Illegale Preisabsprachen

Harte Kartellstrafen für sieben Unternehmen

Entstanden den Landwirtschaftsbetrieben durch die Preisabsprachen finanzielle Nachteile? Die bestraften Händler verneinen das. (c) Sabine Rübensaat
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Im Verfahren über illegale Absprachen beim Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln hat das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von insgesamt 154,6 Mio. Euro verhängt. Weil sie sich über Preislisten, Rabatte und einige Einzelpreise beim Verkauf an Einzelhändler und Endkunden verständigt hatten, müssen sieben Großhändler Kartellstrafen zahlen.

Das Bundeskartellamt informierte am Montag über die Ergebnisse seiner Ermittlungen gegen 13 Landhandelsunternehmen, denen wettbewerbsverhindernde Methoden vorgeworfen wurden. Sieben Firmen müssen teils hohe Strafen entrichten. Betroffen sind den Angaben der Bundesbehörde zufolge neben der Agravis Raiffeisen AG und der BayWa AG auch diese Unternehmen:

  • Agro Agrargroßhandel GmbH & Co. KG, Holdorf,
  • BSL Betriebsmittel Service Logistik GmbH & Co. KG, Kiel,
  • Getreide AG, Rostock, sowie
  • Raiffeisen Waren GmbH, Kassel und
  • ZG Raiffeisen eG, Karlsruhe.

Der Beiselen GmbH in Ulm, die als erste mit dem Bundeskartellamt kooperiert hatte, wird aufgrund des beim Kartellamt „Bonusregelung“ genannten Kronzeugenvorteils das Bußgeld erlassen. Gegen zwei weitere Unternehmen werde noch ermittelt; darüber hinaus seien die Verfahren gegen drei weitere Händler und zwei Verbände eingestellt worden, berichtete die Behörde. Der Löwenanteil der Bußgelder entfällt auf die BayWa und die Agravis, die sich in sogenannten Settlements zu einer Strafzahlung von bis zu 68,6 Mio. Euro beziehungsweise 43,7 Mio. Euro bereiterklärt hatten.

Laut Kartellamtspräsident Andreas Mundt haben die Ermittlungen der Wettbewerbshüter gezeigt, dass die Unternehmen seit dem Jahr 1998 bis zum Zeitpunkt der Durchsuchung im März 2015 jeweils im Frühjahr und im Herbst ihre Preislisten für Pflanzenschutzmittel miteinander abgestimmt haben. Grundlage dafür sei eine gemeinsame Kalkulation der Großhändler gewesen, die weitgehend einheitliche Preislisten für Einzelhändler und Endkunden zur Folge gehabt habe. Vor allem in den ersten Jahren hätten einige Unternehmen die abgestimmte Preisliste einfach übernommen und „faktisch nur noch ihr Firmenlogo über die fertige Liste gesetzt“.

Pflanzenschutz-Preise zweimal pro Jahr abgestimmt

Nach Angaben des Bundesamts trafen sich die Beteiligten in der Anfangszeit des Kartells mehrmals im Jahr, um sich auf die Listenpreise zu verständigen. In den späteren Jahren erfolgte die Abstimmung überwiegend schriftlich und telefonisch. Die vier führenden Großhändler im Markt, zwei genossenschaftliche sowie zwei private, hatten die Vorabstimmung der Kalkulation dieser Preisangaben übernommen; im Anschluss gab es weitere Absprachen mit den übrigen Unternehmen.

Das Ergebnis der Abstimmung wurde in Form von Kalkulationsschemata sowie fertig berechneten, rabattfähigen Brutto-Preislisten allen Beteiligten jeweils zur Frühjahrs- und Herbstsaison zur Verfügung gestellt. Bis zum Jahr 2008 hätten sämtliche betroffenen Großhändler mit Ausnahme der Getreide AG für zentrale Produkte teilweise auch die zu gewährenden Rabattspannen sowie anteilig Abgabepreise gegenüber Einzelhändlern ohne weitere Nachlässe abgesprochen, begründete die Kartellbehörde ihre Urteile.

AbL ruft auf, Schadenersatz geltend zu machen

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Urteile dazu aufgerufen, Schadensersatzansprüche gegenüber den Unternehmen geltend zu machen. Der Verband sei im Gespräch mit einer Kanzlei, um die Bauern hierbei rechtlich zu unterstützen, hieß es in einer Pressemitteilung vom Montag. Landesgeschäftsführer Reiko Wöllert sprach davon, dass „Größen des genossenschaftlichen und gewerblichen Agrarhandels offenbar massenweise Bauern und Bäuerinnen geprellt“ hätten.

Die Agentur dpa berichtete am selben Tag, eine US-amerikanische Anwaltskanzlei wolle Schadenersatzansprüche von Kunden der betroffenen Großhändler geltend machen. Sowohl die BayWa als auch Agravis bestreiten, dass durch die „grüne Listen“ Nachteile für Landwirte oder Primärgenossenschaften entstanden seien. Sie hätten lediglich als Grundlage für individuelle Preisverhandlungen gedient, hieß es ähnlich lautend bei beiden Unternehmen. (Redaktion mit AgE, aktualisiert am 14. 1.)