Mecklenburg-Vorpommern

Landpacht: Vertrag nicht in trockenen Tüchern

(c) Detlef Finger
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Mecklenburg Vorpommerns Agrarminister Backhaus will die neuen Vorgaben zur Pacht von Landesflächen ohne Beteiligung des Landtages einführen. Sie sollen bereits ab Oktober gelten. Doch beim Koalitionspartner regt sich Widerstand.

Von Gerd Rinas

Die Sache soll jetzt schnell und geräuschlos über die Bühne gehen: Mit dem Beginn des neuen Pachtjahres am 1. Oktober will Mecklenburg-Vorpommerns Agrar- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) Pachtverträge für Landesflächen nach den Kriterien des neuen Landpachtvertrages (Bauernzeitung 20/2020 Nord, S. 20) abschließen lassen. Für die Pächter gelten damit nicht mehr nur die bisherigen Vorgaben für ein Mindestmaß an Tierhaltung und arbeitsintensive Produktionsverfahren (z. B. Kartoffel- oder Zuckerrübenanbau) wie sie der Landtag im Jahr 2000 beschloß.

9.000 Hektar Landesflächen aufforsten und wiedervernässen

Hinzu kommen sollen neue Vorgaben für mehr Biodiversität, Boden-, Gewässer-, Insekten- und Klimaschutz. Sie könnten dazu führen, dass Pächter künftig nicht mehr auf fünf, sondern zehn Prozent der gepachteten Landesflächen Bewirtschaftungseinschränkungen hinnehmen müssen, ohne dass der Pachtzins gemindert werden soll. Darüber hinaus sollen in den nächsten Jahren rund 8.700 ha Landesflächen komplett aus der Verpachtung genommen und aufgeforstet oder wiedervernässt, für Gewässerrandstreifen oder Hecken gegen Winderosion verwendet werden.

Beim Koalitionspartner CDU regt sich gegen die neuen Vorgaben Widerstand, wie aus einem Brief des Arbeitskreises Landwirtschaft der CDU-Landtagsfraktion an Backhaus hervorgeht (Schreiben liegt der Redaktion vor). Darin zeigt sich die Leiterin des Arbeitskreises, Beate Schlupp, „sehr erstaunt“  über die Änderungsvorschläge. Ihr Argument: Sowohl die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei als auch Gutachter hätten bestätigt, dass sich die im Jahr 2000 vom Landtag beschlossenen Vergabekriterien bewährt hätten und „maßgeblich zur Wertschöpfung und Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum beitragen“. Deshalb sei, so die Abgeordnete, „eine Änderung der bisherigen Praxis nicht notwendig“. Die bisherigen Kriterien gelten. Ein Beschluss, der diese Vorgaben ändert, liegt nicht vor. Zusätzliche Kriterien könnten erst durch einen erneuten Landtagsbeschluss in Kraft gesetzt werden, so Schlupp und die Fachpolitiker in der Unionsfraktion.

Union: Ohne Landtagsbeschluß keine Grundlage

Das sieht Backhaus offenbar komplett anders. Nach der Vorstellung der neuen Pachtkriterien vorvergangene Woche im Agrarausschuss des Landtages erklärte der Minister auf Nachfrage der Bauernzeitung, dass er eine erneute Befassung des Landtages für nicht notwendig erachte. Nach Einschätzung der Agrarpolitiker der Unionsfraktion hätten die Änderung der Landpachtverträge und die Anpassung der Vergabekriterien ohne erneuten Landtagsbeschluss aber gar keine Grundlage. Beides widerspräche sogar vorherigen Beschlüssen des Hohen Hauses.

Zeitpunkt für neue Pacht-Regeln „besonders ungeeignet“

Der Arbeitskreis kritisiert zudem den Termin der neuen Einschränkungen. Vor dem Hintergrund der neuen Düngeverordnung, bei ungewissen Aussichten über die Folgen der Coronakrise für den Agrarsektor und bei laufenden Verhandlungen zur Neugestaltung der EU-Agrarpolitik sei der Zeitpunkt „besonders ungeeignet“. Wann, wenn nicht jetzt bräuchten landwirtschaftliche Unternehmen eine wirtschaftliche Perspektive und Planungssicherheit, betonte Beate Schlupp gegenüber der Bauernzeitung.

Ein ernstes Hindernis könnte sich bei der Einführung der neuen Pachtvorgaben „per Order Mufti“ auftun: Nach Backhaus‘ Angaben vor dem Agrarausschuss gehen dem Landeshaushalt  allein durch die geplante Aufforstung und Wiedervernässung 161 Mio. Euro verloren. Dazu kämen jährlich vier bis fünf Millionen Euro weniger Pachterlöse. Über Einnahmeverluste in dieser Größenordnung zu entscheiden ist aber klar Sache des Landtages, finden Schlupp und ihre Fachkollegen. So gesehen sind die neuen Pachtkriterien noch keineswegs in trockenen Tüchern. Der Agrarausschuss des Landtages will sich am 28. Mai erneut damit beschäftigen.