Jagdschule: Jagdausbildung in der Corona-Pandemie?
Corona-bedingt müssen aktuell alle Schulen geschlossen bleiben, der Unterricht findet online statt. Das gilt auch für Kurse zur Jägerprüfung. Wir haben die Jagdschule Falknerschmiede in Güstrow besucht, um zu erfahren, wie man jetzt das „grüne Abitur“ ablegen kann.
Wer in Deutschland Wild erlegen will, braucht einen gültigen Jagdschein. Um den von der Unteren Jagdbehörde zu bekommen, muss man die Jägerprüfung bestehen und eine spezielle Haftpflichtversicherung abschließen. Doch was hier so simpel klingt, ist in der Praxis gar nicht so einfach – und aktuell sogar noch einmal schwieriger geworden.
„2020 wäre unser Rekordjahr geworden. Alle Kurse waren ausgebucht, aber dann kam Corona“, schaut Andreas Martens betrübt zurück. Er und seine Schwester Maria bereiten mit ihrer Jagdschule Falknerschmiede normalerweise jedes Jahr gut 120 jagdliche Laien auf die staatliche Jägerprüfung vor. Doch momentan dürfen sie nicht mehr arbeiten. „Seit Gründung der Jagschule war jedes Jahr immer besser als das vorhergehende“, weiß Maria zu berichten und nimmt dann kein Blatt vor den Mund: „Wenn sich demnächst nicht bald etwas zum Guten wendete, steht auch die Existenz unseres Unternehmens auf dem Spiel.“
Jagd ist Bestandteil der Familie
Die beiden Mecklenburger sind Vollblutjäger durch und durch. Seit Generationen ist die Jagd Bestandteil ihrer Familie. Opa Waldemar zum Beispiel war Landesforstmeister und trug über drei Jahrzehnte die forst- und jagdliche Verantwortung für den Wald auf dem Darß, das exklusive Jagdrevier auf der Ostseehalbinsel, wo nur Mitglieder des Politbüros jagen durften. Ihr Vater Klaus ist Förster und züchtet erfolgreich Jagdhunde der Rasse Deutsch Kurzhaar (DK). Die Geschwister wuchsen daher praktisch im Revier auf und machten auch sehr schnell den Jagdschein. Später erlernten beide den Beruf des Forstwirts und Andreas hängte noch ein Forstwirtschaftsstudium dran. Danach arbeitete er als Jagdausbilder an mehreren Jagdschulen, bevor er 2012 seine eigene eröffnete und Maria mit einstieg. Die Ausbildung ihrer Jagdschüler erfolgt im Güstrower Wildpark MV. Durch die optimale Lage der Seminarräume kann das Fach Wildtierkunde deshalb sogar direkt am Tier unterrichtet werden.
Dass die beiden ihr Handwerk verstehen, zeigt sich an den durchweg positiven Kommentaren im Internet und der sehr hohen Quote an bestandenen Prüfungen. Über 95 % ihrer Jagdschüler und -schülerinnen schaffen das „grüne Abitur“ dabei gleich im ersten Anlauf. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sie die zwei Wochen mit täglicher Ausbildung, mehrfachem Schießtraining sowie Jagdpraxis und Revierarbeiten wirklich ernst nehmen und fleißig lernen. Die dreitägige Jägerprüfung ist wie überall in Deutschland eine staatliche. Die Prüfungskommission besteht aus gestandenen Weidmännern und -frauen sowie Vertretern der Unteren Jagdbehörde und schenkt keinem etwas. Dafür wird diese Prüfung dann auch deutschlandweit anerkannt. Und jeder kann in seinem Bundesland damit den ersten Jagdschein lösen.
Jagdschule Unfreiwillig in den Betriebsferien
Das ersten Mal mussten die beiden im März 2020 ihre Jagdschule pandemiebedingt für zwei Monate schließen. In dieser Zeit erarbeiteten sie ein Hygienekonzept das u. a. Plexiglasscheiben im Seminarraum, viel lüften und noch mehr Ausbildung unter freiem Himmel sowie reichlich Desinfektionsmittel beinhaltete. Nachdem das vom Gesundheitsamt bestätigt wurde, durften sie mit halber Kursstärke (maximal acht Jagdschülern) bis November wieder ausbilden. Seitdem sind sie jedoch unfreiwillig in Betriebsferien, und Maria muss neue Interessenten immer wieder auf später vertrösten. Jetzt hoffen sie, im März wieder einen verkleinerten Kurs unterrichten zu können. Genügend Anfragen liegen vor. Bis September sind sie bereits wieder ausgebucht. Auch die Falknerscheinkurse und die Motorsägenlehrgänge, die die beiden ebenfalls anbieten, sind nach wie vor gefragt, aber müssen bis jetzt ebenso ausfallen. „Momentan warten wir immer noch auf die Novemberhilfe“, berichtet Andreas. „Kurzarbeitergeld gibt es für uns als Selbstständige ja nicht.“ Mittlerweile sind die beiden daher auch wieder in ihrem ehemaligen Ausbildungsberuf tätig und übernehmen als Subunternehmer Forstarbeiten.
Was die Zusammensetzung ihrer Kurse betrifft, seien eigentlich alle Berufsgruppen und Altersklassen vertreten. Und sie kämen aus ganz Deutschland, von Bayern bis Mecklenburg. Interessant sei, dass der Anteil der Frauen in den letzten Jahren immer weiter zugenommen habe. Und auch die Motivation, warum jemand eine Jägerprüfung ablegen will, habe sich geändert. „Früher waren es vor allem die Söhne der Jägerfamilien oder Frauen, die einen Jagdhund besaßen, die den Jagdschein machen wollten“, meint Andreas. „Heute kommen immer mehr Kursteilnehmer, die neben der Liebe zur Natur bewusste Ernährung als ihren Beweggrund ins Feld führen.“ Abgeschreckt durch diverse Berichte sei ihnen der Appetit auf Fleisch aus dem Supermarkt vergangen, weshalb sie künftig gern auf Wildfleisch zurückgreifen wollten.
Bislang habe nur das vorgegeben Kontingent an Prüfungsplätzen die Teilnehmerzahl ihrer Jagdscheinkurse begrenzt, erklärt Maria. Neun Jagdschulen gibt es im Landkreis Rostock und die Untere Jagdbehörde legt die jeweilige Anzahl an Prüflingen fest, um die Prüfer nicht zu überfordern und das Niveau weiter hoch zu halten. Eine Online-Jägerausbildung sei für sie übrigens keine Option. Allein schon der sichere Umgang mit Büchse, Flinte oder Drilling, der ja eine Grundlage des Weidwerks darstellt, erfordere etliche Stunden praktischer Übung. „So etwas lässt sich nicht per Internet machen. Dazu muss man die Waffen in der Hand haben.“
Auch künftig brauchen wir Jungjäger
Was die beiden sympathischen Mecklenburger allerdings verwundert, ist der Umstand, dass die Jägerausbildung nicht überall in Deutschland untersagt wurde. In einigen Bundesländern dürfen – mit starken Einschränkungen zwar – weiterhin Vorbereitungskurse auf die Jägerprüfung durchgeführt werden. Und auch wenn die Zahl der Jägerinnen und Jäger in Deutschland mit über 397.000 im vergangenen Jahr ihren bisherigen Höchststand erreicht hat, sei es allein schon wegen der Afrikanischen Schweinepest, den steigenden Wildschäden und dem notwendigen Umbau der Wälder wichtig, dass es auch weiterhin ausreichend Jungjäger gibt. Man kann deshalb nur hoffen, dass auch die Jagdschulen von Landesregierung wie Jägerschaft möglichst viel Unterstützung erhalten. Nichts schadet der Jägerschaft und dem Weidwerk mehr als schlecht ausgebildete Jäger.