Im Hochsommer ist die Blütezeit des Jakobskreuzkrautes. Eine kleine, gefräßige Raupe - der Blutbär - hilft. (c) Scorsby/stock.adobe.com

Kampf gegen Jakobskreuzkraut: Blutbär hilft nachweislich

Blutbär gegen Jakobskreuzkraut: Ein Biolandwirt in der Rostocker Heide setzt auf natürliche Schädlingsbekämpfung, um die giftige Pflanze einzudämmen und seine Weideflächen zu retten. Was es dabei zu beachten gilt.

Von Nicole Gottschall*

Dem Biolandwirt Karl-Detlef Matthes und seinem Betriebsleiter Daniel Homeyer reicht‘s: Weil sich auf ihren ­Flächen in der Rostocker Heide die für Tiere gefährliche Gift­pflanze Jakobskreuzkraut ungehindert ausbreitet, greifen sie zu neuen Mitteln. Statt mit herkömmlichen Methoden wie Mähen, Herausziehen oder Abbrennen, die dem unerwünschten Aufwuchs fast nichts anhaben oder nur kurzzeitig Abhilfe schaffen können, sagen sie dem Jakobskreuzkraut nun mithilfe des Blutbären den Kampf an.

Jakobskreuzkraut: Landwirte haben Sorgen

Während die unscheinbar wirkende und in den Sommermo­naten prächtig gelb blühende Pflanze bei dem ein oder anderen Naturliebhaber für optische Naturhighlights sorgen mag, treibt sie Landwirten und vor allem Weidetierhaltern Sorgenfalten auf die Stirn. Denn die scheinbar grenzenlose Ausbreitung gefährdet ­ihre Tiere. Fressen Pferde, Rinder, Schafe oder Ziegen davon, kann das zu Leberschäden oder sogar zum Tod führen (Tabelle).

Futter für den Winter ist oft unbrauchbar

Meiden die Weidetiere noch meistens die frischen Pflanzen auf der Fläche, ist eine Aufnahme der Giftstoffe, sogenannte Pyrroli­zidin-Alkaloide (PA), in Heu, Heulage oder Mähgut unumgänglich, weiß auch der Betriebsleiter. Denn das Jakobskreuzkraut ver­liere im getrockneten Zustand seine Giftigkeit nicht, dafür jedoch – besonders tückisch – den für Pflanzenfresser alarmierenden bitteren Geschmack.

Nutzung der Weide ist für die Kühe unmöglich

Einzelne ­Flächen des ökologisch wirtschaftenden Betriebes seien so stark von der Giftpflanze befallen, dass eine Nutzung als Weide für die ­etwa 450 Mutter­kühe und Nachzucht oder zur Heubergung nahezu unmöglich sei, beschreibt Homeyer die Si­tuation. „Das Futter für die Wintermonate ist dann meistens unbrauchbar, und wir müssen es entsorgen.“ Das ist für Land- und Tierwirte nicht nur ­ärgerlich, sondern macht auch die eigene ­Arbeit zunichte und kostet Geld.

Um diesen Zustand nicht einfach hinzunehmen, suchte der Betrieb unermüdlich nach Lösungen und stieß nach eigenen Recherchen auf einen natürlichen Feind des Jakobskreuzkrautes: den Blutbären. Dabei handelt es sich um einen Schmetterling, dessen auffallend gelb-schwarz gestreifte Raupen sich auf die Giftpflanze spezialisiert haben. Der Falter legt seine Eier auf die Pflanzen, bevor die Raupen diese langsam ab­fressen und so die Verbreitung der Samen eindämmen. Gut zu wissen: Für Menschen sind die Raupen ungefährlich. Das Gift des Kreuzkrautes macht sie allerdings unappetitlich für Fraßfeinde wie Mäuse oder Vögel.

Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) mit Insekten
Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) mit Insekten (c) Scorsby/stock.adobe.com

Raupe Nimmersatt: Blutbär eignet sich zur Bekämpfung

Mit diesem Wissensgewinn war für Betriebsleiter Homeyer klar, das probieren sie aus. Zumal er eigenen Angaben zufolge den Nützling bereits zuvor vereinzelt auf seinen Flächen entdeckt hatte: „Die schwarz geringelten Raupen waren schon da, nur hatten wir nicht das Know-how, sie richtig einzusetzen.“ Doch das änderte sich durch die Unterstützung von Landwirt Andreas Frahm, einen Experten aus Schleswig-Holstein, der ihn bei der Besiedlung des Blutbären auf seinen Flächen berät. Frahm gehe nach bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass sich das Jakobskreuzkraut so ­binnen vier Jahren zurückdrängen lasse.

Bewirtschaftung für Blutbären angepasst

Und so wurde in Teilen die Bewirtschaftung in der Rostocker Heide geändert, beispielsweise der Schnittzeitpunkt angepasst und in die Abendstunden verlegt, erklärt der Betriebsleiter. Dadurch habe der Blutbär bessere Chancen, sich zu entwickeln. Wobei er vom Grundsatz her bereits optimale Bedingungen vorfinde, sich zu vermehren. „Viele unserer Flächen liegen in Naturschutzgebieten, sind Schon- oder Ausgleichsflächen und extensives Grünland“, sagt Homeyer zufrieden.
Was dem Biolandwirt hingegen böse aufstößt: „Auf einem Streifen von 100 Metern wurden offenbar Blütenköpfe abgeschnitten. Jemand hat ohne Genehmigung wahrscheinlich Raupen entwendet.“ Das sei nicht nur für sie sehr ­ärgerlich, sondern auch für den Täter strafbar. Denn was viele nicht wissen: Die Entnahme von streng geschützten Arten, wie dem Blutbären, aus ihrem an­gestammten Lebensraum ist nach Bundesnaturschutzgesetz § 44 verboten. * mit pm biopark

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