Innovatives Konzept

Weihnachtsbaum selbst schlagen und Wald umbauen: Von der Fichte zur Kastanie

Die Aufmischer: Johannes Harms (l.), Leiter der Baumschule, und Philipp Hansen, der für den Agroforst zuständig ist, vor einer Esskastanie, die dort steht, wo eine Fichte stand. © Heike Mildner

Viele Familien schlagen ihren Weihnachtsbaum zum Fest selber. Bei manchen von ihnen steht sogar ein regenerativer von Gut&Bösel aus Alt Madlitz (Brandenburg) in der Stube.

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Auf den ersten Blick sieht es in Alt Madlitz (Landkreis Oder-Spree) aus wie vielerorts an den Vorweihnachtswochenenden: Familien rücken aus, um ihren Weihnachtsbaum fürs Fest selbst zu „erlegen“, hinterher am Feuer einen Punsch zu trinken oder eine Bratwurst zu essen. Auf der Wiese neben einer Schonung mit Fichten und Tannen gibt es das alles auch bei „Gut&Bösel“. Aber die Familien, die hier mit Säge und Tatendrang in die Schonung ziehen und ihren Weihnachtsbaum selber schlagen, arbeiten quasi am Umbau der Fläche mit.

Auf dem kleinen Weihnachtsmarkt neben der Schonung am Rand von Alt Madlitz gab es am dritten Advent rund um das Lagerfeuer Bratwurst vom Madlitzer Weiderind, Lederprodukte, Likör und natürlich auch das Buch „Rebellen der Erde“, das Benedikt Bösel über das Madlitzer Hofkonzept geschrieben hat.
Auf dem kleinen Weihnachtsmarkt neben der Schonung am Rand von Alt Madlitz gab es am dritten Advent rund um das Lagerfeuer Bratwurst vom Madlitzer Weiderind, Lederprodukte, Likör und natürlich auch das Buch „Rebellen der Erde“, das Benedikt Bösel über das Madlitzer Hofkonzept geschrieben hat. © Heike Mildner

Weihnachtsbaum selber schlagen: Nachhaltige Forstwirtschaft in Alt Madlitz

Johannes Harms, Leiter der Baumschule, freut sich über jeden Weihnachtsbaum, mit dem sie aus dem Wald kommen, vor allem aber über die Lücken, die zwischen den Nadelbäumen entstehen: „Ich sehe da Plätze, wo ich meine Kastanien pflanzen kann“, sagt er.

Harms zieht die jungen Laubbäume in der Baumschule aus Samen vor, experimentiert mit Kreuzungen und Pflanzenkombinationen, um geeignete Exemplare heranzuziehen, die mit dem kargen Boden und ohne künstliche Bewässerung zurechtkommen. Esskastanien zum Beispiel schaffen es, mit ihrer Pfahlwurzel die verfestigten Lehmschichten zu durchdringen.

„Regenerative“ Weihnachtsbäume

Im engeren Wortsinn regenerativ sind 80 Weihnachtsbäume, die die Madlitzer selbst vorbereitet haben: Es sind die Baumspitzen von geköpften Fichten oder Kiefern. An die Bäume, die bei etwa 1,80 m Höhe geköpft werden, dürfen „Amateure“ nur im Ausnahmefall. Saskia Schmidt und André Krüger zum Beispiel. Sie wollen einen etwa drei, vier Meter hohen „regenerativen“ und ziehen mit Philipp Hansen, der bei „Gut und Bösel“ für den Agroforst zuständig ist, in eine Schonung mit älteren Bäumen.

Schnell finden die beiden ein Exemplar, das ihnen gefällt, nicht ganz so schnell geht das Köpfen, aber irgendwann fällt die Spitze. Der verbliebene Teil ihres Weihnachtsbaumes bleibt stehen und bildet, wenn man den oberen Astkranz ausdünnt, einen neuen Leittrieb. Die Spitzen wachsen schnell, weil die Wurzelmasse und das Mikroklima stimmen und der Schnitt einen Wachstumsimpuls gibt.

Die Spitze ist ab und steht jetzt bei Saskia Schmidt und André Krüger in einer Wohnung im Bischofsschloss Fürstenwalde: ein echter regenerativer Weihnachtsbaum.
Die Spitze ist ab und steht jetzt bei Saskia Schmidt und André Krüger in einer Wohnung im Bischofsschloss Fürstenwalde: ein echter regenerativer Weihnachtsbaum. © Heike Mildner

Regenerative Forstwirtschaft: Vom Weihnachtsbaum zum Mischwald

Hansen zeigt einige vor vier, fünf Jahren gekappte Bäume, die üppig ausgetrieben haben. Teils sind die unteren Astkränze abgeschnitten, sodass die neuen Spitzen die Kulturen darunter sanft beschirmen: Brombeeren und nach und nach anspruchsvollere Kulturen wie Eichen, Buchen, Edelkastanien oder Walnuss, mit denen Harms, Hansen und ihre Kollegen die Schonung nach und nach aufmischen: seit 2020 alle Jahre wieder.

Philipp Hansen zeigt einen Baum, der vor vier, fünf Jahren gekappt wurde und üppig ausgeschlagen ist. Nach ca. sieben Jahren könnte man wieder einen Weihnachtsbaum ernten.
Philipp Hansen zeigt einen Baum, der vor vier, fünf Jahren gekappt wurde und üppig ausgeschlagen ist. Nach ca. sieben Jahren könnte man wieder einen Weihnachtsbaum ernten. © Heike Mildner
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