Wölfe greifen 50-köpfige Jungrinderherde an

Herdenmanagerin Sabrina Stankowitz vor der Herde von Sven Deter. Die angegriffenen Tiere sind noch immer im Ausnahmezustand. (c) Heike Mildner

In der Nacht auf den 7. März greifen Wölfe eine Herde Jährlingsfärsen im Rhinluch (Brandenburg) an und jagen sie 20 Kilometer bis an die Autobahn A 24.

Von Heike Mildner

Als Sabrina Stankowitz am ersten Märzmontag auf die Weide kommt, sind die 51 Rinder weg. Dicker Nebel liegt über dem Rhinluch. Die Herdenmanagerin trommelt alle zur Verfügung stehenden Mitarbeiter zusammen. Nach anderthalb Stunden Suche entdecken sie endlich eine Herde Jungrinder. Die jedoch, so stellt sich heraus, gehören Sven Deter, Chef des Kreisbauernverbandes (KBV) OstprignitzRuppin. Aus einem Graben in der Nähe springt Stankowitz eine Färse entgegen, die zu ihrer Herde gehört. Sie hat schwere Verletzungen an den Hinterläufen. Erst jetzt kommt den Suchenden der Wolf in den Sinn.

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Wolfsangriffe erreichen neue Eskalationsstufe

Wo ist der Rest der Herde? Erst nach dreieinhalb Stunden werden Landwirte und Helfer 20 km weiter in Nähe der Autobahn A24 Berlin-Hamburg fündig. Erstes Aufatmen angesichts dessen, was da hätte passieren können. Die Tiere sind panisch und durchnässt, manche haben Bisswunden. Dass Wölfe Kälber reißen, ist in Brandenburg laut Rissstatistik leider schon 170-fach passiert. Aber dass sie eine 50-köpfige Herde Jungrinder angreifen, jedes etwa 300 bis 400 kg schwer, ist für Weidetierhalter im wolfsreichsten Bundesland eine neue Eskalationsstufe.


Video: Wolfsangriff auf Jährlingsfärsen im März 2022

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(c) Heike Mildner/Bauernzeitung

Wie viele Wölfe greifen 50 Rinder an?

Tierarzt Dr. Lutz Borchardt, der die Herde betreut und auch Jäger ist, muss zwei der Jungrinder, die sonst qualvoll an ihren Verletzungen zugrunde gegangen wären, mit Kopfschüssen erlösen. Angesichts der Bissspuren und der Gesamtsituation ist für Borchardt klar: Das waren mehr als zwei Wölfe, und wenn sie beim nächsten Mal erfolgreicher sind, probieren sie es wieder. Ein Rissgutachter nimmt Proben und kann einige Spuren sichern. Dass Wölfe die Rinder angegriffen haben, zieht niemand in Zweifel. Wie viele und welche es waren, zeigen vielleicht die DNA-Proben.

Zum Pressetermin, zu dem der KBV für Freitagmittag geladen hat, kommen neben Landwirten aus der Region auch die Referenten für Artenschutz des Agrar- und Umweltministeriums sowie des Landesumweltamtes. Die Landwirte versuchen den Beamten deutlich zu machen, warum Herdenschutz, wie er für Schafe vorgesehen ist, in der Mutterkuhhaltung nicht praktikabel ist. Allerdings helfen ihnen der formale Hinweis auf den Schutzstatus der Wölfe, die Empfehlung einer Vor-Ort-Beratung und der Verweis auf umfassende Förderung von Herdenschutz vonseiten der Beamten nicht weiter.

Hans Peper, Referatsleiter Artenschutz des Landesamtes für Umwelt, Frank Plücken, Referatsleiter Artenschutz im Agrar-Umweltministerium und Sven Deter, Vorsitzender des KBV. (c) Heike Mildner

Steuerverschwendung statt mehr regionale Wertschöpfung

„Der ungehinderten Ausbreitung der Wolfspopulation müssen auch durch Abschuss Grenzen gesetzt werden“, bringt Sven Deter die Haltung der Landwirte auf den Punkt. Der Irrglaube, dass man den Wolf mit präventiven Maßnahmen an seinen Handlungen hindern kann, führe letztlich zu Steuerverschwendung statt zu mehr regionaler Wertschöpfung, so Deter.


Schafe auf der Weide
(c) Fritz Fleege

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