Bundesrat beschließt Ende des Kastenstandes
Für die gängigste Form der Sauenhaltung fiel am Freitag um 15.13 Uhr der Hammer: In acht Jahren dürfen die Tiere nur noch in Gruppen gehalten werden.
In einer Marathonsitzung hat der Bundesrat nun doch der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zugestimmt. Vorausgegangen war ein monatelanges Tauziehen um die Novelle. Dabei drehte sich die politische Auseinandersetzung fast ausschließlich um den Kastenstand in der Sauenhaltung. Mit seinem als „Magdeburger Urteil“ bekanntgewordenen Beschluss vom 24. November 2015 hatte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg die Maße der üblichen Kastenstände für unzureichend erklärt. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte das Urteil ein Jahr später. Damit war eine Neuregelung erforderlich.
Nicht Anpassung, sondern Verbot
Am Ende sind mit dem Beschluss des Bundesrates jedoch nicht Vorgaben für die tiergerechtere Gestaltung der Kastenstände herausgekommen, sondern der Ausstieg aus dieser Haltungsform. Für den Umbau haben die Betriebe acht Jahre Zeit. Danach sollen Sauen nur noch in Gruppen gehalten werden. Wer nicht umbauen, sondern die Sauenhaltung aufgeben will, muss dies bereits nach fünf Jahren tun. Auch die zugesagte Förderung sollen nur Betriebe erhalten, die früher als in acht Jahren aus der Kastenstandhaltung aussteigen.
Die Verordnung stand heute zum dritten Mal zur Abstimmung auf der Tagesordnung des Bundesrates. Erste Versuche am 14. Februar und am 15. Juni scheiterten, weil die Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung ihre Zustimmung verweigerten. Den meisten von ihnen genügten die bis dahin vorgelegten Neuregelungen nicht. Sie bestanden auf einem verbindlichen Ausstieg aus der Haltung im Kastenstand. Das hatten auch Tierschutzorganisationen mit Nachdruck gefordert. Deshalb wurde der Punkt beide Male kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hatten nun einen neuen Antrag eingebracht, dem sich am Mittwoch aus Niedersachsen angeschlossen hatte.
Grüne sind dafür und dagegen
Auf der Plenarsitzung meldeten sich sieben Rednerinnen und Redner zu Wort, was in der Routine der Länderkammer eher ungewöhnlich ist. Ihnen ging es jedoch nicht um weitere Änderungswünsche, sondern offensichtlich darum, die Entscheidung aus Sicht der jeweiligen Partei und der jeweiligen Partei zu erklären. Auffällig war, dass vier Politikerinnen und Politiker der Grünen sprachen, aber nur je einer aus der CDU und von den Linken. Der Grund: Nicht allen Grünen geht die Verordnung weit genug, weshalb sie nicht zustimmten. Außerdem machte der parlamentarische Staatssekretär Uwe Feiler (CDU) die Position des für die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zuständigen Bundeslandwirtschaftsministerium deutlich.
Ähnlicher Systemwechsel wie Düngeverordnung
Thüringens Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff sprach von einem weiteren Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft wie auch der deutschen Agrarpolitik und zog einen Vergleich zur Düngeverordnung. Der beste Kompromiss sei der, der beiden Seiten weh tut. Dies sei hier der Fall. Der Linken-Politiker machte deutlich, dass die landwirtschaftlichen Betriebe damit massiv gefordert werden. „Und trotzdem wird sich später zeigen, dass es richtig ist“, sagte Hoff. Entsprechende Bemerkungen seiner Kollegin Höfken konterte er knapp: „Nicht jede Fläche, die größer ist als ein westdeutscher Durchschnittsbetrieb, kann mit dem negativen Begriff industrielle Landwirtschaft in Verbindung gebracht werden.“ Diese Diskussion ständig weiterzuführen, bringe in der Sache nichts.
Claudia Dalbert, grüne Landwirtschaftsministerin Sachsen-Anhalts, erläuterte, warum Sachsen-Anhalt trotz des verbesserten Tierschutzes dem Entwurf nicht zustimmen kann: „Geltendes Recht wird seit 1992 gebrochen. Eine Verlängerung um weitere acht Jahre kann ich nicht nachvollziehen. In Erfüllung der Vorgaben der Gerichte bauen die Schweinehalterinnen und -halter in Sachsen-Anhalt seit 2015 ihre Kastenstände hin zu rechtskonformen Kastenständen um. Bis heute haben 70 Prozent der Betriebe in Sachsen-Anhalt einen rechtskonformen Zustand hergestellt. 24 Prozent der Betriebe haben sogar auf Gruppenhaltung umgestellt. Das zeigt: Ein Umbau ist auch früher als in acht Jahren möglich.“
Scheitern ist der falsche Weg
Dalberts Kollegin aus Rheinland-Pfalz, Ulrike Höfken, sprach dagegen von einem „Irrweg“, der neuen Verordnung nicht zuzustimmen. Das hatte beispielsweise noch kurz vor der Sitzung die Organisation foodwatch gefordert. „Damit würde der Kastenstand zementiert. Das wäre keine Lösung für das Elend der Tiere“, sagte die Grünen-Politikerin.
Auch Schleswig-Holsteins grüner Agrarminister Jan-Philipp Albrecht mahnte: „Ein Scheitern der Verordnung ist der falsche Weg.“ Zukunftsfähige Landwirtschaft und Verbraucherwünsche würden jetzt zusammengebracht, der Auftakt für den Umbau der Tierhaltung gegeben.
Brandenburg Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) räumte ein, „alles ginge sicher viel schneller“. Als Ganzes sei die Verordnung jedoch ein guter Kompromiss, „ein Schritt nach vorn und zwar kein geringer“. Jedes weitere Jahr ohne Verordnung sei ein verlorenes Jahr für den Umbau. Die zugesagte Förderung mache ihm die Zustimmung leicht. Auch Vogel sprach von einem Systemwechsel in der Tierhaltung, die Haltungsbedingungen den Tieren anzupassen und nicht länger umgekehrt. Allerdings könnte der geforderte Umbau dazu führen, den Konzentrationsprozess der Schweinehaltung zu beschleunigen.