Burenziegen erfüllen Lebenstraum
Carola Thürwirth züchtet in Teschow bei Neubukow erfolgreich Burenziegen, das Tier der MeLa 2021. Die aus Südafrika stammende Rasse hilft, das Verbuschen extensiv genutzter Weidelandschaften zu verhindern.
Von Jürgen Drewes
„Big Murphy ist mein ein und alles. Auch Ayla, Samy, Elly, Baron oder Lucy sind total toll, einfach alle“, schwärmt Carola Thürwirth. Jedes Tier auf dem Hof der Hobbyzüchterin hat einen Namen. Egal, ob es sich um Ziegen, Schafe, Pferde, Hunde, oder Katzen handelt. Nur die Hühner nicht. Dafür sind es dann doch zu viele. Und das in Rassenvielfalt; Vorwerk, Grünleger und die schwergewichtigen Orpingtons. Eier sind bei denen eher Nebensache, hier geht es ums Fleisch. Genauso bei den Burenziegen. Tauben sind übrigens auch noch da.
Vor rund 20 Jahren hat es Carola Thürwirth vom größten Mecklenburger Ostseebad Kühlungsborn mit seinen Touristenströmen ins ruhige Hinterland nach Teschow, einem Dorf zwischen Neubukow und Wismar, gezogen. Der Tiere wegen. Was klein anfing, hat sich bis heute ständig weiterentwickelt. Allein die Burenziegenherde zählt mittlerweile zwölf Mitglieder.
Ungeliebter Drilling Big Murphy
Angefangen hat alles mit Big Murphy. Ein Drilling, den die Mutter nicht haben wollte. Eine gute Ziege besitzt an jeder Euterseite höchstens zwei Zitzen, besser nur eine. Da Burenziegen ohnehin nur eine geringe Milchleistung haben, hatten die beiden Geschwister die Tankstelle von Anfang an ausschließlich für sich reklamiert. Und so landete Murphy, als er noch alles andere als big, also groß, sondern eher schwach und klein war, bei Carola Thürwirth. Und die heute 53-Jährige half ihm mit der Flasche den Weg ins Leben zu finden. Mit sichtbarem Erfolg. Heute wiegt Big Murhy um die 120 Kilogramm und macht mit seiner Statur seinem Namen alle Ehre. Auch als Bock. 2018 wurde er als bester seiner Rasse in Mecklenburg-Vorpommern gekürt. Und auch seine Nachfahren sind in der Erfolgsspur. Allen voran Sohn Baron.
Körung auf der MeLa 2021
Weil aufgrund der Coronasituation zuletzt viele Veranstaltungen nicht möglich waren, findet die Körung für die Zucht auserwählter Tiere diesmal auf der MeLa in Mühlengeez statt. „Mal sehen, was bei rumkommt. Ich bin da durchaus hoffnungsvoll“, blickt Carola Thürwirth den Entscheidungen der Richter auf der Leistungsschau der Landwirtschaft erwartungsvoll entgegen. Auch weil endlich wieder ein direkter Erfahrungsaustausch mit anderen Züchtern möglich ist.
Burenziegen: wichtiger Fleischlieferant, ohne typischen Ziegengeruch
Nach Aussage des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes gibt es im Land derzeit sieben Mitglieder, die sich zielgerichtet mit der Zucht von Burenziegen beschäftigen. Ursprünglich stammt die Rasse aus Südafrika. Als Abstammung von Hottentottenziegen und der Nubischen Ziege. Später wurden auch Ziegen aus Europa und Indien eingekreuzt.
In Deutschland gibt es die Rasse seit 1977, nachdem sie rund 100 Jahre zuvor schon bei Farmern in der deutschen Kolonie Südwest, dem heutigen Namibia, sehr beliebt war. Als wichtiger Fleischlieferant, ohne den typischen Ziegengeruch. Mit einem Gewicht von bis zu drei drei Zentnern. Wenn die Ernährung stimmt.
Carola Thürwirth mischt gern ein frisches Kraftfutter auf Basis von Gerste, das sie mit weiteren Komponenten selbst herstellt. Als Leckerli bekommen die Laubfresser Blätter von frisch geschnittenen Zweigen gereicht. In freier Natur können sie auf den Hinterbeinen stehend selbst Äste bis zu einer Höhe von 1,80 m erreichen. Vorausgesetzt, es ist nicht alles längst kahl gefressen. In Afrika ist das meist so. Hierzulande ist die Rasse dafür prädestiniert, in der Landschaftspflege das Verbuschen extensiv genutzter Weidelandschaften zu verhindern. Allein, es fehlt dafür vielerorts an ausreichend Tieren.
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Burenziegen: Bestand soll wachsen
Carola Thürwirth möchte ihre Herde vergrößern. Zumal sich ihre Zuchterfolge längst rumgesprochen haben, es Kaufinteressenten für ihre hochwertigen Ziegen gibt. „Geschlachtet wird jedenfalls nicht. Das verbietet sich schon deshalb, weil alle einen Namen haben“, gibt die Ex-Kriminalistin zu verstehen. Nach einem Unfall kann sie ihren Beruf seit fünf Jahren nicht mehr ausüben. „Seitdem habe ich deutlich mehr Zeit, mich um all meine Tiere zu kümmern. Und so ist auch der Bestand gewachsen“, erzählt die erfolgreiche Züchterin, die einst als Seiteneinsteigerin gestartet ist. Und wie gerufen gesellt sich Heiko Wodars dazu. Wann immer eine helfende Hand gebraucht wird, ist der Nachbar zur Stelle.
Gedrehte Hörner
Erst recht, wenn es um die optimale Vorbereitung für die bevorstehende Präsentation und Körung auf der MeLa geht. Eine Nachwuchsbock darf leider nicht mit. „Der hat hochstehende Teufelshörner“, lacht Carola Thürwirth und macht zugleich deutlich, das nur gedrehte Hörner dem Rassestandard entsprechen. So wie ein kräftiger Kopf mit Ramsnase und kinnlangen Hängeohren.
Wichtig ist auch die Farbe. Der Köper weiß, der Kopf braun, variierend zwischen dunkel und caramel. Auch ein komplett rotbrauner Farbschlag ist möglich, umgangssprachlich Kalahari genannt. Es bleibt halt eine afrikanische Ziege, auch wenn sie sich längst auch in anderen Regionen der Welt wohlfühlt.