Landwirte helfen bei Aufräumarbeiten: Geste der Solidarität statt Gerstenernte
Seit Tagen schockieren die Bilder vom Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen die Menschen in Deutschland. Nachdem viele Anwohner in Sicherheit gebracht wurden, sinkt der Wasserstand. Neben Einsatzkräften von Feuerwehr, THW und Bundeswehr packen vor allem Landwirte bei den Aufräumarbeiten mit an.
Von Annett Gefrom und David Benzin
Landwirtinnen und Landwirte machen sich wieder auf den Weg quer durch Deutschland. Diesmal aber nicht aus Protest, sondern als Zeichen der Solidarität mit den Betroffenen der Hochwasser-Katastrophe in der Eifel. Nachdem der Hochwasserpegel der vergangenen Tage wieder sank und immer mehr Menschen in Sicherheit sind, laufen die Bergungs- und Räumarbeiten. Neben Hilfsdiensten wie Technischem Hilfswerk, Feuerwehr und der Bundeswehr sind vor allem Landwirtinnen und Landwirte vor Ort, um zu helfen. Nicht nur aus den betroffenen Bundesländern, auch aus anderen Teile Deutschlands wollen sie helfen – mit Arbeitskraft, Maschinen und Spenden.
Thüringer Landwirte helfen im Hochwassergebiet
Nach einer Anfahrt von etwa 600 km kommen Landwirte aus Sachsen, Thüringen und anderen Regionen in Ostdeutschland dahin, wo keine intakte Straße mehr ist. Sie wollen beim Aufräumen helfen. Um Berge von Schlamm, Schutt und Müll abzutransportieren sucht u. a. die Kreisverwaltung Trier-Saarburg über Land schafft Verbindung (LsV) nach schwerem Räumgerät. Landwirte wie Martin Eudenbach, Lohnunternehmer wie Markus Wipperfürth und „Azubi Wilhelm Hartmann“ sowie die Vereinigung der Landesschafzuchtverbände haben sich kurzerhand über LsV, Facebook und WhatsApp-Gruppen organisiert.
Rund 50 Landwirte mit ihren Traktoren, Radlader, Mulden und Pumpenwagen haben als erstes mit angepackt, um provisorische Schotterstaßen befahrbar zu machen. Sie helfen der Bevölkerung und ihren Kollegen auf den noch am Wochenende von der Außenwelt abgeschnittenen Höfen in der Eifel.
Derzeit sind noch viele Ortschaften entlang der Flüsse nicht erreichbar. Auf dem Hof Martin Fisch in Birtlingen (Südeifel), der seit Generationen von der Familie bewirtschaftet wird, ließ der Fluss Nims fünf Schlepper aufschwimmen – bei einem Pegelstand von bis zu 3 m. Auch die Mastputen der Fischers wurden weggespült.
Noch immer werden Menschen in der Krisenregion vermisst. Man findet weggeschwemmte Tierkadaver in den Bäumen, berichten Helfer vor Ort wie Silke Roth. Auch von vorbeischwimmenden Rindern, Pferden etc., die nicht aus dem Wasser gerettet oder erlöst werden konnten, berichtet sie.
Organisiert werden Hilfsgüter wie Lebensmittel, Kleidung, Handtücher – Dinge, die die Bevölkerung im Krisengebiet nun am nötigsten braucht. Aber auch Futterspenden und Material wie Weidezaun für Höfe und Tiere werden gespendet. Am Wochenende wurden drei Lager für Heu, Stroh und Silage eingerichtet. Von dort kann der Bedarf innerhalb kurzer Zeit verteilt werden.
Auch der Nürburgring wurde als Hilfszentrum eingerichtet. Herrenlose Tiere (Schafe, Pferde) kommen in der Nachbarschaft unter oder es werden Pensionsweiden durch Berufskollegen angeboten und verletzte Tiere werden zur Tierklinik gebracht. Helfende Landwirte waren z.T. in der Vergangenheit selbst von Hochwasser, wie 2002 in der Elbe, betroffen und bringen die Erfahrungen für die Organisation zur Selbsthilfe mit.
Im Hochwasser-Krisengebiet: Hilfe von nah und fern
In der Region und von allen Bundesländern – von Hessen, Bayern und Rheinland Pfalz sowie aus Sachsen und Thüringen und selbst aus dem angrenzenden Belgien werden Futterspenden, Technik und Transport- und Lagerlogistik angeboten und über Helfende vor Ort verteilt. Doch „es bringt kaum etwas, auf gut Glück und ohne Rücksprache loszufahren,“ meint Helferin Silke Roth. Die Getreideernte vor Ort ist erstmal verschoben.
Hilfe aus der Südthüringer Rhön
Auch in der Südthüringer Rhön brachen am vergangenen Wochenende 30 Sattelschlepper und Lkw auf, um Silo-, Heu- und Strohballen in Überflutungsgebiete nach Nordrhein-Westfalen zu transportieren. Eine erste Anfrage von regionalen Landwirten, die über Land schafft Verbindung (LsV) und soziale Medien vernetzt sind, erreichte Jörg Bach von der HDK Handels- und Dienstleistungsgesellschaft mbH in Kaltensundheim/Rhön am Sonnabendmorgen.
Am Standort des Agrardienstleisters traf im Laufe des Tages Futter von umliegenden Landwirtschaftsbetrieben ein. Spontan sagten andere Firmen – Speditionen, Landhändler, Handwerksbetriebe oder Entsorgungsfirmen – weitere Transportkapazitäten zu. Bach zufolge wird es in Kürze neue Hilfslieferungen geben. Etliche Lkw-Futterladungen lägen bereits im Bergeraum der Landschaftspflege-Agrarhöfe GmbH.
Hier können Sie Hilfsangebote machen und Gesuche der Betroffenen finden:
- Forum für die Landwirtschaft von Land schafft Verbindung
- Nährstoff- und Futtermittelbörse der Maschinenrings
- Spendenaufruf des Deutschen Bauernverbandes (DBV) über die Schorlemer-Stiftung
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