Familiäre Leidenschaft für robuste Fleischrinder
Ob Charolais oder Blonde d‘Aquitaine: Reinrassige Tiere sind ein Markenzeichen des Zuchtbetriebs Zachert von Thekla und Willi Zachert im Havelland.
Von Wolfgang Herklotz
Nun komm schon! Mit ruhigen, doch bestimmten Worten spricht Thekla Zachert auf die zweijährige Charolaisfärse Rosalie ein. Diese will anfangs den Unterstand nicht verlassen, braucht wohl ein bisschen Bedenkzeit. Doch dann setzt sie sich langsam in Gang. Ihr folgt die ein knappes Jahr jüngere Färse Scarlett, geführt von Willi Zachert. Vater und Tochter bewirtschaften hier am Rande von Gollenberg im Landkreis Havelland den Zuchtbetrieb Zachert im Nebenerwerb. Das frühlingshafte Wetter lädt zu einer kleinen Vorführrunde ein, sozusagen als Trainingseinheit für das bevorstehende Bundes-Färsenchampionat in Groß Kreutz. Bei der traditionellen Veranstaltung der RBB Rinderproduktion Berlin-Brandenburg, Treff für Züchter aus ganz Deutschland, gilt es, ebenso rassetypische wie führige Tiere zu präsentieren. Deshalb bereiten die beiden Zacherts schon seit einiger Zeit Rosalie und Scarlett auf den Auftritt im Ring des Vermarktungszentrums vor.
Rassetypisch und führig
Klar bestimmtes Ziel ist es, dort die besten Tiere zu präsentieren. Sie müssen einen Relativzuchtwert Fleisch von mindestens 100 haben und die rassetypischen Merkmale aufweisen, darunter ein schneeweißes bis cremefarbenes Fell. Gefleckte Färsen sind tabu. Thekla Zachert ist zuversichtlich, dass die beiden einen guten Eindruck hinterlassen und Käufer finden werden. „Wenn das gelingt, ist alles gut – und wenn nicht, hat es auch etwas Gutes. Denn dann muss ich nicht Abschied von unseren Tieren nehmen.“
Faible für robuste Fleischrinder
Vater und Tochter vereint das Faible für die robusten Fleischrinder. Von seinem Konfirmationsgeld habe er sich zwei neun Monate alte Charolais-Jungrinder gekauft, berichtet Willi Zachert und schmunzelt. „Mit Burgfräulein und Cascade fing alles an.“
Aus dem jugendlichen Interesse entwickelte sich schon bald engagierte Zuchtarbeit. Er wurde Mitglied im Verband der Deutschen Charolais Züchter, übernahm nach dem Landwirtschaftsstudium in Göttingen dann die Geschäftsführung des Verbandes. Doch den praktischen Umgang mit den Tieren mochte er nicht missen. Der gebürtige Wolfsburger pachtete in den 1970er-Jahren einen Hof im Weserbergland, den er auf biologischen Landbau umstellte. Mitte der 1090er-Jahre siedelte er mit der Familie nach Brandenburg um und leitete die Fleischrind Stölln GmbH.
Klare Arbeitsteilung
Thekla Zachert teilte schon frühzeitig die Leidenschaft ihres Vaters. „Als Kind habe ich viele Stunden im Kälberstall verbracht.“ Ursprünglich wollte sie Tierärztin werden, absolvierte bereits eine Ausbildung als Tierarzthelferin. Doch dann entschied sie sich, Agrarwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität zu studieren und bekam 2008 eine Anstellung bei der RBB Rinderproduktion Berlin-Brandenburg GmbH. Im gleichen Jahr meldete sie gemeinsam mit ihrem Vater den Hof als Nebenerwerbsbetrieb an, ausgerichtet auf die Zucht von Charolais und Blonde d‘Aquitaine.
Zuvor hatten sich die beiden über eine klare Aufgabenteilung verständigt. „Ich mache die Tiere führig, du kümmerst dich um die Buchführung“, so Thekla Zachert. Was aber auch umgekehrt funktionierte, Ausnahmen bestätigen schließlich die Regel. Sie habe „eigentlich alles“ von ihrem Vater gelernt, bekennt die junge Frau, die bei dem in Groß Kreutz ansässigen Zuchtunternehmen für die Betreuung der Testherden und die Herdentypisierung zuständig ist.
Milchrinder im Haupterwerb, Fleischrinder im Nebenerwerb
Doch eigene Erfahrungen konnte sie auch vorher schon reichlich sammeln durch ihre Arbeit im Jungzüchterverein, dem sie jahrelang vorstand und die Geschäfte führte. Dass sie hauptberuflich für Milchrinder zuständig ist und im Nebenerwerb für die Fleischrinder, sieht Thekla Zachert nicht als Widerspruch, sondern als sinnvolle Ergänzung an. „Das Wissen um die Gemeinsamkeiten wie um die Unterschiede macht das Ganze so reizvoll!“
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Zuchtbetrieb Zachert: genetische Vielfalt sichern
Erklärtes Zuchtziel auf dem Familienhof Zachert ist es, eine genetische Vielfalt der Charolais und Blonde d‘Aquitaines zu sichern. Zum Einsatz kommt aus Frankreich bezogenes Sperma, um neue Linien zu entwickeln. Auf dem Hof stehen sowohl genetisch hornlose Tiere als auch solche mit natürlichem Hornansatz.
Mit den züchterisch attraktivsten Rindern beschicken die Zacherts zahlreiche Schauen in Deutschland. „Uns geht es vor allem darum, dass die Zucht in Brandenburg, aber auch in den anderen Bundesländern weiter auf festen Füßen steht“, betont Willi Zachert. Absetzer zu vermarkten, gehört nicht zum Programm. Zuchtuntaugliche Tiere werden aussortiert und für den eigenen Verbrauch geschlachtet. Zum Zuchtbetrieb Zachert gehören derzeit 53 Rinder inclusive Kälber, denen ausreichend Weidefläche zur Verfügung steht. Sie werden ganzjährig im Freien gehalten, die Abkalbungen erfolgen im Herbst und Frühjahr. Die Zacherts bewirtschaften 58 ha Grünland, das Gros davon ist eigenes Land, das bis in den benachbarten Landkreis Ostprignitz-Ruppin reicht. Bei solch einem Tierbesatz kann eine ausreichende Versorgung mit Heu in der vegetationsarmen Zeit abgesichert werden, Kraftfutter und Stroh werden zugekauft.
Stabile Nachfrage nach Bio-Deckbullen
Sorge bereitet den beiden Züchtern die aktuelle Frühjahrstrockenheit. Die Flächen rund um den Gollenberg sind staubtrocken, ein frischer Aufwuchs ist wie in den vergangenen Jahren noch nicht in Sicht. Hinzu kommen die seit Jahren steigenden Betriebskosten. Diese werden durch den Krieg in der Ukraine eine neue Dimension erreichen, das steht jetzt schon fest.
Der Zuchtbetrieb Zachert gehört seit Jahren zu den von der EU zertifizierten Biobetrieben. Damit sind Auflagen verbunden, die nicht nur den strikten Nachweis des Futterzukaufs betreffen, sondern auch die Pflege des Grünlands. Die Unkrautbehandlung erfolgt rein mechanisch, der Rindermist wird kompostiert, ehe er auf den Flächen ausgebracht werden kann. „Mit der Umstellung auf den ökologischen Landbau haben wir der gestiegenen Nachfrage nach Bio-Deckbullen Rechnung getragen“, versichert Thekla Zachert. „Die zusätzlichen Aufwendungen im Biobetrieb können so durch eine stabile Nachfrage gedeckt werden. Die Ansprüche an die Qualität der angebotenen Tiere sind hoch, sie wollen erfüllt sein.“