BVVG und Flächen im Osten: Scharfe Kritik an Özdemir und Lindner
Der Bund und die ostdeutschen Länder haben sich auf neue Regeln bei der Vergabe der Flächen durch die BVVG geeinigt. Die Landesbauernverbände aus dem Osten üben jetzt scharfe Kritik an zwei Ministern. Die Landgesellschaften haben einen Vorschlag, wie es mit den Flächen in Ostdeutschland weitergehen sollte.
Einen Kurswechsel beim Umgang mit den BVVG-Flächen fordern die Präsidenten der ostdeutschen Landesbauernverbände in einem gemeinsamen Schreiben an die zuständigen Bundesminister Cem Özdemir (Landwirtschaft – Grüne) und Christian Lindner (Finanzen – FDP). Dass von den bei der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft verbliebenen 89.000 ha landwirtschaftlicher Fläche 17.800 ha an das Nationale Naturerbe übertragen werden sollen, zeige, dass die BVVG-Flächen weiterhin ein politischer Spielball blieben. Weitere Landwirtschaftsflächen würden aus der Produktion genommen und der ohnehin enge Bodenmarkt weiter verknappt, so der Vorwurf.
BVVG: Bauernverbände aus dem Osten schreiben an Minister
„Als Repräsentanten des landwirtschaftlichen Berufsstandes in den ostdeutschen Bundesländern stellen wir fest, dass Sie mit diesem Verfahren das letzte Vermögen Ostdeutschlands verschleudern“, schreiben die fünf Präsidenten aus dem Osten. Sie fordern zudem, den 2022 ausgerufenen Verkaufstopp aufzuheben und die Privatisierung für regional verankerte Betriebe fortzusetzen. Dies schulde die Bundesregierung den ostdeutschen Bürgerinnen und Bürgern, deren Willen 1990 so im Treuhandgesetz niedergeschrieben worden sei. „Nicht nur, dass Flächen nicht mehr veräußert werden sollen, vielmehr verschafft sich der Staat selbst einfachere Zugriffsmöglichkeiten auf BVVG-Flächen ohne Rücksicht auf die Agrarstruktur, indem er sich Kaufrechte für Infrastruktur, Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen sowie Energieerzeugung vorbehält“, beklagen die Verfasser des Schreibens.
BVVG: Forderung nach Kursänderung
Eine Kursänderung fordern sie auch bei der Verpachtung. Seit dem 1. April wird sie an novellierte Nachhaltigkeitskriterien geknüpft, die einen Großteil der Betriebe diskriminieren würden. Pachtinteressierte Betriebe müssten Zertifikate einreichen, die weitere Bürokratie mit sich brächten und teuer seien, bemängeln die Bauernverbände. „Wir sehen hier die Gefahr, dass Ihre Häuser den Landerwerb von der BVVG von der finanziellen Wirtschaftskraft abhängig machen. Entweder können Betriebe über umfängliche Gestaltung ihrer Betriebe Zuschläge erhalten, was jedoch erhebliche Beratungskosten erfordert, oder die Betriebe lösen sich von der ökonomischen Nachhaltigkeit, um die Kriterien ausschließlich über Fördermittel zu finanzieren“, heißt es in dem Schreiben.
Nachteile für Pächter aus dem Osten
Nach einem Punktesystem werden Kriterien wie Bereitschaft zur Vernässung, Bewirtschaftungsart oder Zertifizierungen eingestuft. Überproportional hoch bewertet würden Existenzgründer, der bisherige Pächter dagegen mit Bonuspunkten nur bedacht, wenn er weniger als 500 ha bewirtschaftet. „Für die ostdeutschen Betriebe, die aus historischen Gründen größere Flächen im Betrieb haben, ist dieser Katalog ein Affront“, heißt es, der Innovation im Betrieb und die Weiterentwicklung der regionalen Landwirtschaft konterkariere.
Abschließend forderten die fünf Verbände aus dem Osten beide Ministerien auf, intern die Zweckentfremdung ostdeutscher Flächen aufzuarbeiten und die historischen wie kulturellen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte stärker in den Fokus zu rücken. Anlass des Schreibens war die Einladung beider Häuser, noch einmal zu den Plänen Stellung zu nehmen. Dass die bereits im vorigen Jahr eingereichten Anmerkungen der Verbände keinen Eingang in die überarbeiteten Grundsätze fanden, bezeichnen die Verbände als unhaltbar.
Unterstützung von den Landgesellschaften
Rückendeckung bei ihrer Kritik an den Ministern erhalten die Bauernpräsidenten vom Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG). Für BLG-Geschäftsführer Udo Hemmerling ist die Flächenprivatisierung seit dem Einigungsvertrag die Kernaufgabe der BVVG. „Wenn der Bund die Privatisierung der Landwirtschaftsflächen nun einstellt, ist agrarstrukturpolitisch und nach der Ordnung des Grundgesetzes die Übertragung an die Länder geboten“, so Hemmerling in einer Stellungnahme zu den neuen Flächenmanagementgrundsätzen. Die Länder seien nach dem Grundgesetz zuständig für den ländlichen Bodenmarkt und die Agrarstrukturpolitik. Der BLG-Geschäftsführer fordert daher, die BVVG-Flächen an die Länder zu übertragen.
Als Vorbild könne dienen, dass der Bund in den 1960er-Jahren seine Gesellschaftsanteile an den Landgesellschaften an die Länder abgetreten habe. Die Länder müssten dann in eigener Verantwortung vor Ort über die weitere Privatisierung und eine agrarstrukturell förderliche Nutzung dieser Flächen entscheiden. Laut Hemmerling wäre die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten und Existenzgründern in regionaler Verantwortung der Länder sachgerechter als bislang möglich.
Regionale Abstimmung mit BVVG „schwierig“
Der BLG-Chef wirft der BVVG vor, sie berücksichtige die agrarstrukturellen und regionalpolitischen Belange nicht ausreichend oder gerate in Widerspruch zu Entscheidungen auf Landes- und regionaler Ebene. Beispielsweise gebe es oftmals abweichende Auffassungen zur Bereitstellung von Flächen für übergeordnete Aufgaben. Hemmerling nennt die Gewässerentwicklung bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, die Wiedervernässung, die Entwicklung von Gewerbegebieten und den Ausbau erneuerbarer Energien. Schwierig gestaltet sich nach BLG-Erfahrungen zudem die Abstimmung zwischen der BVVG und anderen öffentlichen Flächeneigentümern. Dadurch blieben Möglichkeiten zur Minderung von Flächennutzungskonflikten ungenutzt, etwa über eine Einbeziehung von BVVG-Flächen in Flächentausche.
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