Pustertaler Sprinzen und Gelbvieh

Gelbvieh-Zucht in MV: Rinderzüchter Rohlfing kämpft für gefährdete Rasse

Rinderzüchter Christian Rohlfing mit Hetti, einer herausragenden Mutterkuh der Rasse Gelbvieh, die er im Sommer 2024 auf der MeLa vorstellte. © Sabine Rübensaat

Auf Gut Bad Sülze (Mecklenburg-Vorpommern) leben seltene Rinderrassen in Mutterkuhhaltung. Ziel des Landwirts und passionierten Rinderzüchters Christian Rohlfing ist die Erzeugung von Rindfleisch in bester Qualität. Mehr zur Gelbvieh-Zucht in MV:

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In den zurückliegenden Wochen hat Landwirt Christian Rohlfing seine acht Rinder, die er auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin präsentieren wollte, mit klassischer Musik aus dem Radio und einem gut gefüllten Futtereimer auf deren Einsatz vorbereitet. Ohne den ständigen Kontakt im Stall und das tägliche Aufsetzen eines Führhalfters wäre es ausgeschlossen gewesen, die Tiere an die besondere Situation in der Tierhalle 25 und im Vorführring auf der Grünen Woche zu gewöhnen, sagt der passionierte Rinderzüchter.

Rinder bleiben zu Hause: Maul- und Klauenseuche verhindert Teilnahme an der Grünen Woche

Nun bleiben seine Tiere zu Hause. In Abstimmung mit dem Berliner Veterinäramt wurde von der Messe Berlin GmbH entschieden, dass diesmal keine Paarhufer wie Rinder, Schafe und Ziegen auf der Grünen Woche vorgestellt werden. Grund ist der Ausbruch der hochansteckenden Maul- und Klauenseuche (MKS). Am 10. Januar wurde diese bei Wasserbüffeln im Landkreis Märkisch-Oderland, nicht weit von der Hauptstadt entfernt, festgestellt. „Die Seuche kann sich sehr schnell ausbreiten und schwere wirtschaftliche Verluste verursachen. Wir müssen unseren wertvollen Rinderbestand daher unbedingt schützen und die traurige Nachricht akzeptieren“, sagt Rohlfing.

Die Gutmütigkeit und die hervorragende Fleischqualität sind Merkmale, die Rohlfing an seinem Gelbvieh besonders schätzt
Die Gutmütigkeit und die hervorragende Fleischqualität sind Merkmale, die Rohlfing an seinem Gelbvieh besonders schätzt. © Astrid Wiebe

Gut Bad Sülze: Mehr als 300 Mutterkühe und vielfältige Rinderrassen

Auf Gut Bad Sülze im Landkreis Vorpommern-Rügen hält der 48-jährige Landwirt mehr als 300 Mutterkühe und 16 Zuchtbullen ganzjährig auf den Weiden. Darunter sind reinrassige Pustertaler Sprinzen, Gelbvieh, Fleckvieh, Uckermärker, Blonde d‘Aquitaine und Kreuzungsrinder aus den Stammrassen. Neben seinem ökologisch ausgerichteten Grünlandbetrieb mit Mutterkuhhaltung bewirtschaftet Rohlfing einen Ackerbaubetrieb mit 750 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Zudem baut er Weizen und Raps zur Nahrungsmittelerzeugung und Gerste sowie Mais als Futtermittel an.

Betriebsspiegel Gut Bad Sülze GmbH, Christian Rohlfing Landwirtschafts GmbH & Co. KG

Dorow 11, 18513 Grammendorf

Betriebsfläche gesamt:1.833 ha
Ackerland im konventionellen Anbau: 752 ha
Grünland im ökologischen Anbau:1.081 ha
Boden:Dorow/Bassendorf: lehmiger Sand (47 BP im Durchschnitt)
Bad Sülze: Sand (28 BP im Durchschnitt)
Mittel des Jahresniederschlags:651 mm
Arbeitskräfte:1 Betriebsleiter, 6 Mitarbeiter (davon 1 x Büro, 2,5 x Tier,
1 x Ackerbau, 1,5 x Acker/Grünland), 2 Aushilfen, 2 Auszubildende
Produktionsweise:ökologisch: Grünland, Herdbuchzucht Deutsches
Gelbvieh und Pustertaler Sprinzen, Absetzer, Mastfärsen, Heuverkauf

konventionell: Ackerbau: Raps, Weizen, Gerste, Roggen, Körnermais, Erbsen, Hafer
weitere Betriebszweige:Photovoltaik 210 kWp

Extensive Freilandmast für hochwertiges Bio-Rindfleisch

Ursprünglich im nordrhein-westfälischen Minden beheimatet, übernahm Christian Rohlfing mit 27 Jahren den Landwirtschafts­betrieb seines Vaters in siebter ­Generation.

Im Jahr 2004 zog der ausgebildete Agraringenieur mit seiner ­Familie nach Mecklenburg-Vorpommern und baute den Hof mit Mutterkuhhaltung und der Vermarktung von hochwertigem Bio-Rindfleisch auf. Seine Rinder grasen auf den nährstoffreichen Weiden im urwüchsigen und naturbelassenen Trebel- und Recknitztal und zum Teil auf den Salzgraswiesen nördlich von Bad Sülze.

Bei der extensiven Freilandhaltung muss in der Vegetationszeit kaum zusätzliches Futter bereitstellt werden.
Bei der extensiven Freilandhaltung muss für die Gelbvieh-Zucht in der Vegetationszeit kaum zusätzliches Futter bereitstellt werden. © Timo Jaworr

Vom Kalb bis zur Schlachtreife: Der Weg des Rindes auf Gut Bad Sülze

Im Alter von sechs Monaten werden die Kälber von den Muttertieren abgesetzt. Die männlichen Absetzer verkauft Rohlfing komplett an Berufskollegen. Bei den weiblichen Kälbern komme es auf die eigenen Platzkapazitäten an, so Rohlfing. „Bei uns werden grundsätzlich 50 bis 60 Tiere gemästet. Da es sich um ­eine extensive Freilandmast handelt, benötigen die Tiere rund 30 bis 36 Monate bis zur Schlachtreife.“ Das merke man an der Qualität des fein marmorierten Bio-Rindfleischs.

Die Rinder werden in Teterow geschlachtet und anschließend über den in Güstrow ansässigen Biopark-Verband vermarktet. „Da verschwindet unser gutes Rindfleisch dann leider in der Anonymität“, sagt Rohlfing. Zurzeit erhält er 5,40 Euro fürs Kilogramm Bio-Rindfleisch.

Zukunftsperspektive: Direktvermarktung mit Transparenz und kurzen Transportwegen

Alle drei bis vier Wochen, immer dann, wenn sichergestellt ist, dass es zu 100 Prozent verwertet wird, verkauft der Landwirt ein Rind, das in Teterow geschlachtet und grob zerlegt wurde, an seinen Nachbarn und Fleischermeister Alexander Becker. Unter dem Label „Vorsicht Geschmack“ stellt Becker Fleisch- und Wurstwaren selbst her und verkauft die Ware im Hofladen in Bassendorf und auf den Wochenmärkten in der ­Region.

„Über eine Direktvermarktung mit Online-Shop habe ich immer mal wieder nachgedacht“, sagt Rohlfing. „Wir könnten unsere Rinder bei der Stahlbroder ­Naturgut in der Nähe von Stralsund schlachten lassen, um kurze Transportwege zu garantieren und dem Verbraucher eine maximale Transparenz zu bieten. Zudem könnte ich meine Preise selbst bestimmen.“ Doch zurzeit sei die ­Direktvermarktung aus personeller Sicht leider kein Thema.

Rohlfings Leidenschaft: Zucht von Pustertaler Sprinzen und Gelbvieh

Seine große Leidenschaft gehört der Rinderzucht. Vor allem vom Aussterben bedrohte Rassen, wie die Pustertaler Sprinzen und das Gelbvieh gehören zu Rohlfings ­Favoriten. Die Pustertaler Sprinzen waren ihm beim Skiurlaub in den Alpen wegen ­ihrer Fellzeichnung aufgefallen. Auch ihr ruhiges, mütterliches Wesen hatte es ihm angetan. Daher zogen ein paar dieser Südtiroler ins Flachland nach Bad Sülze.

Das Gelbvieh, das als Doppelnutzungsrasse oder als reine Fleischrasse eingesetzt wird, hat seinen Ursprung in Franken. Von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) wurde sie offiziell zur „Gefährdeten Nutztierrasse 2025“ erklärt. Die größte Gelbvieh-Population in der Mutterkuhhaltung, mit ungefähr 300 Herdbuchtieren (weiblich) ist in Mecklenburg-Vorpommern beheimatet.

Wenn Christian Rohlfing auf die Weiden kommt, begegnen ihm seine Pustertaler Sprinzen sehr gelassen.
Wenn Christian Rohlfing auf die Weiden kommt, begegnen ihm seine Pustertaler Sprinzen sehr gelassen. © Timo Jaworr

Gelbvieh-Zucht mit Hindernissen

Allein 80 Gelbvieh-Zuchttiere in der reinen Fleisch­nutzung hat Rohlfing auf seinem Betrieb. Die Erhaltung der fast in Vergessenheit geratenen Rinderrasse mit ihren typischen Eigenschaften wie gute Bemuskelung und Fleischqualität, die hohe Fruchtbarkeit oder die sehr gute Mutterkuheignung stehen im Vordergrund der Zucht. Das geografische Gebiet für diese Zuchtarbeit erstreckt sich allerdings nur auf Bayern. Die Genreserven sind zudem im Eigentum des Freistaates. Zwar sollen Gelbviehrinder gezüchtet werden, die den wirtschaftlichen Erfordernissen der mutterkuhhaltenden Betriebe möglichst optimal entsprechen, doch so einfach ist das in der ­Praxis dann doch nicht. Jedenfalls für Mutterkuhbetriebe mit dieser Rasse außerhalb Bayerns, so der Landwirt.

„Sollte ich die Rasse Gelbvieh zum Erhalt der genetischen Vielfalt und zur Vermeidung von Inzucht, Gendefekten und Erbfehlern weiter züchterisch bearbeiten wollen, stehen mir die Genreserven aus Bayern nicht zur Verfügung.“ So sind Zuchtmaßnahmen wie die Vermeidung von Mutationen am Myostatin-Gen (Doppellender-Vererbung), das für die Regulation des Muskelwachstums zuständig ist und zu Problemen bei der Kalbung führen kann, in der Umsetzung äußerst schwierig. Denn in Mecklenburg-Vorpommern gibt es gerade einmal fünf Gelbviehbullen im Herdbuch.

Die ganzjährige Weidehaltung fördert nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Rinder, sondern auch die Biodiversität und die Boden- fruchtbarkeit seiner Grünlandflächen. Davon ist Landwirt und Rinderzüchter Christian Rohlfing überzeugt.
Gelbvieh-Zucht in MV: Die ganzjährige Weidehaltung fördert nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Rinder, sondern auch die Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit seiner Grünlandflächen. Davon ist Landwirt und Rinderzüchter Christian Rohlfing überzeugt. © Timo Jaworr

Intensive Vorbereitung auf die Grüne Woche: Trotz Absage wertvolle Übung

Gemeinsam mit seinem Freund und Berufskollegen Martin Seidel, den er vor über 20 Jahren auf der Grünen Woche in Berlin kennenlernte, hatten sich Rohlfing und ein loser Zusammenschluss von Rinderzüchtern aus Deutschland ein besonderes Konzept für die Tierhalle 25 auf der Messe einfallen lassen. Erstmals sollten die fünf Haltungsformen der zukünftigen staatlichen Tierhaltungskennzeichnung auf der Messe gezeigt werden. Mit mehr als 40 Rindern der verschiedensten Rassen hätte es mehrmals am Tag Präsentationen im Vorführring gegeben.

Auch die Herdbuchtiere von Rohlfing hätten ihren täglichen Einsatz gehabt. „Umsonst ist das Ganze letztlich nicht gewesen“, sagt Rohlfing. „Da wir immer wieder unsere Tiere auf Messen vorstellen, sind diese vorbereitenden Maßnahmen eine gute Übung für uns.“ Gerade erst im letzten Herbst hat er eine besonders ausdrucksstarke Gelbvieh-Herdbuchkuh auf der Mecklenburgischen Landwirtschaftsausstellung (MeLa) präsentiert.

Mit seinem guten Freund Martin Seidel (hi.r.) hat Christian Rohlfing (l.) seine Ausstellungstiere für die Grüne Woche vorbereitet.
Mit seinem guten Freund Martin Seidel (hi.r.) hat Christian Rohlfing (l.) seine Ausstellungstiere für die Grüne Woche vorbereitet. © Astrid Wiebe

Gelbvieh-Zucht: Unterstützung der ganzen Familie

Seine Frau, der 18-jährige Sohn und die zwei Töchter im Alter von 16 und zwölf Jahren seien jedes Mal mit großem Eifer dabei. Alle seien auch ein wenig stolz, wenn ­ihre Prachtexemplare auf den Messen vorgeführt werden.

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