Das Agrarstrukturgesetz: Für mehr Transparenz am Bodenmarkt
Thüringens Minister Hoff zum Agrarstrukturgesetz: Es ist in Arbeit und soll mit den Verbänden im Land diskutiert werden. Die Notwendigkeit für dieses Gesetz steht für ihn außer Zweifel.
Wie weit ist Thüringen mit dem schon spannungsvoll erwarteten Agrarstrukturgesetz? Offenbar nimmt die Arbeit am „ASG“ an Fahrt auf. Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff erklärte im Gespräch mit der Bauernzeitung, dass sein Ministerium Eckpunkte erarbeitet hat und diese jetzt unter anderem mit den Verbänden im Land diskutieren will.
Bericht zur Agrarstruktur in Arbeit
Dem Linken-Politiker zufolge wird man ein „schlankes, pragmatisches Gesetz“ entwerfen, dessen ausführliche Begründung „die Rechtssicherheit gewährleisten“ soll. Als Grundlage für den Vollzug des ASG dient ein „Thüringer Agrarstrukturbericht“. Den ersten erarbeite man gerade; sein Entwurf könne bereits Ende des Jahres vorliegen.
Dass ein solches Gesetz notwendig ist, steht für Hoff außer Zweifel. Und das aus mehreren Gründen. Bei den mittelständisch geprägten Landwirtschaftsbetrieben in Thüringen beginne, was etwa im Handwerk längst schon Alltag ist: Betriebsnachfolger werden nicht mehr in den Familien oder in den Unternehmen gefunden, sondern kommen von außen. „In der Landwirtschaft vollzieht sich das mit einer zeitlichen Verzögerung.“
Die Verdopplung der Bodenpreise hierzulande wäre dabei ein Problem. Dass das Preisniveau in Westdeutschland um ein Vielfaches höher ist als im Osten, sei kein Argument, tatenlos zuzusehen. „Wir haben hier andere Strukturen. Daher sind die Preise um München mit denen um Erfurt auch nicht vergleichbar.“
Des Weiteren kann Hoff eine klassische Wettbewerbs- und Marktregulierung, die allen den freien Marktzutritt garantieren soll, in der Landwirtschaft nicht finden: „Junglandwirte oder neue Formen wie die solidarische Landwirtschaft haben im Grunde keine Chance, einen Betrieb zu gründen.“
Agrarstrukturgesetz: Regionale Betriebe sollen gewinnen
Grundsatz des Thüringer ASG werde es sein, „alle Verfahren des Grundstücks-, Landpacht- und Anteilsverkehrs als Genehmigungsverfahren“ auszugestalten. Damit schaffe man ein Instrument, um die „Agrarstruktur bewahren und verbessern sowie Gefahren für dieselbe abwehren“ zu können. Die regionalen Landwirtschaftsbetriebe würden damit gestärkt.
Welche Struktur im Freistaat zum Leitbild erklärt wird, wollte Hoff mit Verweis auf die Ergebnisse des zu erarbeitenden Berichtes noch nicht sagen. Den Gedanken des Kartellrechts folgend, soll in Thüringen alles genehmigt werden – es sei denn, es gefährde die Agrarstruktur etwa aufgrund einer zu großen Konzentration an Grund und Boden, was wiederum eine Gefahr für den Wettbewerb darstelle. Nur in diesen Fällen und bei Preismissbräuchen wäre eine Versagung begründet.
Welche Schwellenwerte etwa hinsichtlich der Betriebsgröße dafür erreicht sein müssen, wird Hoff zufolge der Agrarstrukturbericht zeigen. Gleichwohl derartige Entscheidungen am Ende stets im politischen Raum getroffen würden, seien die wettbewerbsrechtlichen Kriterien ausschlaggebend.
Um Ängsten entgegenzutreten, stellte der Minister klar, dass man Landwirten weder die Altersabsicherung schmälern möchte noch gegen Finanzinvestoren kämpfe. „Landwirtschaftsbetriebe brauchen Kapital für ihre Entwicklung. Solange auf diesem Weg Anteile an Unternehmen erworben werden, ohne dass daraus eine missbräuchliche wettbewerbsrechtliche Stellung erwächst, ist das ein normaler Vorgang“.
Dies könne sogar ein Gewinn sein: „Wer“, fragte Hoff rhetorisch, „will einem Investor verbieten, Boden zu erwerben, den er selbst nicht bewirtschaftet, aber zu fairen Bedingungen an eine solidarische Landwirtschaft verpachtet?“ Es gehört für ihn zu den Widersprüchen, dass es gegebenenfalls Firmen innerhalb der Lebensmittelkette sind, die selbst eine nachhaltige Landwirtschaft betreiben wollen, die die Ansprüche an eine ökologische Bewirtschaftung erfüllt. Hoff verspricht, dass mit dem Thüringer Agrarstrukturgesetz Transparenz über die Bewegungen am landwirtschaftlichen Bodenmarkt hergestellt werden wird. Junglandwirten soll der Erwerb von Betriebsflächen und der Aufbau bzw. die Fortführung eines Agrarbetriebes erleichtert werden.
Mehr Aufgaben für die Landgesellschaft
Letzteres sollen auch neue Kompetenzen ermöglichen, die man der Thüringer Landgesellschaft als dem gemeinnützigen Siedlungsunternehmen geben wird. Sie soll auch dann ihr Vorkaufsrecht ausüben können, wenn kein Kaufwilliger bereit steht. Die auf diesem Weg erworbenen Flächen kann die Landgesellschaft dann zeitlich befristet verwalten, um sie zu einem geeigneten Zeitpunkt an kaufbereite regionale Landwirte zu veräußern.
Hoff räumte ein, dass man ursprünglich zudem einen Bodenfonds auf den Weg bringen wollte. Weil der Landeshaushalt, aus dem das dafür notwendige Kapital käme, infolge der Coronapandemie mittelfristig belastet sein wird, verzichtete man nun jedoch darauf. Der Minister betonte gegenüber der Bauernzeitung, dass das Agrarstrukturgesetz nur auf den Weg gebracht werden und seine Wirkung entfalten kann, wenn es eine breite, allgemeine Akzeptanz findet.