Deutscher Bauerntag in Cottbus: Sensationelles Ergebnis für Torsten Krawczyk
Mit einer Grundsatzrede von Joachim Rukwied hat der Deutsche Bauerntag am Mittwoch (26.6.) in Cottbus begonnen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) ging mit der Politik hart ins Gericht. Und bei den Wahlen zum Vorstand punktet ein Mann aus Sachsen.
Von Claudia Duda
Es ist gut klimatisiert in der Messe in Cottbus. 482 Delegierte sind zum Deutschen Bauerntag nach Brandenburg gereist. „Wir sind beschlussfähig“, stellt deshalb auch Joachim Rukwied fest.
Erinnerung an Bauerntag vor 25 Jahren
25 Jahre nach dem legendären Deutschen Bauerntag in Cottbus, als Landwirte dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) symbolisch ihr letztem Hemd übergaben, bleibt es an diesem Tag vergleichsweise ruhig. Außer Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) ist bis dahin aber auch kein Politiker angereist.
Es geht um die Sacharbeit. Bauernpräsident Joachim Rukwied schwört mit seiner Rede die fast 500 Vertreter aus den Bauernverbänden ein. Er will wiedergewählt werden.
Bauernproteste: Zustimmung in der Bevölkerung
Und natürlich nimmt er Bezug auf die Bauernproteste vom Winter und betont – wie schon bei vielen Reden seit dem Dezember – dass 80 Prozent der Bevölkerung hinter den Protesten standen.
Was wurde erreicht? Das Grüne Kennzeichen bleibt, auch die Kürzungen beim Agrardiesel wurden nicht zurückgenommen. Sie werden allerdings gestaffelt. Und die Politik verhandelt mit den Landwirtinnen und Landwirten über Bürokratieabbau.
Rukwied fordert Neuausrichtung der Politik
Doch Joachim Rukwied macht außerdem deutlich: „Wir brauchen eine Neuausrichtung der Politik! Den agrarpolitischen Kompass hat die Bundesregierung bisher nicht gefunden.“ Er nimmt damit Bezug auf das Agrarpaket, auf welches sich die Ampelfraktionen am Vortag geeinigt haben.
„Agrarpaket ist kein Entlastungspaket, sondern ein Päckchen“
Rukwied ruft den Delegierten zu: „Die Vertreter der Fraktionen sagen: Das ist das größte Entlastungspaket, aber das ist kein Entlastungspaket! Das ist nur ein Päckchen – und Lichtjahre von dem entfernt, das notwendig ist.“
In seiner Grundsatzrede kritisiert Rukwied die fehlende Fokussierung auf Wettbewerbsfähigkeit in der Politik der Bundesregierung und betont, dass endlich Perspektiven für die Landwirtschaft geschaffen werden müssen.
Kritik an Zukunftsprogramm Pflanzenschutz
„Zudem belasten vorgeschlagene Programme wie das sogenannte ‚Zukunftsprogramm Pflanzenschutz‘. Pauschale Verbote und eine fehlende Innovations- und Technikorientierung führen nicht zu mehr Umweltschutz, sondern zum Ende des Anbaus vieler Kulturen in Deutschland und zur Verlagerung der Erzeugung ins Ausland. Das ist vollkommen inakzeptabel. Eine stabile heimische Versorgung mit Nahrungsmitteln ist der Garant für politische und gesellschaftliche Stabilität. Diese gilt es gerade vor dem Hintergrund geopolitischer Bedrohungen sowie zunehmender Risiken durch den Klimawandel zu erhalten“, fordert Rukwied.
Warum wird nicht wieder demonstriert?
Manch Delegiertem geht das nicht weit genug. So fragt Christoph Plass, Vizepräsident aus Brandenburg, warum als Reaktion auf das Agrarpaket nicht bereits die nächsten Proteste initiiert werden. Darauf hat Rukwied eine klare Antwort: „Die Sommerpause besteht bevor. Dann ruht der politische Betrieb in Berlin. Das Risiko, ins Leere zu laufen, ist zu groß“, sagt der Bauernpräsident.
Rukwied wiedergewählt
Nicht alle kann Joachim Rukwied mit der Argumentation überzeugen. Das zeigt sich auch im Abstimmungsergebnis. Er wird mit 87,58 % im Amt bestätigt. Allerdings bekommt er etwa 6 % mehr, als bei der letzten Wahl vor vier Jahren.
Auch der Vorstand wird neu gewählt. Mit kurzen Reden stellen sich die vier Kandidaten vor. Günther Felßner (75,84 %) aus Bayern setzt sich dafür ein, dass der Bauernverband ein Mitmachverband ist, der sich auch als Denkfabrik versteht. Dr. Holger Hennies (84,93 %) aus Niedersachsen will hartnäckig bleiben. „Aufgeben ist für mich keine Option!“, sagt er.
Viel Beifall für Torsten Krawczyk
Langanhaltenden Beifall bekommt Torsten Krawczyk nach seiner Vorstellung. Der Sachse, der auch den Landesbauerverband führt, überzeugt mit einer launigen Rede im feinsten Sächsisch. Er fordert konservative Werte ein – und ein Bekenntnis zur Wahrheit. „Vom Agrarpaket fühle ich mich beschissen“, ruft er. Und setzt sich darüber hinaus für offene Märkte und unternehmerische Freiheit ein. Er wolle nicht auf die „nächste Show der politischen Pausenclowns“ warten. Das wird mit 96,95 % der Stimmen belohnt.
Video: Torsten Krawczyk im Interview
Karsten Schmal (92,64 %) aus Hessen ist bereits seit sechs Jahren als Vizepräsident aktiv und vor allem als „Milchmann“ beim DBV bekannt. Er will sich auch weiter für die Milchwirtschaft einsetzen. Susanne Schulze Bockeloh ist seit dem Oktober 2022 Vizepräsidentin des Deutschen Bauernverbandes. Sie leitet als Vorsitzende die DBV-Fachausschüsse Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmerinnen. Diese Funktion wird sie auch weiter ausüben.
Emotionaler Abschied von Detlef Kurreck
Emotional wird die Stimmung, als Joachim Rukwied seinen Kollegen Detlef Kurreck aus Mecklenburg-Vorpommern verabschiedet. Er hatte nicht mehr kandidiert. Rukwied dankte ihm für das vertrauensvolle Miteinander. Kurreck selbst sagt: „Ich war zuletzt die Stimme aus dem Osten. Es tut dem Verband gut, auf den Osten zu hören.“ Denn dass Ideologie am Ende scheitert, habe er im Osten erlebt. „Auch heute nimmt Ideologie an vielen Stellen überhand“, so Kurreck. Von den Delegierten wird er mit viel Applaus und Standing Ovations verabschiedet.
Der Tag geht fröhlich mit „Bauern treffen Bauern“ im Rosengarten zu Ende. Bereits über den Tag hatte sich die Nachricht verbreitet, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt. Wie würden die Landwirte reagieren? Pfiffe für den Kanzler? Oder gar demonstrative Aktionen, wie die Übergabe des letzten Hemdes wie vor 25 Jahren an Gerhard Schröder?
Nein! Selfies statt Revolte – das scheint die Maxime des Abends zu sein. Olaf Scholz lässt sich von Joachim Rukwied und Gastgeber Henrik Wendorff über den Platz führen. Er plaudert mit Fischer Schneider aus Brieskow-Finkenherd und isst eine Bratwurst. Dann gibt es ein kurzes Gespräch am Biertisch – Inhalt unbekannt. Und dann ist er auch schon wieder weg, als der Abend für viele auf dem Tanzboden ausklingt.
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