Getreideernte in Brandenburg: Mehr als eine Bilanz der Erträge
Der Landesbauernverband (LBV) lud die Presse zu einem Feldnachmittag zum Ernteabschluss ein, stellte die Ergebnisse der Getreideernte 2022 in Brandenburg vor und kam ins Gespräch mit Agrarminister Axel Vogel.
Es war mehr als eine Erntepressekonferenz am vorigen Donnerstagnachmittag in Wulkow bei Neuruppin. Nicht nur, weil der Landesbauernverband Brandenburg (LBV) die Presse zu einem „Feldnachmittag zum Ernteabschluss“ eingeladen hatte und es mit Kaffee, Kuchen und Kartoffeln mit Quark fast schon ein Erntefest in kleiner Runde wurde.
Auch inhaltlich drehte sich nicht alles nur um die Ergebnisse der Getreideernte 2022 in Brandenburg, sondern auch um den Gedankenaustausch zu agrarpolitischen Themen. Grundlage der Erntebilanz des LBV sind Abfragen in den Landkreisen. Die Erträge werden anhand der Angaben aus den Förderanträgen hochgerechnet. Es gibt differenzierte Aussagen zu konventionellem und ökologischem Anbau. „Das ist eine hohe Qualität, die wichtige Nuancen abbildet“, erläutert Landesbauernpräsident Henrik Wendorff, angesichts der Zahlen, die das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg nur einen Tag vor dem LBV veröffentlicht hatte.
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Weizen vor Roggen
Die Erntemenge – abgesehen von Mais und Sonnenblumen, deren Ernte teils noch aussteht – liegt mit 2,2 Mio. t trotz aller Schwierigkeiten aufgrund der Trockenheit auf dem Niveau des Vorjahres. Das sechsjährige Mittel (2016–2021) liegt mit 2,43 Mio. t neun Prozent darüber. „Man merkt, die Anpassungsmöglichkeiten der Landwirte greifen, wenn wir unter solch schwierigen Bedingungen eine halbwegs durchschnittliche Ernte hinbekommen“, so Wendorff.
Es habe eine Verschiebung innerhalb der Kulturen gegeben. So löste der Weizen mit 150.867 ha Anbaufläche wieder den Roggen (134.127 ha) ab. Nach der oft guten Silo- und Körnermaisernte im vergangenen Jahr sei der Körnermaisanbau reduziert und in gleicher Stärke der Anbau von Winterraps und Sonnenblume ausgebaut worden, so Wendorff. Die Anbaufläche für Sonnenblumen verdoppelte sich um mehr als die Hälfte auf 29.600 ha. Damit hätten die Landwirte auf den Weizen- und Ölsaatenmangel am Weltmarkt reagiert und schon im Herbst richtige und wichtige Entscheidungen getroffen, so Wendorff.
Getreideernte 2022 in Brandenburg: Einige Erträge in Zahlen
Genannt werden die Landkreise mit der größten Anbaufläche und – falls abweichend – zudem der Landkreis mit dem besten Ertrag sowie das Ergebnis für Brandenburg.
Winterweizen
- Uckermark, 40.451 ha, 75,2 dt/ha
- Märkisch-Oderland, 26.752 ha, 60,6 dt/ha
- Prignitz, 16.494 ha, 59,0 dt/ha
- Land, 150.867 ha, ø 60,9 dt/ha
Winterroggen
- Prignitz, 15.400 ha, 41,0 dt/ha
- Potsdam-Mittelmark, 14.087 ha, 32,2 dt/ha
- Oder-Spree, 12.054 ha, 36,0 dt/ha
- Uckermark, 6.491 ha, 56,6 dt/ha
- Land, 134.127 ha, ø 38,8 dt/ha
Winterraps
- Uckermark, 24.618 ha, 35,9 dt/ha
- Märkisch-Oderland, 13.974 ha, 30,3 dt/ha
- Prignitz, 13.065 ha, 28,0 dt/ha
- Land, 98.910 ha, ø 30,7 dt/ha
Wintergerste wurde auf 94.303 ha angebaut. Die Erträge schwankten zwischen 79,2 dt/ha in der Uckermark und 51,1 dt/ha in Spree-Neiße und lagen im Schnitt bei 64,6 dt/ha. Wintertriticale wuchs bei durchschnittlich 43,1 dt/ha auf 27.229 ha. Die Erträge schwankten hier beträchtlich zwischen 28,6 dt/ha im Barnim und 62,8 dt/ha in der Uckermark.
„Was wiederholt enttäuscht hat, ist der Anbau von Leguminosen. Wir haben eine katastrophale Ernte bei den Lupinen. Die schlechtesten Erträge sind gerade mal die Verdreifachung des Saatguteinsatzes mit vier bis sieben Doppelzentnern Lupinenertrag“, so Wendorff. Der Wille, mehr Leguminosen anzubauen, werde angesichts der um 20 % gestiegenen Anbaufläche deutlich, aber als wettbewerbsfähig hätten sich die Lupine und andere Eiweißpflanzen in diesem Jahr nicht erwiesen. Daher brauche es einen Ausgleich der Wettbewerbsnachteile, argumentiert Wendorff. Die Erweiterung des Anbauumfangs solle gefördert, geförderte Anbauuntersuchungen sollten bei der Sortenwahl helfen. Ansonsten werde es schwer, unter den neuen Bedingungen der Frühjahrstrockenheit das Wagnis Leguminose einzugehen.
Thema Leguminosen
Agrarminister Axel Vogel ging auf dieses wie auf andere Probleme ein. „Wir bewegen uns alle auf dem Weg der Veränderung, der muss gemeinsam gegangen werden, und das betrifft viele Bereiche“, so Vogel. Er freue sich darüber, dass Brandenburg beim Leguminosenanbau bundesweit mit vorn liege, was die Anbaufläche betrifft. „Dass die Erträge so sehr hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, wusste ich nicht, das stellt tatsächlich ein Problem dar“, so Vogel. Sein Haus fördere den Anbau großkörniger Leguminosen auf 30.000 ha mit 13 Mio. Euro, das sei aber nur als Ökoregelung finanzierbar und mit dem Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verbunden. „Ein erster Schritt, wir müssen vielleicht nachsteuern“, so Vogel.
Wendorff ist überzeugt, dass man die Wahl, Pflanzenschutzmittel in Leguminosen zu verwenden, dem Landwirt überlassen sollte, und verwies auf den steigenden Schädlingsdruck, zum Beispiel durch den Blattrandkäfer. Er plädiere dafür, eine gute Idee auch gut umzusetzen, so Wendorff.
Zu GAP & Co.
Was den GAP-Strategieplan betrifft, begrüßt Vogel das Aussetzen des Fruchtwechsels. Roggen auf Roggen sei in Brandenburg gelebte Realität und habe nie ein Problem dargestellt, so Vogel. Er kämpfe beim Bund für eine Ausnahme für Brandenburg. „Wenn Roggen auf Roggen nicht mehr geht, haben wir ein echtes Problem“, so Vogel. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln (PSM) in Landschafts- und Vogelschutzgebieten auszusprechen, halte er für falsch. „Nicht mit uns!“, so Vogel. Er halte es für sinnvoller, den PSM-Einsatz insgesamt weiter herunterzufahren. Auf 33 % der Landesfläche von oben dekretiert ein PSM-Verbot durchzusetzen, gehe nicht. Darüber sei er mit Silvia Bender im Bundesministerium einer Meinung, so Vogel. Kopfzerbrechen bereitete ihm die hohe Nachfrage nach geförderter Stilllegung bei den Eco-Schemes. „Möglicherweise haben wir am Ende den höchsten Anteil an Stilllegung“, befürchtet Vogel.
Brandenburgs Landwirte bringen indes den Silomais zur Futtergewinnung ein und rechnen mit schlechteren Erträgen als im Dürrejahr 2018. Lagen sie vor vier Jahren im Schnitt bei 21,4 t/ha, erwarten sie 2022 selbst auf nährstoffreicheren Böden mit 20 t/ha nicht einmal die Hälfte eines normalen Ertrages.