Förderpreis für Agrar-Profis: Autor Andreas Möller will Vorbilder statt Appelle
Weniger Bürokratie, mehr Wertschätzung: Was Buchautor Dr. Andreas Möller, Jury-Mitglied des Förderpreises „Wir von hier: Junge Profis in Agrargenossenschaften“, im Interview über Entfremdung, Klischees und die neue Wahrnehmung der Landwirtschaft sagt.
Mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung für Junglandwirte – das ist das Ziel des Förderpreises „Wir von hier: Junge Profis in Agrargenossenschaften“, den der Genoverband ins Leben gerufen hat. Dr. Andreas Möller ist Buchautor sowie Leiter der Unternehmenskommunikation und Politik des familiengeführten Lasertechnik- und Maschinenbaukonzerns Trumpf SE & Co KG. Er entscheidet als Jury-Mitglied mit über die Preisvergabe und kritisiert die überbordende Bürokratie in Landwirtschaft und Industrie.
Sie kennen beide Perspektiven – Stadt und Land: Was macht den Unterschied?
Wie lange darf ich darüber reden (lacht)? Ich habe ein Buch geschrieben, das sich genau damit befasst, aber im Ernst: Erste Eindrücke vom Leben und Arbeiten auf dem Land stammen aus meiner Kindheit in Mecklenburg. Und ich erinnere mich an Hausschlachtungen bei Verwandten in Thüringen. Ich bin jedoch weit davon entfernt, die Eindrücke aus dieser Zeit zu romantisieren. Was mich beschäftigt: Welche Bilder von der Landwirtschaft und dem Leben auf dem Land dominieren die heutigen Debatten?
Die Klischees pendeln zwischen Idyll und industriell geprägten, im Grunde: ausgeräumten Landschafften. Beides trifft es nicht und stellt die eher städtisch geprägte Perspektive dar. Das Ergebnis ist Entfremdung. Die kann man beklagen, aber besser ist, die Ursachen zu klären und etwas dagegen zu tun.
Andreas Möller: Kaum Kontakt zur Landwirtschaft
Klären wir bitte erst Mal die Ursachen…
Die Gründe sind vielfältig und lassen sich sozialgeschichtlich herleiten. Weniger theoretisch und ganz praktisch formuliert dürfte der Hauptgrund für die Entfremdung sein, dass immer weniger Menschen zur Landwirtschaft in Kontakt stehen. In dieser Situation bestimmen transportierte, nicht selten verklärende oder negative Erzählungen das Image der Landwirtschaft. Und das hat in den vergangenen Jahren die Entfremdung verstärkt. Allerdings schwächt sich dieser Trend inzwischen ab.
Bauernproteste: Andere Wahrnehmung der Landwirtschaft
Das klingt hoffnungsvoll, oder täuscht der Eindruck?
Andere Themen wie Sicherheit, Verteidigung oder die kritische gesamtwirtschaftliche Lage überlagern mittlerweile die Diskussion über Landwirtschaft und ländliche Räume. Das ist vom Effekt für die Landwirtschaft positiv, aber die genannten Ursachen für diese Überlagerung sind ernster Natur.
Und sicher haben auch die Bauernproteste dazu beigetragen, dass die Landwirtschaft anders wahrgenommen wird. Nicht zuletzt, da sich andere Berufsgruppen wie Handwerker und Spediteure an diesen Protesten beteiligt haben. Das hat sehr gut funktioniert und eine breite öffentliche Wahrnehmung geschaffen.

Ich vermute, dass vielen Menschen klarer geworden ist, wie wichtig die Landwirtschaft ist. Und um nur eines der Beispiele zu nennen: Lebensmittel-Autarkie stellt kein sinnvolles Ziel dar, aber angespannte Lieferketten sind weniger bedrohlich, wenn es eine verlässliche heimische Produktion gibt.
Zudem zeigt die Branche inzwischen gut, wie innovativ und anspruchsvoll der Beruf Landwirt ist. Der Förderpreis des Genoverbandes zielt genau in diese Richtung. Kommunikativ sind positive Vorbilder wesentlich wirkungsvoller als Appelle. Die jungen Leute aus den Agrargenossenschaften finden hoffentlich viele Nachahmer innerhalb der Branche. Zugleich sind die Gewinner des Förderpreises Botschafter für die Landwirtschaft.
Landwirtschaft und Industrie: Kritik an der Bürokratie
Sie sprechen von der „kritischen gesamtwirtschaftliche Lage“: Sehen Sie Parallelen zwischen Industrie und Landwirtschaft?
Ja, ganz klar. Jeder auf Produktion ausgerichtete Wirtschaftszweig, ob Industrie oder Landwirtschaft, hat in Deutschland gegenwärtig große Probleme mit Bürokratie und Regulationstiefe. Das bindet Ressourcen, die anderswo fehlen. Größere Unternehmen in Landwirtschaft und Industrie können sich das vielleicht noch leisten. Für alle anderen geht es an die Substanz. Regulation und Bürokratie betreffen andere Wirtschaftszweige ebenfalls, aber gerade dort, wo produziert wird, sind die Konsequenzen strukturell schädlich. Innovation und damit Investitionen sind bedroht.
Andreas Möller: Änderungen in Deutschland und der EU sind nötig
Haben Sie eine Lösung?
Da bestehen wiederum Parallelen zwischen Landwirtschaft und Industrie. Die Vorgaben für Dokumentation sind vielfach zum Selbstzweck geworden. Das muss sich dringend ändern. Niemand will sinnvolle Nachweispflichten abschaffen, aber in Deutschland und der EU hat das inzwischen ein überbordendes Maß erreicht. Und wenn politisch hohe soziale und ökologische Maßstäbe gefordert werden, müssen die für alle gelten, also auch für Konkurrenten aus Drittstaaten. Das Wichtigste jedoch ist, die produzierende Wirtschaft nicht mehr als zu kontrollierende Bedrohung zu verstehen, sondern als Basis für Wohlstand und Sicherheit.
Förderpreis für junge Landwirte:
Mit dem Förderpreis für Nachwuchskräfte „Wir von hier: Junge Profis in Agrargenossenschaften!“ zeichnet der Genoverband junge Profis und Mitglieder in Agrargenossenschaften aus und unterstützt die Gewinner mit einem Preisgeld von insgesamt 4.500 €. Gefördert werden bis zu drei Bewerbende. Die schriftliche Bewerbung per E-Mail an agrar@genoverband.de kann mit einem Video oder Podcast ergänzt werden. Der Bewerbungsschluss ist am 2. Mai 2025. Wer teilnehmen möchte, muss volljährig und darf höchstens 40 Jahre alt sein. Die Bewerber sollten Mitglied der Agrargenossenschaft sein und einen Arbeitsvertrag haben – sie müssen nicht im Vorstand sein.
Die Jury:
Über die Preisvergabe entscheidet eine Jury, bestehend aus Nina Berlin (Kommunikationsleiterin Deutscher Raiffeisenverband e.V), Claudia Duda (Chefredakteurin der Bauernzeitung), Wilfried Lenschow (Vorstandsvorsitzender Agrargenossenschaft Bartelshagen I e.G.), Peter Götz (Vorstand Genoverband e.V.), Christopher Braun (Abteilungsleiter Agrarwirtschaft DZ Bank) und Dr. Andreas Möller (Leiter Kommunikation/Politik Trumpf SE und Buchautor. Gefördert werden bis zu drei Bewerbende. Unterstützt wird dieser Preis von der Raiffeisen-Stiftung, der R+V Versicherung, sowie den Volks- und Raiffeisenbanken mit Unterstützung der DZ Bank.
Weitere Informationen: www.agrargenossenschaften.com/aktuelles/

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