichen Hindernissen einen sicheren Weg finden. Sie dürfen nicht in Fuchsbaue oder ähnliches treten und müssen ihm vertrauen können. Dann gilt es aufzupassen, dass die Legemaschine in der Spur bleibt, und schlussendlich muss er auch auf seine beiden Füße achten, damit er Ansgar und Hakon immer gut folgen kann.
Den Pferden gut folgen muss auch Desirée Warns. Seine Lebensgefährtin, ebenfalls eine sehr erfahrene Gespannführerin, geht neben der Maschine und achtet darauf, dass die Eicheln wie gewünscht im Waldboden abgelegt werden und sich keine Äste oder Wurzeln am Pflugschar verfangen. Des Weiteren sorgt sie dafür, dass das Saatgut anschließend gut abgedeckt wird und packt auch mal beherzt zu, wenn die Legemaschine umzukippen droht.

Der Dritte im Bunde ist Thomas Rygus. Von Beruf eigentlich Bankkaufmann, absolviert er zurzeit ein Praktikum auf dem Inselhof. Bei der Eichensaat befüllt er heute die Legemaschine, tritt – wenn nötig – die Bodenverwundung zu und hilft dabei, Ansgar und Hakon mit Wasser und Futter zu versorgen sowie den Transport von Tier und Technik zu bewerkstelligen.

© Sabine Rübensaat
Geballte Fachkompetenz für Arbeitspferde
Praktikant Rygus kennt sich nämlich auch mit Arbeitspferden aus. Genau wie Stephan Dietrich gehört er zum Vorstand der Interessengemeinschaft Zugpferde e. V. (IGZ), der Dachorganisation der ihr angeschlossenen Landesverbände: Er ist ihr Schriftführer, Stephan Dietrich sogar der Vereinsvorsitzende. Desirée Warns wiederum steht dem IGZ-Landesverband Berlin-Brandenburg vor.
Diese geballte Fachkompetenz und die zwei gut ausgebildeten Ponys lassen die Eichensaat zügig vorankommen. „Wir legen hier bewusst sehr viele Eicheln in den Reihen ab. Denn wir müssen immer damit rechnen, dass nicht alle zum Keimen kommen und dass später die jungen Eichen auch durch das Schalenwild verbissen oder verfegt werden können“, erklärt Revierförster Kunze weiter. „Eine ganz wichtige waldbauliche Voraussetzung ist deshalb die Jagd.“

© Sabine Rübensaat
Anschließend zeigt er auf einer benachbarten Fläche Eichensprösslinge aus den Vorjahren, deren Leittriebe das Rehwild eingekürzt hat: „Nur wenn auch die Jäger mithelfen, kann aus der aktiven Naturverjüngung ein widerstandsfähiger neuer und artenreicher Wald entstehen, der den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen ist.“

dürfen sich noch stärken, bevor auch sie auf ihren Anhänger kommen.
© Sabine Rübensaat

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