Ein verlockendes Angebot – Gespräch mit Prof.-Niklas-Medaillen-Trägerin Stefanie Peters
Im Herbst 2020 wurde Stefanie Peters aus dem havelländischen Nauen die Professor-Niklas-Medaille überreicht. Wir haben mit der Brandenburgerin über königliche Begegnungen, gesunden Ehrgeiz und den Stellenwert der Auszeichnung gesprochen.
Das Gespräch führte Wolfgang Herklotz
Haben Sie in Ihrer Kindheit davon geträumt, mal eine richtige Königin zu treffen?
Natürlich, wie viele andere Mädchen. Erst waren es die Märchen, die mich faszinierten, später Fernsehberichte über die Rituale an königlichen Höfen in Europa.
Wie war es, als Sie vor knapp anderthalb Jahren der niederländischen Königin Maxima gegenüberstanden, die mit König Willem-Alexander die AgroFarm in Nauen besuchte?
Wahnsinnig aufregend. Ich war ja schon am Vorabend zusammen mit anderen Junglandwirtinnen und Junglandwirten zu einem Essen mit dem Königspaar in Warnemünde eingeladen. Seinem Besuch gingen monatelange Vorbereitungen voraus, so dass wir alle sehr gespannt auf die Begegnung waren. Zumal es jede Menge protokollarische Hinweise gab.
Welche zum Beispiel?
Dass die Anrede „Ihre Majestät“ üblich ist und Handschlag vermieden wird. Immerhin, ein Knicks sei nicht erforderlich, hieß es. Kurioserweise gaben uns die königlichen Gäste dann doch die Hand.
Worum ging es bei Ihrem Gespräch mit Königin Maxima?
Vor allem um den Nachwuchs in der Landwirtschaft. Die Probleme sind in beiden Ländern ähnlich, denken wir nur an die enormen Auflagen und bürokratischen Hürden. Aber es gibt dennoch einen entscheidenden Unterschied. In den Niederlanden müssen sich junge Leute extrem verschulden, wenn sie sich eine Existenz aufbauen wollen. Solche Betriebsformen wie Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind im Nachbarland nicht üblich. Natürlich, geschenkt wird einem hierzulande auch nichts.
Wann war klar, dass Sie sich für Landwirtschaft entscheiden?
Relativ spät, obwohl ich hier auf dem Hof in Nauen aufgewachsen bin, gern bei Opa im Büro saß, später mit Papa auf dem Mähdrescher. Ich habe mich in der Schule für Forschung und Gentechnik interessiert. Nach dem Abi stand die Frage, ob ich Molekularbiologie oder Agrarwirtschaft studiere. Keine leichte Entscheidung, aber ich habe mich dann für ein Biochemie-Studium an der Uni Greifswald immatrikulieren lassen.
Was fasziniert Sie an der Biochemie?
Wenn man in die Stoffwechselprozesse einsteigt, erkennt man schnell, wie sehr alles miteinander zusammenhängt. Mich interessierte besonders, welche Erkenntnisse man aus Krankheiten gewinnt und diese umsetzt, um Medikamente zur Heilung zu entwickeln. Diesen sehr praxisorientierten Ansatz finde ich sehr spannend. Und der zog sich durch das ganze Studium, wir waren mindestens an einem Tag pro Woche mit Laborversuchen beschäftigt.
War Ihr Vater, Dirk Peters, Geschäftsführer der Agro-Farm GmbH Nauen, enttäuscht, weil er eine andere berufliche Entwicklung erwartet hatte?
Nein, er ließ mir völlig freie Hand. Mein Vater hat mir vermittelt, dass man immer von dem überzeugt sein muss, was man tut.
Wie kam es, dass Sie nach Jahren als wissenschaftlich-technische Assistentin an der Uni 2017 doch wieder in den väterlichen Betrieb zurückkehrten?
Mir hat diese wissenschaftliche Arbeit sehr viel Freude bereitet. Problem war nur, dass die Projekte an der Uni immer nur zeitlich befristet waren. Das nimmt man als junger Mensch anfangs noch sportlich, aber irgendwann stellt sich doch die Frage einer gesicherten Perspektive.
Zumal Ihr Vater ein verlockendes Angebot hatte.
Genau. Im Sommer 2017 startete im Betrieb das sogenannte ForwardFarming-Projekt der Firma Bayer. Es zielt darauf ab, verschiedene Maßnahmen des ökologischen Landbaus in den konventionellen Anbau zu integrieren. Mein Papa bot mir an, in dieses Projekt mit umfangreichen Feldversuchen mit einzusteigen. Er wusste natürlich, dass mich das reizen würde.
Worum ging es dabei konkret?
Dieses Projekt basiert auf vier Säulen: Biodiversität, Gewässerschutz, Anwenderschutz und Digitalisierung. Wichtige Einzelmaßnahmen sind beispielsweise das Anlegen von Blühstreifen sowie Untersaaten im Getreide. Zugleich geht es darum, selbst geringe Einträge von Resten an Pflanzenschutzmitteln zu vermeiden. Das sichert man, indem spezielle Schutzkleidung angelegt und die Technik in einem geschlossenen System gereinigt wird.
Was sicherlich sehr aufwendig und teuer ist …
Zweifellos. Aus eigener Kraft lässt sich so etwas nicht stemmen, da braucht man schon Unterstützung. Die ist durch das Projekt gegeben. Um solche Maßnahmen umzusetzen, braucht es Überzeugung, aber die allein reicht nicht aus. Man muss schon Ökologie und Ökonomie in Übereinstimmung bringen, sonst funktioniert es nicht. Das zeigt sich am Beispiel der Blühstreifen. Die sind wichtig für die Artenvielfalt, reduzieren jedoch Nutzfläche. Um das auszugleichen, versuchen wir nun, die Reste in der Biogasanlage zu verwerten, um sie dann als Substrat wieder auf dem Acker auszubringen. Aber so einfach ist das gar nicht.
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Spüren Sie einen Erwartungsdruck durch Ihren Vater? Wie gehen Sie damit um?
Wenn es einen solchen Druck gibt, dann geht er von mir selbst aus. Ich glaube, dass ich eine gesunde Portion Ehrgeiz habe. Das heißt, es nicht anderen recht machen zu wollen, sondern sich selbst. Ich bin im Betrieb sehr gut aufgenommen worden, kenne ja die meisten schon seit vielen Jahren. Sie vertrauen mir, auch wenn ich nicht die Technikspezialistin bin. Das gibt mir die Kraft, mich auf meine Arbeit als Verantwortliche für den Pflanzenbau zu konzentrieren.
Ist es nicht schwierig, den eigenen Vater zum Chef zu haben?
Nein, denn er ist keiner, der stur Anweisungen gibt. Wenn ich eine Idee habe, etwas anders als bisher üblich zu machen, lässt er mir freie Hand. Er legt großen Wert darauf, dass ich eigene Erfahrungen sammele. Was nicht ausschließt, dass ich mir gern Ratschläge von ihm hole. Das hat bisher gut funktioniert.
Was war im Betrieb die für Sie bisher wichtigste Erkenntnis?
Dass nicht alles so läuft, wie man es gern möchte. Wer unter freiem Himmel wirtschaftet, muss sich auf Überraschungen einstellen und flexibel reagieren. Ich bin ein sehr organisierter Mensch mit Tischkalender, in den ich eintrage, was für die nächsten Tage ansteht. Mein Papa musste schmunzeln, als ich den auspackte. Er hat nichts gesagt, sich aber seinen Teil gedacht. Ich dann auch, als ich feststellte, dass der für Dienstag geplante Weizendrusch buchstäblich ins Wasser fiel …
Sie haben ein Mandat der „Wählergruppe Bauern“ im Kreistag Havelland, engagieren sich im Agrarausschuss, sind oft Gast der Stadtverordnetenversammlung von Nauen. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Weil es immer gut ist, über den Tellerrand zu schauen. Und weil man es nicht anderen überlassen sollte, sich um die Belange der Landwirtschaft zu kümmern. Man kann sich über bürokratische Hürden und immer schärfere Auflagen aufregen, doch damit ändert man nichts. Man muss schon versuchen, Politik zu gestalten. Das habe ich von meinem Papa gelernt, der viel für den Kreisbauernverband Havelland unterwegs ist und ebenfalls der Stadtverordnetenversammlung Nauen angehört.
Im Oktober überreichte Ihnen die Bundeslandwirtschaftsministerin die Professor-Niklas-Medaille. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Sie sorgte bei mir erst einmal für Schnappatmung. Mit dieser Medaille wurde ja bisher immer die Lebensleistung von Landwirten gewürdigt. Ich stehe noch eher in den Startlöchern. Doch dann habe ich mir sagen lassen, dass das auch als Motivation für junge Leute gedacht ist, sich für eine nachhaltige Landwirtschaft zu engagieren. Das tue ich gern, aber nicht im Alleingang. Klar doch, letztendlich habe ich mich sehr über die Auszeichnung gefreut.
Was haben Sie sich für das neue Jahr vorgenommen?
Es gibt keine neuen Projekte, von der Erweiterung des Sortiments in unserem Hofladen mal abgesehen. Ich denke, dass uns die neue Ackerbaustrategie einiges abverlangen wird. Zumal keiner weiß, welche Witterungsextreme noch auf uns zukommen. Entscheidend ist jedoch, dass wir Corona gut überstehen und gesund bleiben. Wenn uns das gelingt, werden wir auch alles andere meistern!