Viel zu viel Wasser auf dem Feld: Landwirte in Plessa kämpfen gegen Flurschaden
Die Agrar GmbH Plessa-Elstal fühlt sich seit Jahren mit dem Problem dauerhaft vernässter Flächen konfrontiert, das Agrarministerium in Brandenburg will jedoch das Wasser in der Landschaft halten. Jetzt soll das Gericht entscheiden.
Von Veit Rösler und Heike Mildner
Ob sie künftig mit Schwimmwesten und Booten auf ihre Felder müssen, spekuliert ein Landwirt beim Treffen der Bodeneigentümer am 27. Februar in der Plessaer Agrar GmbH. Auch über Taucheranzüge für tiefer gelegene Flächen wird bereits gefachsimpelt. Bis die Landwirte im Raum Plessa jedoch mit Harpune, Kescher und Netzen auf Fischfang gehen, werden nun erst einmal die Anwälte agieren. Auch die Gründung einer Bürgerinitiative wird in Erwägung gezogen.
Wasser auf dem Feld: 1.000 Hektar Boden sind unbrauchbar
Derzeit stehen – und das seit Monaten – und nur zeitweise witterungsbedingt zwischen Plessa und Lauchhammer gleich hinter dem Ortsausgang von Plessa
ca. 400 Hektar landwirtschaftliche Flächen unter Wasser. Auch in Richtung Kahla und auf den Seitenarmen der Elster können Flächen nicht mehr bewirtschaftet werden. Inzwischen wird insgesamt von ca. 1.000 Hektar unbrauchbar werdender Böden ausgegangen.
Ein Befahren der angrenzenden Landwirtschaftsflächen mit allradgetriebenen Fahrzeugen im seichten Wasser ist gefährlich, weil überall unter der Wasseroberfläche Gräben lauern und die schweren Fahrzeuge schon auf den feuchten Gebieten neben den neu entstehenden Seen stecken bleiben.
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Flurschaden: Maßnahmen halbherzig
Am 23. November 2023 hatte es im Kulturhaus Plessa zum Thema „Wasserbedingte Flurschäden“ ein gut besuchtes Fachgespräch mit Landwirten, Bürgermeister, Amtsdirektor, LBV und Vertretern des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) gegeben. Dort sei versprochen worden, Abhilfe zu schaffen, doch sei das bisherige Ergebnis vollkommen unzureichend, so Marcus Jatzak, Justiziar beim Landesbauernverband (LBV).
Das MLUK bestätigt auf Nachfrage der Bauernzeitung, dass mittels eines Kettenbaggers von Land aus im Herbst 2023 eine Krautung der Sohle durchgeführt wurde. Die Situation auf den Flächen wurde damit kurzfristig entlastet. Allerdings sei, so Jatzak, die Entkrautung aus Umweltschutzgründen nur auf einer Seite der Flussläufe erfolgt. An dem ca. 30 cm gefallenen Pegel sei erkennbar, dass eine beidseitige Entkrautung eine Lösung sein könnte.
Das Auskoffern des Flussbettes und damit eine Entschlammung würde zusätzliche Lösungsansätze bieten. Doch sei der Schlamm in der Schwarzen Elster mit vielen Schadstoffen belastet, so Jatzak. Das MLUK bestätigt, dass die Entnahme der bergbaubedingten Eisenhydroxidschlämme noch nicht erfolgt ist, da noch der Entsorgungsweg geklärt werden muss. „Hierzu wurde eine Analytik der Sedimente beauftragt“, so das MLUK. Mit den Ergebnissen könne „zielgerichtet ein Entsorgungskonzept erstellt werden und die Planung für die Entnahme mit allen betroffenen Behörden voran- getrieben werden. Die dafür erforderlichen Abstimmungen zwischen LMBV, Gewässerunterhaltungsverband und LfU laufen.“
Hochwasser und Methan-Ausstoß
Was mit den vom Hochwasser permanent betroffenen Böden geschieht, erklärt der Agrarwissenschaftler und Referent für Acker- und Pflanzenbau beim LBV, Fabian Blöchl. Durch die stetige Durchnässung der Böden würden nicht nur die Nährstoffe ausgewaschen, es komme unter dem Luftausschluss auch zu einem massiven Ausstoß von Methan. In diesem Fall solle offenbar vom MLUK im Rahmen von Moorschutzmaßnahmen eine Vermoorung erreicht werden. Alle Maßnahmen für Lösungsansätze gegen das Hochwasser würden vorsätzlich verschleppt, um Tatsachen zu schaffen, so Blöchl.
Ziel: Raum für den Fluss Schwarze Elster
Durch die Bodenstruktur (vorwiegend entwässerte Moorböden) und die fast gefällefreie topografische Lage in der Elsterniederung sei es naheliegend, dass das Wasser kaum versickere und nicht ablaufe, schreibt das MLUK. Beim Fachgespräch im November seien daher auch Fördermöglichkeiten für eine klima- und umweltgerechte Bewirtschaftung von Moorböden auf Grün- und Ackerland durch hohe Stauhaltung als Option diskutiert worden.
Die allerdings könne sie nicht in Anspruch nehmen, so Kerstin Hennig. „Unser Problem ist die Befahrbarkeit der Flächen und das notwendige Ernten und Abfahren des Mähgutes!“ Auch Photovoltaik komme auf den Retentionsflächen nicht infrage.
Langfristig zielt das MLUK darauf, die Schwarze Elster „natürlicher zu gestalten und dem Fluss durch Deichrückverlegungen wieder mehr Raum zu gegeben“.
Der Untersuchungsraum entspreche dabei dem bereits festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Schwarzen Elster. „Aktuell befindet sich das Land noch in der konzeptionellen Planung zur Gestaltung der Retentionsräume. Sollten die Pläne für eine potenzielle Deichrückverlegung zwischen Lauchhammer und Plessa konkreter werden, wird es mit den Flächeneigentümern auch Abstimmungen zu möglichen Entschädigungen aufgrund der Deichrückverlegungen geben.“
Eigentumsschutz und Ernteausfälle: Juristische Schritte
Rechtsanwalt Marcus Jatzak steht an diesem 27. Februar den Bodeneigentümern beratend zur Seite. Sollten Gesprächsangebote und Verhandlungen auch künftig scheitern, empfiehlt er ihnen eine gemeinschaftliche anwaltliche Unterstützung zum Schutz ihres Eigentums.
Er selbst werde sie als Justiziar des LBV nicht vertreten, so Jatzak. Für die Agrar GmbH Plessa als Verbandsmitglied des LBV werde er jetzt gerichtlich tätig werden. Hier gehe es ja nicht mehr nur um den Eigentumsschutz, sondern auch um Ernteausfälle. Auch habe man gegenüber den Eigentümern der gepachteten Flächen vom Minderungsrecht Gebrauch gemacht und die Pacht verringert.
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