Bauer sucht Partei

Hubert Aiwanger bei LsV Sachsen in Grimma: Das ist völlig gaga!

Die Foren zur Landtagswahl 2024 sind gestartet. Zu Gast in Grimma: Hubert Aiwanger und Matthias Berger. (c) IMAGO / Metodi Popow
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Mit Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister in Bayern, startete LsV Sachsen seine Foren zur Landtagswahl 2024. Der Gast von den Freien Wählern fand deutlich Worte für das, was aus seiner Sicht in Deutschland falsch läuft.

Von Karsten Bär

Gemessen am Applaus gab es offenbar viel inhaltliche Übereinstimmung: Bei einer von Land schafft Verbindung Sachsen (LsV Sachsen) organisierten Veranstaltung in Grimma sind Landwirte aus dem Freistaat auf den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und den Spitzenkandidaten der Freien Wähler für die sächsischen Landtagswahl, den Grimmaer Oberbürgermeister Matthias Berger, getroffen.

Unter dem Motto „Bauer sucht Partei“ sollte den beiden Politikern auf den Zahn gefühlt werden. Dies sei der Auftakt für weitere Veranstaltungen mit anderen Parteien, wie Marc Bernhardt, sächsisches Vorstandsmitglied von LsV Deutschland und Moderator der Runde in Grimma, zu verstehen gab.

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Hubert Aiwanger und Matthias Berger in Grimma

Ursprünglich sei nur ein internes Treffen geplant gewesen, in dem er mit Hubert Aiwanger über die sächsische Landtagswahl reden wollte, sagte Matthias Berger. Nachdem LsV Sachsen ebenfalls Interesse bekundete, mit Aiwanger ins Gespräch zu kommen, habe dieser sich schließlich zu einer öffentlichen Veranstaltung bereit erklärt. Er freue sich, mit „normalen Menschen“ zu reden, so Aiwanger zu Beginn im Grimmaer Ratssaal. „Mit Menschen, die merken: Es läuft etwas schief in diesem Land. Mit Menschen, die sich nicht vom woken Mainstream an der Nase herumführen lassen.“

Als Vertreter für die Interessen des ländlichen Raums will sich auch Oberbürgermeister Matthias Berger verstanden wissen. Nicht nur das Beispiel der verspäteten Agrarzahlungen zeige, dass „der Staat zunehmend dysfunktional ist“. Was aus ihrer Sicht schiefläuft im Land, erklärten der Gast aus Bayern und Oberbürgermeister Berger in der anschließenden Fragerunde.

Aiwanger: Mehr Wölfe als in Schweden

Der Wolf habe wie jedes andere Tier das Recht, auf der Erde zu leben, so Aiwanger. „Wenn er aber in die Dörfer geht oder die Tiere auf der Weide angreift, dann muss er reguliert werden.“ In Deutschland gebe es mehr Wölfe als in Schweden. Dennoch werde von einem schlechten Erhaltungszustand geredet. Dass man darauf warte, dass Wölfe ganz Deutschland besiedeln, sei „völlig gaga“. Die hohe Wolfsdichte kritisierte auch Matthias Berger, ebenso wie praxisferne Regelungen für Vergrämung oder Entnahme von Problem-Wölfen.

Von Quoten für den Ausbau der Biolandwirtschaft hält Aiwanger nichts. „Vorgaben machen den Markt kaputt“, sagte er. Es müsse nachfragegerecht produziert werden. Ernährungssicherheit als Staatsziel festzuschreiben, befürworte er indes. Es sei nicht klug, sich vom Ausland abhängig zu machen, während man im eigenen Land Flächen stilllege. Für Importe müssten zudem die gleichen Standards wie für im eigenen Land produzierte Ware gelten – auch für ukrainisches Getreide, so Aiwanger.

Gäste bei der LsV Sachsen in Grimme
Gast aus Bayern: Hubert Aiwanger (M.) stellte sich den Fragen von Marc Bernhardt, sächsisches Vorstandsmitglied von LsV Deutschland, ebenso wie Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger (r.). (c) Karsten Bär

„Grüne Irrwege“ bei Tierhaltung beenden

Gefahr für die Landwirtschaft sieht der bayerische Politiker in der marktbeherrschenden Stellung weniger Konzerne im Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Zunehmend gebe es Bestrebungen des LEH, ganze Produktionsstufen bis hin zum Erzeuger aufzukaufen. „Andersherum ist es richtig“, so Aiwanger. Die Landwirte müssten mehr an der Wertschöpfung teilhaben. Dies werde jedoch durch überbordende Bürokratie gehemmt, die jedem kleinen Hofladen zu schaffen mache.

Auch andere gesetzliche Vorgaben, wie etwa die Düngeverordnung, seien nicht an der Realität orientiert und eher Ausdruck einer „Anti-Tierhaltungspolitik“. Dies habe letztlich auch Auswirkungen auf Natur-und Artenschutz. Es sei ein „grüner Irrweg“, die Tierbestände weiter zu reduzieren und Fleisch dann aus dem Ausland zu importieren. Diese Politik instrumentalisiere auch Bürgerinitiativen, die gegen neue Ställe im ländlichen Raum protestierten, ergänzte Oberbürgermeister Berger.

Erneuerbare Energien: Bürokratie-Auswüchse wieder zurückdrängen

Während Berger bei der Nutzung erneuerbarer Energien eher zurückhaltend agiert und beispielsweise im Gebiet seiner Stadt keine Solarparks auf Landwirtschaftsflächen entstehen sehen will, sieht Aiwanger darin eine wichtige Wertschöpfungsmöglichkeit auch für Landwirte. Eine ländliche Region sollte das aus ihrer Sicht Beste aus erneuerbaren Energien rausholen, „ohne sich dabei über den Tisch ziehen zu lassen“, sagte er. Es gebe interessante Agri-PV-Modelle, und auch Windkraft „sollten wir nicht schlechtreden“, so der Politiker. Ebenso sollte Biogas maximal ausgereizt werden, um Vermarktungsalternativen für Inputstoffe zu schaffen – und eine grundlastfähige Energiequelle zu nutzen.

Auch aus Holz als Energieträger sei noch mehr herauszuholen. Vor Ort müssten Konzepte entwickelt und Wärmenetze aufgebaut werden. Hinderlich seien in diesem Zusammenhang sich häufig ändernde rechtliche Vorgaben und ein Übermaß an Bürokratie. Zu leiden hätten darunter jedoch nicht nur Landwirte. Auch Gastwirte oder Handwerker seien mit „so viel Gesetzesklimbim konfrontiert“. „Wir müssen Vernunft einfordern und diesen überbordenden Unsinn zurückdrängen“, gab Aiwanger als Anspruch aus.

Für die Akzeptanz erneuerbarer Energien sieht Oberbürgermeister Berger speziell in Sachsen Nachholbedarf bei den Beteiligungen aus den Einkünften. Andere Bundesländer seien hier weiter. Viel Kritik äußerte er auch über den Umgang des Freistaates mit den Kommunen, deren Finanzkraft bei wachsenden Aufgaben und Kosten geschwächt werde. In der Staatsregierung sieht Berger Einsparpotenzial bei Ministerien wie dem für Tourismus oder Regionalentwicklung, die, wie er sagte, nach der letzten Wahl zur Schaffung von Posten gebildet worden seien.

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