Pacht- und Gesellschaftsrecht

Neue Töne in der Krise

Drei sind einer zu viel. Das Kontaktverbot führt auch zu neuen Regeln bei Gesellschafterversammlungen zu Ostern. © Foto: Sabine Rübensaat
Coronavirus
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Die Aussetzung der Pacht oder Gesellschafterversammlungen am Telefon – die Regelungen in der Coronakrise beeinflussen auch die Entwicklungen auf landwirtschaftlichen Betrieben.

Von Dr. Carlo Thiel und Steffen Wenzel

Die Bundesregierung hat mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie verschiedene Maßnahmen im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen, durch welche sie die wirtschaftliche Existenz insbesondere für Verbraucher und Kleinstunternehmer sichern und die Handlungsfähigkeit für Unternehmen und Vereine gewährleisten will. Der Gesetzgeber hat daher das Recht der Verpächter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs aufgrund der Corona-Pandemie beschränkt.

Keine Kündigung bei fehlender Pachtzahlung

Nach dem Gesetzeswortlaut darf der Verpächter nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Pächter im Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Pacht nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Pandemie beruht. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt. Hiervon kann nicht zum Nachteil des Pächters abgewichen werden, sodass sich der Verpächter auch nicht auf für ihn günstigere vertragliche Regelungen, etwa zur Höhe des Rückstands oder der Dauer des Verzugs, berufen und den Vertrag kündigen kann.

Eine Aussetzung der Landpacht ist mit Vorsicht zu genießen. © Foto: Sabine Rübensaat
Eine Aussetzung der Landpacht ist mit Vorsicht zu genießen. © Sabine Rübensaat

Im Gegensatz zu anderen Dauerschuldverhältnissen haben Pächter also nicht das Recht, die Leistung der Pachtzahlung zu verweigern. Ihnen darf nur nicht gekündigt werden, wenn sie die im genannten Zeitraum fällig werdenden Pachten nicht zahlen. Die Fälligkeit der Pachten und damit auch der Eintritt eines Zahlungsverzugs bleiben von der Regelung hingegen unberührt. Pächter, die ihre Pachtzahlung jetzt aussetzen, geraten also gegebenenfalls in Zahlungsverzug.

Für die Dauer des Verzugs sind die Pachtforderungen des Verpächters mit fünf beziehungsweise – wenn kein Verbraucher beteiligt ist – mit neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz und damit gegenwärtig mit 4,12 % oder 8,12 % p. a. zu verzinsen. Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30. September 2022. Nach diesem Zeitpunkt kann der Verpächter auch wieder wegen Zahlungsrückständen kündigen, die auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruhen.

Bei Landpacht Vorsicht walten lassen

Für Landpachtverträge dürfte die Regelung zugunsten der Pächter nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. So wird bei jährlicher Pachtzahlung die Pacht schon nicht in dem maßgeblichen Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 fällig. Bei einer quartalsweisen Pachtzahlung, die häufig für den 31. März, den 30. Juni, den 30. September und den 31. Dezember vereinbart wird, käme die Kündigungsbeschränkung nach derzeitigem Stand nur für die am 30. Juni fällig werdende Pacht in Betracht. Alle anderen Zahlungstermine liegen (noch) außerhalb des maßgeblichen Zeitraums.

Aber auch im Falle einer Verlängerung des Zeitraums, über den für viele pachtende Landwirte maßgeblichen 30. September hinaus, sollte eine Aussetzung der Pachtzahlung nicht leichtfertig ins Kalkül gezogen werden. Der Pächter hat nämlich „glaubhaft zu machen“, dass zwischen der Nichtleistung und der Corona-Pandemie ein Zusammenhang besteht, mithin die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Pandemie beruht.

Ihm obliegt daher in einem etwaigen Rechtsstreit die Beweislast für einen solchen Zusammenhang. Hat die Nichtleistung hingegen – auch – andere Gründe, ist der Verpächter in seinen Kündigungsmöglichkeiten nicht beschränkt und kann wegen Zahlungsverzugs kündigen, sobald die vertraglichen oder gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Das Recht, die Leistung zu verweigern

Kleinstgewerbetreibende können sich für bestimmte Verträge auf ein neu geschaffenes Leistungsverweigerungsrecht berufen. Als Kleinstgewerbetreibende gelten Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten und einem Jahresumsatz von bis zu zwei Millionen Euro. Das Leistungsverweigerungsrecht ist aber auf solche Dauerschuldverhältnisse beschränkt, die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden und zur Eindeckung mit Leistungen dienen, die für die wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebs wesentlich sind.

Als Beispiel nennt die Bundesregierung etwa Versicherungsverträge, die im Rahmen des Betriebes benötigt werden. Auch insoweit ist aber zu beachten, dass das Leistungsverweigerungsrecht nur dann besteht, wenn infolge von Umständen, die auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind, die Leistung vom Unternehmen nicht erbracht werden kann oder die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen des Betriebs nicht möglich wäre.

Das Leistungsverweigerungsrecht gilt ausdrücklich nicht für Miet- und Pachtverträge, Arbeitsverträge und Darlehensverträge. Insoweit hat der Gesetzgeber besondere Regelungen getroffen, die aber, etwa im Hinblick auf Darlehensverträge, zum Teil nur für Verbraucher gelten.

Einfachere Beschlüsse bei Gesellschaften

Für Gesellschaften soll durch das Gesetz sichergestellt werden, dass trotz Einschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit Beschlüsse gefasst werden können, um die Handlungsfähigkeit zu erhalten. Zu diesem Zweck werden vorübergehend substanzielle Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft (AG), für Gesellschafterversammlungen der GmbH, General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaft und Mitgliederversammlungen von Vereinen eingeführt.

So kann der Vorstand einer AG zum Beispiel abweichend von den Regelungen des § 118 Aktiengesetzes (AktG) auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen. Außerdem soll erstmals (endlich) auch die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung mit geschaffen werden.

Es geht auch ohne Versammlungen. © Foto: Sabine Rübensaat
Es geht auch ohne Versammlungen. © Sabine Rübensaat

Dabei handelt es sich in Deutschland um ein absolutes Novum. Anfechtungsmöglichkeiten wegen so gefasster Beschlüsse schließt der Entwurf weitgehend aus. Die Einberufungsfrist in § 123 AktG soll zudem auf 21 Tage verkürzt und dem Vorstand ermöglicht werden, auch ohne Grundlage in der Satzung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen. Die bisherige Achtmonatsfrist für die Durchführung der Hauptversammlung wird verlängert.

Abweichend von § 48 Abs. 2 des GmbH-Gesetzes können Beschlüsse in Textform wie etwa E-Mails oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter einer GmbH gefasst werden.

Länger im Amt bleiben – jetzt geht es

Auch bei Genossenschaften wird § 43 Abs. 7 des Genossenschaftsgesetzes dergestalt eingeschränkt, dass Beschlüsse auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst werden können, wenn dies nicht in der Satzung zugelassen ist. Es ist in der Niederschrift die Art der Stimmabgabe zu vermerken und ein Verzeichnis der beteiligten Mitglieder beizufügen. Die Einberufung kann auch auf der Internetseite oder durch unmittelbare Benachrichtigung der Mitglieder in Textform erfolgen. Der Jahresabschluss kann auch durch den Aufsichtsrat festgestellt werden und, wie in der AG, eine Abschlagszahlung auf die zu erwartende Dividende oder Auseinandersetzungsguthaben gezahlt werden.

Ferner bleiben Organmitglieder auch bei Ablauf ihrer Amtszeit so lange im Amt, bis ein Nachfolger bestellt worden ist. Sowohl die Anzahl der Mitglieder des Vorstands als auch des Aufsichtsrats darf die im Gesetz oder Satzung vorgesehene Mindestzahl unterschreiten. Auch diese Organe dürfen Beschlüsse im Umlaufverfahren oder in Telefon- oder Videokonferenzen fassen, selbst wenn das nicht in der Satzung vorgesehen ist.

In Umwandlungsfällen darf der in § 17 Abs. 2 S. 4 des Umwandlungsgesetzes vorgesehene Rückbezug auf die zugrunde gelegte Bilanz statt sonst 8 Monate nun maximal 12 Monate betragen. Alle Regelungen sollen zunächst für das Jahr 2020 gelten und können durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Wege der Verordnung auf das Jahr 2021 verlängert werden.


Quelle: Kanzlei Geiersberger Glas & Partner mbB, Hansestadt Rostock