Erfahrungen aus der Praxis

Fütterung von Zuckerrüben: Pansen statt Fabrik

Zuckerrüben sind ein wertvolles Glied in der Fruchtfolge. Ihr Einsatz als Futtermittel könnte zu größerem Anbauumfang beitragen. (c) Karsten Bär
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Als Verwertungsalternative für Rüben bietet sich ihr Einsatz als energiereiches Futtermittel an. Einige Milchviehbetriebe im Freistaat sammeln damit bereits Erfahrungen mit der Fütterung von Zuckerrüben.

Von Karsten Bär

Ohne Zuckerfabrik keine Zuckerrübe? So simpel ist es nicht. Zwar ist vielen Betrieben in Sachsen durch die Schließung der Zuckerfabrik Brottewitz die Südzucker AG als verlässlicher Abnehmer abhandengekommen. Doch für die Blattfrucht, die einen hohen Vorfruchtwert hat und enge Fruchtfolgen auflockert, gibt es auch Verwertungsalternativen. Da wäre etwa ihr Einsatz in der Fütterung von Milchvieh.

Statt Pressschnitzeln ganze Zuckerrüben verfüttern

Bislang nur als Pressschnitzel – trocken oder frisch – im Einsatz, rückt die Rübe nun als Ganzes in den Blickpunkt. „Rüben sind ein energiereiches und schmackhaftes Futtermittel“, meint Sebastian Schaffner, Berater beim Pflanzenzüchtungsunternehmen KWS. „Als ergänzende Rationskomponente eingesetzt, können sie die Milchleistung aus dem Grundfutter erhöhen.“ Schaffner verweist auf Untersuchungen in Dänemark, die diese Aussagen stützen und auch ökonomische Vorteile nahelegen. Freilich verfolgt das Unternehmen als Anbieter von Saatgut ein Eigeninteresse, wenn es Zuckerrüben als Futtermittel propagiert. Doch auch in sächsischen Betrieben wird bereits damit experimentiert – was der Rübe in fabrikfernen Regionen eine Zukunft sichern könnte.

Zuckerrüben verfüttert zum Beispiel die Agro-Produkt GmbH Leubsdorf, die 1.600 Kühe hält. Vor einigen Jahren habe er wieder Pressschnitzel in die Rationen gebracht, blickt Geschäftsführer Thomas Wirth zurück. Dass der Bezug der benötigten Mengen nicht immer sichergestellt ist, zeigte jedoch spätestens das Dürrejahr 2018. Vergangenes Jahr bezog der bei Augustusburg im Erzgebirge gelegene Betrieb daher erstmals ganze Zuckerrüben. Ein Betrieb in der Lommatzscher Pflege hatte sie für Leubsdorf angebaut. Beim Preis orientierten sich beide Partner an den Summen, die bei der Lieferung an die Fabrik zu erwarten gewesen wären. Für die Anfuhr der rund 1.000 t Zuckerrüben nach Leubsdorf sorgte ein Lohnunternehmen, das neben Transportkapazitäten auch über eine Verladestation verfügt. Vor Ort im Betrieb wurden die Rüben gewaschen und später gemeinsam mit Mais als ganze Rüben siliert.

Landwirt Thomas Wirth zeigt eine Zuckerrübe, die mit dem Mais siliert worden ist.
Der Betrieb von Geschäftsführer Thomas Wirth siliert die Zuckerrüben im Ganzen. (c) Karsten Bär

Der Masseanteil der Rüben beträgt 15 %, wie Thomas Wirth erklärt. Etwa zwei Drittel der Maissilage enthalten Zuckerrüben, die sich erst beim Entnahmevorgang zerkleinern. Seit Ende des Winters kommt diese Silage in die Fütterung. Eine verbesserte Milchleistung kann der Agro-Produkt-Geschäftsführer bislang nicht bestätigen. „Aber die Inhaltsstoffe sind seither stabil“, hat er festgestellt.

Rübe bringt kostengünstig Energie in die Ration

Einige hundert Tonnen Zuckerrüben, die zerkleinert mit siliert worden waren, hat auch die Großvoigtsberg Agrar GmbH in diesem Jahr an ihre 1.700 Milchkühe verfüttert. Ein Versuch über einen kurzen Zeitraum sei dies erst einmal nur gewesen, sagt Geschäftsführer Theunis de Boer. Dass sich dies auf die Leistung ausgewirkt habe, könne er nicht bestätigen. „Ich kann aber auch nichts Negatives sagen“, so sein erstes Fazit.

Zuckerrüben und Maissilage in einem Futtersilo

Versuche aus Sachsen:
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Für de Boer zählt, dass die Zuckerrübe ein vergleichsweise kostengünstiges energiereiches Futtermittel ist. Gegenüber Weizen oder Gerste liefere diese Frucht den doppelten Trockenmasseertrag vom Hektar. Der Betrieb hat dieses Jahr 20 ha im Anbau. Ob zukünftig die Rüben auf eigenen Feldern angebaut oder von benachbarten Ackerbauern zugekauft werden, ist noch nicht entschieden. Etwa zehn Kilogramm Frischmasse Zuckerrüben je Kuh und Tag gelten dem dänischen Experten Jens-Ole Christiansen vom auf Milchviehfütterung spezialisierten Beratungsunternehmen BoviCon zufolge als Menge, die Effekt erzielt. „Dafür würden wir ungefähr 80 ha Anbaufläche benötigen“, kalkuliert Theunis de Boer.

Auch wenn die Agro-Produkt Leubsdorf Zuckerrüben nicht selbst anbauen kann, sind die Kosten des Futtermittels für den Betrieb dennoch akzeptabel. „Beim Preis im Silo liegen wir knapp über dem von Mais“, verdeutlicht Thomas Wirth. „Aber wir haben eine höhere Energiedichte und weniger Stärke in der Ration.“ Der Betrieb habe sich den Preis für die zuvor verwendeten Melasseschnitzelpellets als „Schallmauer“ gesetzt. „Und das haben wir hinbekommen“, so der Geschäftsführer. Und er sieht noch Potenzial. „Da kann man noch schrauben, um die Kosten zu senken.“