Für Sauenhalter kommt es dicke
Wenn der Bundesrat am nächsten Freitag über den Tierschutz in der Landwirtschaft verhandelt, geht es für Sauenhalter um viel – wenn nicht sogar um alles. Denn die Länder fordern mehr, als im Verordnungsentwurf des Bundesministeriums steht. Hier die am weitesten gehenden Beispiele.
Am Freitag kommender Woche (14. Februar) will der Bundesrat unter dem Punkt 38 die „Siebte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung“ behandeln. Für die Sauenhalter geht es dabei um viel, wenn nicht sogar um alles. Die Bundesländer haben eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen formuliert, die zum Teil sehr deutlich über den Verordnungsentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) hinausgehen. Diese finden sich in den Empfehlungen des Bundesratsausschusses für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, über die die Länderkammer abstimmen wird. Dem Vernehmen nach soll es dabei knapp zu gehen.
Größten Knackpunkte: Platz und Übergangsfristen
Die größten Knackpunkte dürften die Vorschläge für das Platzangebot der Sauen und die Übergangfristen sein. Schlägt das BMEL für die Abferkelbox bereits sehr ehrgeizige 6,5 m² für die Sau vor, verlangt die Mehrheit der Länder 7,0 m². Dies würde bedeuten, dass erst jüngst in die Praxis eingezogene moderne, im Tierwohl als innovativ geltende Bewegungsbuchten, im Abferkelbereich eine Fehlinvestition gewesen sind. Sieht der BMEL-Entwurf eine Übergangsfrist von 12 bis 15 Jahren vor, halten die Länder acht Jahre (!) für angemessen. Wer mit Fördermitteln seinen Tierwohlstall gebaut hat, müsste aufgrund der langen Zweckbindungsfristen die Zuschüsse wieder zurückzahlen.
Sauenhalter: Jeder zweite Kastenstand leer
Klar regeln will die Verordnung die Größe der Kastenstände, damit Sauen ihren Kopf und die Gliedmaßen beim Liegen ohne Einschränkung ausstrecken können. Hart träfe es Schweinehalter, deren Sauen heute in 65er-Kastenständen stehen. Denn für diese sieht der Ländervorschlag gar keine Übergangsfrist vor. In der Konsequenz dürften die Nachbarboxen nicht belegt sein. Experten schätzen, dass ein Drittel des deutschen Sauenbestandes mit Inkrafttreten der Verordnung abgeschafft werden müsste. Denn ein kurzfristiger Umbau ist nicht realisierbar.
Fixieren: Nur vier statt acht Tagen erlaubt
Neu befristet wird die Aufenthaltsdauer der Sauen in den Kastenständen. Gehen Praktiker davon aus, dass man bei Besamungssauen mit acht Tagen hinkommt, halten sie die Änderungspläne für Abferkelsauen für nur sehr schwer umsetzbar. Hier will das BMEL die Zeit auf insgesamt nur noch vier Tage (1+3) beschränken.
Ob nur übersehen oder mit voller Absicht: Das BMEL hat im § 26 das Wort „dauerhaft“ aus der alten Verordnung gestrichen, dessen Wirkung noch gar nicht abzusehen ist. So soll künftig der im Stall maximal zulässige Höchstwert von Ammoniak 20 ppm nicht mehr überschreiten. Fachleute halten dies für technisch so gut wie nicht umsetzbar. Bislang galt, dass dieser Wert nicht „dauerhaft“ überschritten werden darf.
Kosten: Über eine Milliarde Euro
Das BMEL hat errechnet, dass mit seinem Verordnungsentwurf Kosten von 1,2 Mrd. Euro auf die Sauenhalter zukämen. Dabei geht es im Falle eines Stallumbaus von 875 €/Sau aus. Bei Neu- und Anbauten kalkuliert man 1.300 €/Sau. Die Berechnungen der angehörten Branchenverbände liegen deutlich darüber.
Regeln für Rinder, Hühner und Puten
Anders als das BMEL wollen die Bundesländer mit der Novelle der Verordnung auch die Anbindehaltung von Rindern, die Haltung von Legehennen und Masthühnern sowie Puten regeln. Für Halter der genannten Tierarten kommt das überraschend. Denn deren Verbände wurden bisher überhaupt nicht angehört. Darauf soll das BMEL den Bundesratsausschuss zwar hingewiesen und auch rechtliche Bedenken angemeldet haben. Dies wurde aber ignoriert. Und nicht nur das: So bleibt etwa das von den Ländern in dieser ersten „Putenhaltungsverordnung“ vorgeschlagene Platzangebot hinter den freiwilligen Vereinbarungen der Branche zurück. Diese Eckwerte wurden 2013 als bundeseinheitlicher Standard festgelegt.