Die Firma BayWa ist in finanziellen Schwierigkeiten. Viele Landwirte fragen sich, ob sie ihre Ernte an BayWa verkaufen sollen. (Symbolfoto) (c) piter2121 - stock.adobe.com

Drohende Insolvenz von BayWa: Wird die Ernte bezahlt?

Die drohende Zahlungsunfähigkeit des Agrarhändlers BayWa verunsichert viele Landwirte. Es geht um die bestehenden Verträge zur Lieferung der Getreide-Ernte und Möglichkeiten der zukünftigen Absicherung. Das sollten Landwirte jetzt wissen.

Von Carola Fischer, Rechtsanwältin bei Geiersberger Glas & Partner mbB

Deutschlands größter Agrarhändler, die BayWa, hat einen Berg von Schulden angehäuft. Dem Unternehmen droht die Insolvenz. Am 12. Juli hatte die BayWa AG bekanntgemacht, ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben zu haben, um die „angespannte Finanzierungslage“ zu verbessern. Der insolvenzgefährdete Agrarriese soll Schulden in Milliardenhöhe haben, die Aktien der BayWa sind seit der Bekanntgabe im permanenten Sinkflug.

Viele Landwirte haben Getreidekontrakte mit der BayWa AG oder mit deren Tochtergesellschaft, der BayWa Agrarhandel GmbH, geschlossen. Nun ist die Getreideerntesaison im vollen Gange und die Landwirte sind in großer Sorge, „sehenden Auges“ ihre Ernte liefern zu müssen und diese am Ende nicht bezahlt zu bekommen.

Drohende Zahlungsunfähigkeit: Absicherung von Kontrakten

Es stellt sich nun die Frage, welche Möglichkeiten die Landwirte bei drohender Zahlungsunfähigkeit ihres Vertragspartners haben und wie sie sich in zukünftigen Kontrakten absichern können.

Zunächst einmal darf man ein Sanierungsgutachten nicht mit einem Insolvenzantrag gleichsetzen. Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags besteht für Unternehmen dann, wenn diese überschuldet oder zahlungsunfähig sind (vgl. § 15a Abs. 1 InsO).

Ein Sanierungsgutachten wird indes beauftragt, wenn ein Unternehmen in der Krise ist. Dies geschieht bei einer ordentlichen Geschäftsführung vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Das Sanierungsgutachten soll aufzeigen, ob ein Unternehmen in einer Krisensituation nachhaltig und erfolgreich saniert werden kann. Es liefert (vorwiegend einer Bank oder anderen Finanzierungspartnern) Informationen darüber, ob das Unternehmen langfristig und erfolgreich am Markt bestehen kann. Ziel eines Sanierungsgutachtens ist eine positive Fortführungsprognose, die die Voraussetzung für die Vergabe oder Verlängerung von Krediten ist.

Im Fall der BayWa AG scheint jedoch die ernste Gefahr der Zahlungsunfähigkeit gegeben zu sein, da der Konzern selbst von einer angespannten Finanzierungslage spricht.

Auswirkungen einer finanziellen Krise des Vertragspartners auf bestehende Kontrakte:

Grundsätzlich besteht die Lieferpflicht der Landwirte trotz finanzieller Krise ihres Vertragspartners fort. Pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten) – das Prinzip der Vertragstreue ist einer der wichtigsten Grundsätze des deutschen Vertragsrechts. Die „bloße“ finanzielle Krise des Vertragspartners hat keinen Einfluss auf mit ihm bestehende Verträge und die daraus resultierenden vertraglichen Pflichten.

Viele Betriebe sind zurzeit in der Ernte.
Viele Betriebe sind zurzeit in der Ernte. Bestehen die Getreidekontrakte weiter, auch wenn der Agrarhändler möglicherweise zahlungsunfähig ist?, fragen sich viele Landwirte. (c) Sabine Rübensaat


Eine Beendigung des Vertrags ist in einer solchen Situation auch nicht ohne Weiteres möglich. Besonders vereinbarte Rücktrittsrechte, die dem Landwirt helfen könnten, gibt es in der Praxis faktisch nicht. Das gesetzliche Rücktrittsrecht greift nur, wenn der andere Vertragspartner eine fällige Pflicht trotz Mahnung nicht erfüllt hat (vgl. § 323 Abs. 1 BGB). Vorkontrakte beinhalten in der Regel eine Vorleistungspflicht des Landwirts.

Das bedeutet, er muss erst die Ernte abliefern und bekommt diese erst im Anschluss daran bezahlt. Aus diesem Grund wird der Agrarhändler in den meisten Fällen nicht mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug sein. Auch eine sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage (vgl. § 313 BGB), welche ebenfalls zum Rücktritt berechtigen könnte, liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Vertragspartner in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Kann der Vertrag gekündigt werden?

Zuletzt kommt auch eine Kündigung der Kontrakte nicht in Betracht. Die Kündigung ist ein Gestaltungsrecht, welches lediglich im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen – beispielsweise Mietvertrag, Pachtvertrag, Arbeitsvertrag etc. – gesetzlich vorgesehen ist.

Eine Besonderheit kann sich aus den Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel ergeben. Zunächst kann der Vertragspartner auch hier nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist vom Vertrag zurücktreten (vgl. § 19 Nr. 1 EHB). Dies setzt aber wiederum die nicht rechtzeitige Erfüllung eines Vertrages (hier: die Zahlung des Kaufpreises) voraus, woran es aber aufgrund der grundsätzlichen Vorleistungspflicht des Landwirts scheitern dürfte.

Ansprüche auf Erfüllung des Vertrages

Andererseits erlöschen die Ansprüche auf Erfüllung des Vertrags aber auch, wenn eine Vertragspartei ihre Zahlungen einstellt oder Tatsachen vorliegen, die einer Zahlungseinstellung gleich zu erachten sind (vgl. § 41 Nr. 1 EHB). Jedoch dürfte auch diese Voraussetzung bei bestehender Vorleistungspflicht des Landwirts nicht erfüllt sein.

Etwas anderes gilt dann, wenn vor Ablieferung der Ernte durch den Landwirt das Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Agrarhändlers eröffnet wird. Der sodann bestellte Insolvenzverwalter hat – sofern ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt ist – ein Wahlrecht. Der Insolvenzverwalter kann zum einen vom anderen Teil die Erfüllung des Vertrags verlangen und selbst anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen.

Verpflichtung zur Lieferung der Ernte

Bei dieser Alternative bleibt die Verpflichtung des Landwirts zur Lieferung der Ernte bestehen und der Kaufpreisanspruch verwandelt sich in eine Masseforderung, welche (in voller Höhe) vorrangig aus der Insolvenzmasse zu befriedigen ist. Andererseits kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnen. Infolgedessen kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung lediglich als Insolvenzgläubiger geltend machen (vgl. § 103 InsO).

Das bedeutet, der Landwirt wird einerseits von seiner Lieferverpflichtung frei, kann andererseits aber den ihm entstandenen Schaden als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden. Hat der Landwirt seine Ernte bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Agrarhändler geliefert, kann er seinen Zahlungsanspruch dagegen nur als Insolvenzforderung mit Aussicht auf quotenmäßige Befriedigung geltend machen.

Rechtliche Möglichkeiten der Landwirte

Das Gesetz sieht für Fälle, in denen aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit des Vorleistungsberechtigten die Gefahr besteht, dass der Anspruch des Vorleistungspflichtigen auf Gegenleistung gefährdet wird, in § 321 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht des Vorleistungspflichtigen vor (sog. Unsicherheitseinrede). Mit anderen Worten: Der Landwirt kann die Getreidelieferung zurückhalten, wenn er berechtigterweise um den Erhalt des Kaufpreises fürchten muss.

Das Leistungsverweigerungsrecht besteht solange, bis die Gegenleistung bewirkt oder für sie Sicherheit geleistet ist. Die ursprüngliche Vorleistungspflicht des Landwirts wandelt sich mit (berechtigter) Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts mithin in eine sogenannte Zug-um-Zug-Verpflichtung um. Unter bestimmten Voraussetzungen ist sogar ein Rücktritt vom Vertrag möglich.

Lieferung zuerst, dann kommt die Bezahlung

Voraussetzung für das Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1 BGB ist zunächst das Bestehen einer Vorleistungspflicht. Wie bereits dargestellt, ist diese der Natur nach in den meisten Getreidekontrakten enthalten. Der Landwirt muss zuerst seine Getreideernte an den Agrarhändler abliefern und bekommt im Anschluss daran erst den Kaufpreis.

Daneben muss der Anspruch auf Gegenleistung gefährdet sein; die Gefährdung kann auch nur vorübergehend sein, sie darf jedoch erst nach Vertragsschluss erkennbar geworden sein. Die Gefährdung muss auf der mangelnden Leistungsfähigkeit des Vertragspartners beruhen. Eine mangelnde Leistungsfähigkeit resultiert in der Regel aus einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Vorleistungsberechtigten und wird daher vor allem dann angenommen, wenn nach Vertragsschluss eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Vorleistungsberechtigten eintritt oder ernsthaft droht.

Wer trägt das Risiko?

Die Gefahr einer mangelnden Leistungsfähigkeit kann sich ferner beispielsweise auch aufgrund von Export- und Importverboten, Kriegsereignissen, Zusammenbrüchen von Zulieferern, Verlust von Produktionsstätten durch Brand oder durch Naturereignisse sowie aus der Krankheit des Vorleistungsberechtigten oder unentbehrlicher Mitarbeiter ergeben. Zu beachten ist jedoch, dass der Vorleistungspflichtige das Risiko trägt, eine Anspruchsgefährdung zu Unrecht anzunehmen und infolgedessen mit (unberechtigter) Leistungsverweigerung seinen eigenen Verzug zu begründen.

Bezogen auf die Krise der BayWa AG zeigt das in Auftrag gegebene Sanierungsgutachten, dass sich die BayWa AG in nicht unerheblichen finanziellen Schwierigkeiten befindet, die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit ernsthaft besteht. Die Unsicherheitseinrede gibt den Landwirten nunmehr einen Rechtsbehelf an die Hand, aufgrund dessen sie ihre Ernte zunächst einmal zurückhalten können, bis die BayWa AG den Kaufpreis zahlt oder eine Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Vorteil nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts nach § 321 Abs. 1 BGB böte den Landwirten zudem – im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahren – auch Schutz vor einer Insolvenzanfechtung. Die Grundsätze der Insolvenzanfechtung ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, Handlungen rückgängig zu machen, die die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligt oder die Insolvenzmasse verringert haben. Umfasst sind damit vor allem Zahlungen des Insolvenzschuldners an einzelne Gläubiger. Der Insolvenzverwalter könnte also unter Umständen den erhaltenen Kaufpreis für das Getreide von den Landwirten zurückfordern, während die Ernte im Vermögen des Agrarhändlers verbleibt.

Eine Ausnahme davon bilden die sogenannten Bargeschäfte, welche nicht anfechtbar sind (vgl. § 142 InsO). Dabei handelt es sich den unmittelbaren Austausch von Leistung und einer gleichwertigen Gegenleistung. Dieser ist dann gegeben, wenn er im engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt.

Ein solch enger zeitlicher Zusammenhang dürfte bei den üblichen Kontrakten aufgrund der Vorleistungspflicht der Landwirte zweifelhaft sein, da die Agrarhändler oftmals erst Wochen nach der Ernteablieferung den Kaufpreis für das erhaltene Getreide zahlen. Üben die Landwirte dagegen – selbstredend nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – ihr Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1 BGB aus, besteht diese Vorleistungspflicht nicht mehr. Vielmehr erfolgt der Leistungsaustausch – wenn er denn erfolgt – nur Zug um Zug, auf die Erntelieferung folgt also unmittelbar die Bezahlung oder zumindest das Stellen einer entsprechenden Sicherheit. Die Voraussetzungen eines nicht anfechtbaren Bargeschäfts liegen vor.

Praktische Probleme bei Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts

Die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts nach § 321 Abs. 1 BGB und damit das Zurückhalten der Ernte dürfte viele Landwirte indes vor das praktische Problem der fehlenden eigenen Lagerkapazitäten stellen. Die Landwirte wären damit darauf angewiesen, ihre Ernte kostenpflichtig anderweitig zwischenzulagern.
Der Verkauf der Ernte an einen anderen Landhändler stellt indes keine Option dar, da – wie bereits erläutert – eine finanzielle Krise des Vertragspartners per se keine Auswirkungen auf die mit ihm bestehenden Kontrakte hat.

Für die Landwirte dürfte daher die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag nach § 321 Abs. 2 BGB von Interesse sein. Danach muss der Vorleistungspflichtige (der Landwirt) zunächst eine angemessene Frist bestimmen, in welcher der andere Teil (der Agrarhändler) Zug um Zug gegen die Leistung (Lieferung der Ernte) nach seiner Wahl die Gegenleistung (Kaufpreiszahlung) zu bewirken oder Sicherheit zu leisten hat. Erst nach erfolglosem Ablauf der Frist kann der Vorleistungspflichtige (der Landwirt) vom Vertrag zurücktreten.

Zu beachten ist an dieser Stelle, dass es keine eindeutige Vorgabe seitens des Gesetzes oder der Rechtsprechung gibt, ab wie vielen Tagen eine Frist angemessen ist. Vielmehr ist das je nach Vertragstyp und -inhalt je nach Einzelfall zu bestimmen. Der Landwirt trägt damit das Risiko, eine zu kurze Frist zu setzen. Zwar setzt das Setzen einer zu kurzen Frist im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich eine angemessene Frist in Lauf. Tritt jedoch der Landwirt unmittelbar nach Ablauf seiner zu kurzen Frist vom Vertrag zurück und verkauft die Ernte anderweitig, macht er sich unter Umständen schadenersatzpflichtig gegenüber dem Agrarhändler.

Lieferung der Ernte Zug um Zug

Eine weitere Möglichkeit böte sich – nach einer Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 321 Abs. 1 BGB – durch das tatsächliche Anbieten der Leistung durch den Landwirt in einer den Gläubigerverzug begründenden Weise (vgl. § 294 BGB). Wie bereits dargestellt, bewirkt das Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1 BGB, dass die aus dem gegenseitigen Vertrag resultierenden Pflichten nunmehr Zug um Zug zu erbringen sind, mithin keine Vorleistungspflicht mehr besteht. Im praktischen Fall bedeutet dies, dass der Landwirt dem Agrarhändler die Lieferung seiner Ernte Zug um Zug gegen Bezahlung oder Leistung einer Sicherheit anbieten würde.

Nimmt der Agrarhändler das Angebot des Landwirts nicht an, kommt er in Verzug (vgl. § 293 BGB). Das hätte nicht nur zur Folge, dass die sogenannte Preisgefahr (Gefahr des Untergangs der Sache, hier der Ernte, bei bestehen bleibender Zahlungspflicht) auf den Agrarhändler übergeht. Der Landwirt könnte auch die Mehraufwendungen, die er für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste (hier die Kosten für die Zwischenlagerung) vom Agrarhändler erstattet verlangen.

Absicherung in künftigen Getreidekontrakten

Nicht nur bei künftigen Verträgen mit der BayWa AG, sondern vielmehr bei Getreidekontrakten jeder Art sollten Landwirte das Risiko beachten, dass ihr Vertragspartner in finanzielle Schieflage gerät, und sich entsprechend bereits bei Vertragsschluss absichern. Ungesicherte Vorleistungen durch den Landwirt sollten vermieden werden, jedenfalls aber sollten ausreichende Sicherheiten vereinbart werden.

Die Vereinbarung eines verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts ist theoretisch zwar möglich, in der Praxis aber wohl nicht wirklich geeignet, um den Kaufpreisanspruch des Landwirts zu sichern. Bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt übereignet der Käufer zunächst die Sache unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Da der Verkäufer jedoch daran interessiert ist, dass der Käufer die Ware an seine Kunden weiter veräußert und damit den Erlös erwirtschaftet, den er benötigt, um seine Kaufpreisschuld gegenüber dem Verkäufer zu tilgen.

Weiterverkauf der Ware

Der Verkäufer ermächtigt daher den Käufer, die Ware im eignen Namen an Dritte weiter zu veräußern. Im Gegenzug – da spätestens mit dem Weiterverkauf der Ware der Verkäufer das Eigentum daran verliert – lässt sich der Verkäufer die aus der Weiterveräußerung entstehenden Forderungen durch den Käufer im Voraus zur Sicherung seiner eigenen Kaufpreisforderung abtreten. Schließlich ermächtigt der Verkäufer den Käufer, die abgetretene Kaufpreisforderung im eigenen Namen einzuziehen.

Bezogen auf den praktischen Fall bedeutet dies: Der Landwirt verkauft sein Getreide an den Agrarhändler. Das Eigentum an dem Getreide verbleibt zunächst beim Landwirt, bis der Agrarhändler den Kaufpreis bezahlt hat. Der Agrarhändler darf jedoch das Getreide seinerseits weiterveräußern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt verliert der Landwirt in der Regel sein Eigentum.

Der Agrarhändler tritt die Kaufpreisforderung gegen seine Kunden an den Landwirt ab, ist jedoch berechtigt, diese in eigenem Namen von den Kunden einzuziehen und den Landwirt sodann daraus zu befriedigen. Problematisch wird dies jedoch dann, wenn der Agrarhändler insolvent ist. Das Eigentum an der Ernte als originären Kaufgegenstand liegt nicht mehr beim Landwirt. Dem Landwirt bleibt lediglich ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der für seine Ernte erhaltenen Gegenleistung.

Bankbürgschaft zur Sicherheit


Ratsamer ist dagegen die Vereinbarung von Vorkasse oder einer Sicherheit, im Idealfall einer Bankbürgschaft. Damit muss der Landwirt entweder erst seine Ernte abliefern, wenn er bereits den Kaufpreis hierfür erhalten hat, oder er hat zumindest einen liquiden Bürgen, der im Falle des Zahlungsausfalls des Agrarhändlers haftet.

Fazit:

Anhand der aktuellen Krise der BayWa AG zeigt sich, dass die Getreidekontrakte selbst in der Regel nur wenig Schutz für die Landwirte für den Fall bieten, dass ihr Vertragspartner in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Sofern die Agrarhändler nicht bereit sind, die Kontrakte nachträglich anzupassen (etwa durch die Vereinbarung von Vorkasse oder dem Stellen einer Sicherheit), bleibt den Landwirten im Ergebnis nur die Möglichkeit, die Lieferung der Ernte nach § 321 Abs. 1 BGB bis zum Erhalt der Bezahlung oder einer entsprechenden Sicherheit zu verweigern und/oder nach angemessener Fristsetzung den Rücktritt vom Vertrag gemäß § 321 Abs. 2 BGB zu erklären. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Landwirte stets das Risiko tragen, die Leistung zu Unrecht zu verweigern, weil tatsächlich gar keine Gefährdung der Gegenleistung besteht.

Um einen ausreichenden Schutz für die Landwirte zu gewährleisten, empfiehlt es sich daher, im Rahmen zukünftiger Vertragsverhandlungen auf die Vereinbarung von Vorkasse oder Sicherheitsleistungen für den Zahlungsausfall des Agrarhändlers, im besten Fall eine Bankbürgschaft, zu bestehen.

Die Autorin ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Geiersberger ■ Glas & Partner mbB in Rostock.


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