Gerichtsurteil: Ersatz in voller Höhe
Fahrlässig gespritzt: Agrarbetrieb muss Imker entschädigen, dessen Honig wegen hoher Glyphosat-Rückstände nicht mehr verkehrsfähig war.
Weil ein Imker seine mit Glyphosat-Rückständen verunreinigte Honigernte vernichten musste, hat der dafür verantwortliche Landwirtschaftsbetrieb in voller Höhe Schadenersatz zu leisten. Zu diesem Urteil kam am Montag das Landgericht Frankfurt (Oder).
Einzelfallentscheidung: Keine generelle vollständige Haftungspflicht von Landwirtschaftsbetrieben
Das Agrarunternehmen habe fahrlässig gehandelt, als es einen mit blühendem Löwenzahn durchsetzten Bestand totspritzen ließ, befand die Richterin. Zwar dürften Landwirte zugelassene Mittel einsetzen, stellte sie fest. Der Anwender hätte aber
erkennen müssen, dass für die Bienen des Berufsimkers eine reale Gefahr besteht: Wegen der nebenan blühenden Robinien standen die Magazine schon seit Längerem neben dem behandelten Feld. Insofern, das machte die Richterin laut Medienberichten deutlich, handele es sich um eine Einzelfallentscheidung. Eine generelle vollständige Haftungspflicht von Landwirtschaftsbetrieben ließe sich daraus jedoch nicht ableiten.
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4.660 kg Honig unbrauchbar
Die gesamte Honigernte der in Biesenthal im Landkreis Barnim ansässigen Imkerei Seusing war nicht mehr verkehrsfähig. Alles in allem musste Inhaber Sebastian Seusing auf Anweisung der brandenburgischen Lebensmittelüberwachungsbehörde 4.660 kg Honig entsorgen. Von der Landwirtschaftsgesellschaft Stadtgüter Berlin Nord KG mit Sitz im benachbarten Rüdnitz forderte er für 550 kg davon Schadenersatz.
Für verlorene Einnahmen aus Honig und Wachs, Entsorgungskosten sowie zusätzlichen Arbeitsaufwand machte er vor Gericht einen Schaden von 14.455 € geltend.
Landgericht gab Klage des Imkers in vollem Umfang Recht
Die ihn unterstützende Aurelia-Stiftung berief sich u. a. auf den Hinweis des Landespflanzenschutzdienstes, wonach der Einsatz glyphosathaltiger Herbizide in blühenden Beständen nicht der guten fachlichen Praxis entspreche. Das beklagte Unternehmen
hatte im Lauf der zweijährigen Verhandlung eingewendet, der Imker hätte den Betrieb über das Aufstellen von knapp 90 Völkern
informieren müssen und trage daher eine Mitschuld. Das ließ das Gericht jedoch nicht gelten, denn die Beuten am Feldrand seien
nicht zu übersehen gewesen. Der Klage des Imkers, der seinen Betrieb nach dem Vorfall aufgegeben hatte, gab das Landgericht nun im vollen Umfang Recht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Revision möglich. red