Geflügelpest ist weiter auf dem Vormarsch

Zum Ende der diesjährigen Mastgeflügelsaison breitet sich die Geflügelpest aus. ©Sabine Rübensaat
News
Artikel teilen

Die Geflügelpest breitet sich in Deutschland weiter aus. Beim jüngsten Ausbruch in Schleswig-Holstein mussten 659 Gänse getötet werden. Mecklenburg-Vorpommern ist bundesweit am schwersten betroffen.  

Von Gerd Rinas

Mecklenburg-Vorpommern ist bundesweit am schwersten von der Geflügelpest betroffen. Wegen der Seuche mussten schon rund 90.000 Tiere notgetötet werden. Geflügelhalter durchlebten in der vorigen Woche schreckliche Stunden.

67.000 Legehennen getötet

In Malpendorf bei Neubukow mussten 3.150 Legehennen und 750 Enten, in Rothenkirchen auf Rügen 16.100 Puten gekeult werden. In beiden Beständen war das Geflügelpestvirus H5N8 nachgewiesen worden. Bei dem bisher größten Ausbruch hatten Landwirte auf zwei Bio-Betrieben bei Gnoien bis zuletzt gehofft, von 67.000 Legehennen 39.000 Tiere zu retten, bei denen das Virus nicht nachgewiesen worden war. Ihre Ställe waren gut 250 m von den Unterkünften mit den positiv getesteten Hühnern entfernt. Weil das hochansteckende H5N8-Virus aber nicht nur über den Kontakt zu infizierten Wildvögeln oder deren Kot, sondern auch sehr schnell durch die Luft übertragen werden kann, entschied der Landkreis Rostock, alle 67.000 Hühner zu keulen. „Es gab keine Alternative“, sagte Amtstierärztin Elisabeth Dey der Bauernzeitung. Am Donnerstag voriger Woche sind die letzten Tiere des Bestandes von einer Spezialfirma eingefangen und in Containern mit Kohlendioxid getötet worden.

Bislang regionale Stallpflicht

Geflügel im Stall
Wenn im Zuge der Geflügelpest das Aufstallen zur Pflicht wird, bedeutet das großen Stress für die Tiere. ©Sabine Rübensaat

Mecklenburg-Vorpommern verzichtet dennoch vorerst auf eine landesweite Stallpflicht für Haus- und Nutzgeflügel. Die Situation habe sich etwas beruhigt, es seien keine weiteren Ausbrüche zu verzeichnen, hieß es nach der jüngsten Beratung mit Vertretern der Land-kreise aus dem Schweriner Agrarministerium. Alle Landkreise hätten aber fertige Pläne, Hausgeflügel flächendeckend aufzustallen. Angeordnet haben dies bisher nur der Kreis Vorpommern-Rügen und Schwerin. In den anderen Landesteilen gelten unterschiedliche Regelungen. Im Kreis Rostock gilt das Aufstallungsgebot für alle geflügelhaltenden Betriebe. Vorpommern-Greifswald hat zu Wochenbeginn seine Regelung verschärft: Jetzt müssen Bestände ab 500 Tieren aufgestallt werden. Alle Landkreise haben Risikogebiete vor allem an Gewässern ausgewiesen, in denen Halter ihr Geflügel einstallen müssen. Vermieden werden soll der Kontakt mit Wildvögeln, die als Überträger des Pestvirus gelten.

Geflügelpest bei Wildenten

Erstmals ist in diesem Jahr zu beobachten, dass Wildenten, die im Monitoring gesund erlegt werden, sich später als Virus-positiv erweisen. Es bestehe der Verdacht, dass Wassergeflügel, vor allem Wildenten, ein stilles Virus-Reservoir bildeten und es dauerhaft verbreiteten, hieß es aus dem Schweriner Ministerium.

Infizierte Wildvögel in Sachsen, Bayern und Berlin

Unterdessen breitet sich die Geflügelpest in anderen Bundesländern aus. In Schleswig-Holstein wurde die Seuche nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bis zum vorigen Wochenende bei 223 Wildvögeln nachgewiesen. Beim vierten Ausbruch in Nutztierbeständen wurde Geflügelpest bei 650 Gänsen auf der nordfriesischen Insel Pellworm nachgewiesen. Dienstag dieser Woche kam im Kreis Dithmarschen ein fünfter Ausbruch hinzu: Der Bestand mit 659 Gänsen wurde bereits getötet. Amtlich bestätigt sind seit Freitag voriger Woche die ersten Fälle von Geflügelpest bei gesund erlegten Wildenten in Bayern. Im Landkreis Rottal-Inn und Teilen des Kreises Passau wurde Aufstallungspflicht angeordnet, teilte das bayerische Umweltministerium mit. Betroffen ist neben Sachsen mittlerweile auch Berlin: Das Seuchenvirus wurde bei einer toten Wildgans im Stadtteil Lichterfelde entdeckt.

Biosicherheit: Hinweise für kleine Bestände
Von Frank Hartmann

Der Geflügelgesundheitsdienst der Thüringer Tierseuchenkasse hat speziell für die Biosicherheit in kleinen Geflügelbeständen und Rassegeflügelhaltungen ein Merkblatt in Form einer Checkliste erarbeitet. Anhand von Fragen zum Stall und seiner Umgebung, zu Auslauf, Haltung und Hygiene gibt es Hinweise, wie gering bzw. wie hoch das Risiko des Eintrags ist.
Um im Falle eines Aufstallungsgebotes den drohenden Stress gerade für Wassergeflügel zu minimieren, sollten laut Fachtierärztin Dr. Christine Ahlers die Tiere an den Stall gewöhnt werden. In vielen Kleinhaltungen sei dies der Fall, weil die Tiere regelmäßig über Nacht eingestallt würden. Wichtig sei, den Tieren so viel Platz wie möglich im Stall zu bieten, eine frische und trockene Einstreu sowie Beschäftigungsmaterial.
Hinweise, wie sich etwa Halter von Gänsen im Tierseuchenfall verhalten sollten, finden sich auch in der „Gänsehaltungsvereinbarung“ des Landes Niedersachsen. Landespolitik und Geflügelwirtschaft verständigten sich in diesem Frühjahr über Mindestanforderungen an die Haltung von Gänsen. Darin enthalten sind auch Empfehlungen für die Erstellung eines individuellen Tierseuchenkrisenplans. Eine weitere Checkliste bietet auch das Friedrich-Loeffler-Institut.