Ergebnisse der EU-Wahl

Europa-Wahl: AfD und Sahra Wagenknecht sind im Osten klare Gewinner

Am Sonntagabend war Sahra Wagenknecht, die Parteigründerin von BSW, eine viel gefragte Interview-Partnerin. Ihr Bündnis konnte bei der EU-Wahl bundesweit 6,2 Prozent der Stimmen holen. (c) Foto: Claudia Duda
Agrarpolitik
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In Ostdeutschland konnten die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei der Europa-Wahl besonders viele Stimmen gewinnen. Ergebnisse aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Überblick.

Von Claudia Duda

Nach der Europawahl vom Sonntag (9. Juni) ist klar: Es gibt drei Gewinner – und viele Verlierer. So hat in Deutschland die Union mit CDU und CSU bundesweit 30,0 Prozent der Stimmen erreicht und darf sich damit zurecht als Gewinnerin bezeichnen. Die Alternative für Deutschland (AfD) kam mit 15,9 Prozent und einem Plus von 4,9 Prozent auf den zweiten Platz – trotz aller Querelen im Vorfeld der Wahl. Und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte aus dem Stand 6,2 Prozent und darf sich damit auf der Siegerseite sehen. Vor allem die Parteien der Regierungskoalition – SPD (13,9%), Grüne (11,9 %) und FDP (5,2 %) – mussten herbe Verluste einstecken. (Quelle: Vorläufiges Ergebnis der Bundeswahlleiterin)

Bereits am Wahlabend wurden Stimmen aus der Union laut, die den Rücktritt der Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderten. Insbesondere nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron nach dem Erdrutschsieg der Rechtsnationalen den Vormarsch von Marine Le Pen stoppen will und Neuwahlen ausgerufen hat. Bereits in wenigen Wochen sollen die Französinnen und Franzosen eine neue Nationalversammlung wählen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte allerdings am Montag, dies sei „zu keinem Zeitpunkt, zu keiner Sekunde“ ein Thema gewesen. Die Bundestagswahl werde „regulär im Herbst nächsten Jahres stattfinden. Und das planen wir auch so“.

Europa-Wahl: Diese Stimmen haben AfD und Wagenknecht erzielt

Bei genauer Analyse der Wahlergebnisse wird deutlich, dass die Wählerinnen und Wähler in Ostdeutschland sich noch deutlich stärker von den etablierten Parteien abgewendet und insbesondere der AfD und dem BSW zugewendet haben. Die laut Verfassungsschutz rechtsextreme AfD erhielt in den ostdeutschen Bundesländern einen Stimmenanteil zwischen 27,5 Prozent in Brandenburg und 31,8 Prozent in Sachsen. Und das Bündnis um die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht kam dort überall über zehn Prozent und konnte Stimmen zwischen 12,6 Prozent in Sachsen und sogar 16,4 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern erzielen.

Stimmenverteilung in Brandenburg

Stimmenverteilung in Mecklenburg-Vorpommern

Stimmenverteilung in Sachsen

Stimmenverteilung in Sachsen-Anhalt

Stimmenverteilung in Thüringen

Dabei gibt es noch nicht einmal in allen Bundesländern eigene Landesverbände des BSW, das sich erst im Januar offiziell als Partei gründete. Stand Anfang Juni gibt es Landesverbände im Osten nur in Brandenburg, Sachsen, Thüringen, wo in diesem Jahr auch noch Landtagswahlen stattfinden – und im Westen nur im Saarland.

In seinem Positionspapier zur Europawahl formulierte das Bündnis seine agrarpolitischen Vorstellungen im ersten Kapitel, das unter der Überschrift „Wirtschaftliche Vernunft“ steht. Bemerkenswert ist, dass Agrar-Fragen einen relativ großen Raum einnehmen. Indes ist eine schlüssige Linie nicht durchweg erkennbar, bleibt manches vage.

Positionspapier BSW: Pläne zur Landwirtschaft

„Die EU-Agrarpolitik muss stärker national und regional ausgerichtet werden. Landwirtschaft dient zuerst der Ernährungssicherung im eigenen Land“, lautet die allerdings klare Kernaussage. Bei Umweltauflagen seien die Landwirte einzubeziehen und Kompromisse durch angemessene Übergangszeiträume und Förderungen zu finden. „Ein Desaster wie bei der Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie durch die Düngegesetzgebung muss verhindert werden“, heißt es. Mehr dazu lesen Sie hier.

Europa-Wahl: Querelen um die AfD und Maximilian Krah aus Sachsen

Wie sich die AfD im neuen EU-Parlament aufstellen wird, ist noch unklar. Wegen der Querelen um den Spitzenkandidaten Maximilian Krah aus Sachsen war die Partei aus der Fraktion Identität und Demokratie (ID) ausgeschlossen worden. Krah geriet wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und auch wegen möglicher Verbindungen zu China im Vorfeld der Europawahlen in die Schlagzeilen. Dazu waren verharmlosende Äußerungen von ihm zur nationalsozialistischen SS bekanntgeworden.

Wirklich geschadet hat das der AfD jedoch nicht. Das 86 Seiten starke Wahlprogramm der Partei behandelt die Landwirtschaft im Kapitel  7, gemeinsam mit dem Umwelt- und Verbraucherschutz. Die AfD will die Förderpolitik renationalisieren und auf diesem Wege zugleich vereinfachen.

AfD: Was zu den Subventionen geplant ist

Subven­tionen bleiben „zunächst bestehen, da in einem freien globalen Wettbewerb der Bauernstand aus Deutschland sonst verschwinden würde“, heißt es weiter. Die Subventionen müssten neben der Flächengröße die weiteren Leistungen kleiner Fami­lienbetriebe berücksichtigen.

Greening-Auflagen müssten auf den Prüfstand, die „Vermaisung der Kulturlandschaft“ sowie die Spekulation mit landwirtschaftlichen Flächen sofort beendet werden.

Was das Wahlergebnis für die Landwirtinnen und Landwirte konkret bedeutet, wird sich erst in Wochen bzw. Monaten erweisen. Die erste konstituierende Sitzung soll am 16. Juli 2024 stattfinden. Dann wird das neue Europäische Parlament gebildet.  Insgesamt wurden europaweit 720 Sitze vergeben, die Fraktion der Christdemokraten – also der Europäischen Volkspartei (EVP) wird voraussichtlich 185 Sitze einnehmen.

Europa-Wahl: Vorläufige Sitzverteilung im EU-Parlament

Ursula von der Leyen (CDU) will Amt fortsetzen

Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen (CDU), hofft, ihr Amt fortsetzen zu können. Doch ob ihre Stimmen dafür aus dem rechten oder linken Lager kommen werden, ist noch völlig offen. Sie kündigte allerdings an, mit den Liberalen und den Sozialdemokraten reden zu wollen.

Bauern stimmen oft für CDU/CSU und AfD

Übrigens: Nach einer Befragung der Forschungsgruppe Wahlen, die am Sonntag durchgeführt wurde, hat die Union hat bei den Landwirten wieder deutlich an Vertrauen gewonnen haben. Demnach haben 52% der Landwirte bei der Europawahl CDU oder CSU gewählt. Einen spürbaren Zuwachs bei den Landwirten habe auch die AfD verzeichnet. 18% stimmten bei der Europawahl für die AfD, die ihr Gesamtergebnis von bundesweit 15,9% in dieser Berufsgruppe damit übertreffen konnte. Bei den letzten beiden Bundestagswahlen kam die AfD unter den Bauern jeweils nur auf rund 8%.

Auf Platz drei bei der Europawahl rangieren bei den Landwirten SPD und FDP. Auf sie entfielen jeweils 5% der Bauernstimmen. Für die FDP bedeutet das im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 ein Verlust von 9 Prozentpunkten. Für die Grünen, die seit zweieinhalb Jahren mit Cem Özdemir den Bundeslandwirtschaftsminister stellen, stimmten bei der Europawahl 3% der Landwirte. Bei der Bundestagswahl waren es noch 5%.

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