Bester Ausbildungsbetrieb 2023: Agrargenossenschaft Hellbach Neubukow
Ausgelassen freuen kann sich die Agrargenossenschaft Hellbach Neubukow über den Titel Ausbildungsbetrieb des Jahres nicht. Zu sehr trüben politische Eingriffe die Stimmung.
Die Agrargenossenschaft Hellbach Neubukow e.G. wirtschaftet im Firmenverbund mit der Russower Landbau und Haffrind GmbH, der Landhof Roggow GmbH und der gewerblichen Tochter DHI GmbH auf 2.868 ha. Davon sind 2.550 ha Acker- und 318 ha Grünland. Angebaut werden Wintergerste und -weizen, Roggen und Raps sowie Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln zur Vermehrung, Erbsen und weitere vielfältige Kulturen.
Darüber hinaus ist das Unternehmen anerkannter Saatgutbetrieb. Der Betrieb hält zudem rund 200 Mutterkühe plus Nachzucht.
Unsere Top-Themen
• Weihnachten im Schafstall
• Sortenversuche Sommerbraugerste
• Landmaschinen mit KI
• Märkte und Preise
Bester Ausbildungsbetrieb in MV 2023
Seit 2001 hat die Agrargenossenschaft 26 Jugendliche – über Bedarf – ausgebildet, seit 2006 auch im Berufsbild Fachkraft Agrarservice. Derzeit lernen jeweils ein Auszubildender im ersten und zweiten sowie zwei Auszubildende im dritten Lehrjahr den Beruf des Landwirtes – einer in Verbindung mit Fachhochschulreife und einer in Form des Dualen Studiums.
Neben den vier Auszubildenden beschäftigt der Betrieb 18 Mitarbeiter – darunter zwei mit Ausbildereignung –, weitere sechs Mitarbeiter arbeiten im gewerblichen Bereich. Dass die umfangreiche, vielfältige Betriebsstruktur junge Menschen für die Ausbildung anlockt, sie von der Arbeit begeistert und auch über die Lehre hinaus vor Ort hält, davon konnten wir uns bei unserem Besuch überzeugen.
Die vier Nachwuchskräfte Simon Schlotmann, Cassian Bardehle, Christoph Walter und Abel Tuinier Hofmann sind voll im Team integriert und wie jeder andere Mitarbeiter mit Arbeitskleidung sowie einem eigenen Tablet samt spezieller Software ausgestattet, mit dem die Arbeiten genau erfasst werden.
Denn neben klassischen Lehrunterweisungen und Hilfsarbeiten bei erfahrenen Kollegen bekommen die Auszubildenden im Rahmen ihres Wissenstands und Leistungsvermögens auch anspruchsvolle, eigenständig zu erledigende Aufgaben übertragen. So zeichnen sich beispielsweise die Azubis beim betriebseigenen Rapssortenversuch mitverantwortlich.
Auszubildende einbinden
Vorstandsvorsitzender und Ausbildungsleiter Torsten Harder weiß nämlich genau, wie wichtig es ist, die Nachwuchskräfte von Beginn an mit einzubinden, ihnen Verantwortung zu überlassen und unter anderem auch früh selbst (große) Maschinen fahren zu lassen. Fordern und fördern im gleichen Maße motiviere nicht nur die jungen Leute, sondern sei auch ein Mehrgewinn für den Betrieb, da neue Ansichten und Herangehensweisen mitgebracht werden.
Die Arbeit mit den angehenden Landwirten und Fachkräften Agrarservice gehört für Harder einfach zum Betriebsalltag dazu, bereitet ihm große Freude und somit gibt er gern sein Fachwissen weiter. Da verwundert es auch nicht, dass wir vor Ort auf zwei junge Facharbeiter – Hannes Alt und Hannes Bleck – treffen, die ihre Ausbildung in Neubukow erfolgreich abschlossen und seitdem fest zum Mitarbeiterstamm gehören und sich teils sogar noch zum Meister eiterbildeten.
Schulische Leistungen und Soziale Fähigkeiten
Doch nicht nur die praktischen Arbeiten sind dem Betriebschef wichtig. Für ihn zählen auch besonders die schulischen Leistungen und sozialen Fähigkeiten – Kopfnoten wie Fleiß, Betragen, Mitarbeit. „Bei uns gilt der Leitsatz, dass keine einzige Schulstunde ausfällt“, erklärt Harder, der auch Vorsitzender der Prüfungskommission Fachkraft Agrarservice ist.
Einmal wöchentlich kontrolliert er daher streng, ob das Berichtsheft ordentlich geführt wird. „Da lasse ich keine Luft ran.“ Wer Lernschwierigkeiten hat, bekommt Unterstützung in der Abendschule oder auch mal eine Freistellung, um nachzuarbeiten. „Und wer seinen Abschluss mindestens mit der Note Drei schafft, wird von uns übernommen.“
Genau für diese Einsatzbereitschaft und Weitsicht sowie das umfassende Engagement beim Nachwuchs wird die Agrargenossenschaft auf der MeLa als Ausbildungsbetrieb des Jahres 2023 geehrt.
Auszeichnung ablehnen?
Doch die Freude darüber ist getrübt und die Verantwortlichen im Unternehmen haben sich offen mit dem Gedanken getragen, die Auszeichnung abzulehnen. Der Grund sind aktuelle politische Entscheidungen und Leitplanken. So werden Landesflächen derzeit beispielsweise fast ausschließlich an ökologisch wirtschaftende Betriebe vergeben und konventionell arbeitende mit mehr als 1.500 ha Fläche bekommen gar keine Pachtverlängerung ohne Ausschreibung und sind teils ausgeschlossen.
„Wir wirtschaften hier regional verankert und sozial verantwortungsvoll – und doch sind wir politisch nicht gewollt. Ich wünsche mir vom Land, sich auch zu Betriebsstrukturen wie der unseren zu bekennen und die Leistungen wertzuschätzen“, sagt Torsten Harder.
Attraktive Arbeitsverhältnisse, flexiblere und freizeitfreundlichere Arbeitszeiten sowie die Chance für Aus- und Weiterbildung sind erst ab einer bestimmten Betriebsgröße und -struktur möglich. Das müsse berücksichtigt werden und sollten auch Kriterien bei Flächenvergaben sein.
Ausbildungsbetrieb des Jahres
Wer Jugendliche heute für die Landwirtschaft begeistern will, muss mehr denn je den Funken der Leidenschaft zünden. Er muss genau die richtige Mischung aus fachlicher Expertise und ausgezeichnetem Arbeitsklima bieten. Torsten Harder und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Agrargenossenschaft Hellbach Neubukow sind Meister darin. In der Region hat sich längst herumgesprochen, dass man dort richtig ist, wenn man ein guter Landwirt werden will.
Vom ersten Tag an gehören die Auszubildenden im Betrieb richtig dazu. Sie bekommen die gleiche Ausstattung, Tablets, Arbeitskleidung, anteilige Tantiemen, Tankgutscheine. Und sie bekommen Verantwortung und dürfen auch große Maschinen fahren. Natürlich gehört auch das Steinesammeln und Hallefegen zum Job – wir alle müssen da durch – aber es lässt sich doch besser durchhalten, wenn man weiß: Morgen geht’s auf den Drescher.
Das Unternehmen ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie ein großer Betrieb soziale Verantwortung übernimmt und entgegen aller klischeehaften Vorstellungen ein familiäres Arbeitsklima schafft und sich für die Zukunft der Region engagiert. Das zeigt sich, indem er seit mehr als 20 Jahren Azubis über Bedarf ausbildet, indem er den potenziellen Nachfolger des Nachbarbetriebes in der Ausbildung unter die Fittiche nimmt und indem er jedem Azubi, der mit einer guten Drei die Prüfung abschließt eine Übernahme garantiert.
Die Agrargenossenschaft Hellbach zeigt, wie verantwortungsbewusst, sozial und nachhaltig unsere Betriebe wirtschaften und ausbilden. Sie sorgen maßgeblich dafür, dass die nächste Generation mit großer Expertise und starken Werten die Landwirtschaft gestaltet.
aus der Laudatio
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