Landtagswahl: Wer kommt, wer geht?
Bei der Landtagswahl am 26. September entscheiden die Wählerinnen und Wähler nicht nur über die Abgeordneten im Parlament. Sie stimmen auch über den landwirtschaftlichen Sachverstand in der Volksvertretung ab.
Von Gerd Rinas
Am 26. September haben Mecklenburger und Vorpommern mehrfach die Wahl: Zum einen unter den Kandidaten der Parteien zum 20. Deutschen Bundestag. Zum anderen werden in einigen Städten und Gemeinden Bürgermeister gewählt. Schließlich können die Wählerinnen und Wähler auch noch über die Zusammensetzung des Landtags bis 2026 entscheiden.
Nach Prüfung der Unterlagen hat der Landeswahlausschuss 24 Parteien und ihre Kandidatenlisten zur Wahl zugelassen. Laut der Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern werden dem 8. Landtag nach der deutschen Wiedervereinigung mindestens 71 Abgeordnete angehören. Zu den Direktkandidatinnen und -kandidaten mit den meisten Wählerstimmen aus 36 Wahlkreisen (WK) kommen wenigstens 35 Kandidaten über die Parteien-Landeslisten.
Welches Parteienbündnis das Land künftig regieren wird, ist derzeit offen. Bei der jüngsten Umfrage in der vorigen Woche (Kasten) hat die SPD in der Wählergunst deutlich zugelegt und hätte sich ihre Regierungspartner aussuchen können, wenn am vergangenen Wochenende die Landtagswahl gewesen wäre.
SPD: Backhaus tritt wieder an
Mit ihrer Stimmabgabe entscheiden die Wählerinnen und Wähler am 26. September auch darüber, wie viel landwirtschaftlicher Sachverstand in den Landtag einzieht. Mehrere aktive Landwirte bzw. mit der Landwirtschaft verbundene Kandidaten können sich Chancen auf ein Direktmandat ausrechnen. Einige von ihnen landeten zudem auf aussichtsreichen Listenplätzen.
Beides gilt für Till Backhaus. Er tritt für die SPD im WK Ludwigslust-Parchim I an. Beobachter räumen dem Kandidaten sehr gute Chancen ein, wie bei den vorangegangenen Landtagswahlen das Direktmandat zu erringen. Die Landesvertreterversammlung der SPD wählte den 62-Jährigen auf Platz vier der Landesliste. Backhaus ist seit 1990 Landtagsabgeordneter. Seit seiner erstmaligen Berufung zum Minister für Landwirtschaft 1998 ist er bundesweit dienstältester Landesminister.
Ebenfalls für die SPD kandidiert im WK Ludwigslust-Parchim II Elisabeth Aßmann. Bei der Landtagswahl 2016 holte die 31-jährige Agrarökonomin das Direktmandat. Danach war sie Agrarsprecherin der SPD-Fraktion und über-nahm den Vorsitz im Agrarausschuss. Aßmann wurde auf Platz 13 der Landesliste gewählt.
Im Agrarausschuss hatte die SPD bisher drei weitere ordentliche Mitglieder: Fraktionsvorsitzender Thomas Krüger (Direktkandidat im WK Mecklenburgische Seenplatte II, Listenplatz 6), vormals selbst Agrarsprecher, Thomas Würdisch (Vorpommern-Rügen III, Stralsund I, Listenplatz 16) und Andreas Butzki (Mecklenburgische Seenplatte IV, Listenplatz 20).
Für die Partei Die Linke tritt der bisherige Agrarsprecher der Linksfraktion, Wolfgang Weiß, als Direktkandidat im WK Vorpommern-Rügen I an. Auf der Landesliste der Linken steht er auf Platz 25. Im WK Neubrandenburg II bewirbt sich für die Linke Toni Jaschinski um das Direktmandat. Seit 2008 ist er Geschäftsführer der Agrargesellschaft Chemnitz. Nicht wieder kandidiert Mignon Schwenke, die seit 2011 Landtagsabgeordnete war. Sie prägte die Umweltpolitik der Linken und war ebenfalls ordentliches Mitglied im Agrarausschuss.
AKTUELLE WAHLUMFRAGE
SPD in der Wählergunst weit vorn
Vier Wochen vor der Landtagswahl in MV liegt die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in der Wählergunst weit vor den anderen Parteien. In einer aktuellen Umfrage im Auftrag von NDR, NNN und OZ, die in der vorigen Woche veröffentlicht wurde, hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap 1.153 Wahlberechtigte befragt.
Wenn am vorigen Wochenende Landtagswahl in MV gewesen wäre, hätten die Parteien folgende Zustimmungswerte erreicht: SPD 36 %, AfD 17 %, CDU 15 %, Linke 11 %, FDP 8 %, Grüne 6 %. Während die SPD nach der jüngsten Umfrage gegenüber Mitte Juli um 9 % zulegt, fällt die CDU zurück (- 8 %). Die AfD gewinnt einen Prozentpunkt hinzu, ebenso die FDP. Linke und Grüne verlieren gegenüber Mitte Juli jeweils einen Prozentpunkt.
Nach diesem Umfrageergebnis hätte die SPD nach der Landtagswahl in MV am 26. September verschiedenste Optionen für die Regierungsbildung. Sie könnte erneut eine Koalition mit der CDU eingehen oder mit Linken und Grünen. Sogar für Rot-Rot könnte es knapp reichen.
Möglich wäre auch eine Ampelkoalition mit SPD, FDP und Grünen. Nach der Umfrage sind 67 % der Befragten mit der Arbeit von Ministerpräsidentin Schwesig zufrieden. Herausforderer Michael Sack (CDU) kommt auf 19, Simone Oldenburg (Linke) auf 24, Nikolaus Kramer (AfD) auf 11, René Domke (FDP) auf 11 und Anne Shepley (Grüne) auf 7 % Zustimmung.
Einen personellen Neuanfang in der Agrarpolitik im Landtag startet die AfD. Ihre beiden Agrarausschussmitglieder Ralf Borschke und Jürgen Strohschein kandidieren nicht wieder.
Stattdessen hat der bisherige Referent der Fraktion für Agrarpolitik, Umwelt- und Naturschutz, Thore Stein, seinen Hut in den Ring geworfen. Er tritt als Direktkandidat im WK Ludwigslust-Parchim IV an. Stein hat Landwirtschaft in Bonn und Management natürlicher Ressourcen in Halle-Wittenburg studiert. Bevor er bei der AFD-Fraktion im Schweriner Landtag anfing, arbeitete er bei einer landwirtschaftlichen Unternehmensberatung in Niedersachsen.
In der AfD-Landesliste steht er auf Platz 5. Auf Platz 7 folgt Jens Schulze-Wiehenbrauk aus der Nähe von Jarmen. Der Agraringenieur tritt im Wahlkreis Vorpommern-Greifswald II als Direktkandidat an.
CDU: Weiterer aktiver Landwirt?
Die CDU war in der vergangenen Legislaturperiode mit drei ordentlichen Mitgliedern im Agrarausschuss vertreten: Holger Kliewe aus Mursewiek auf Rügen war einziger aktiver Landwirt im 7. Landtag, Agrarsprecher der Fraktion und stellvertretender Vorsitzender des Agrarausschusses. Der Diplom-Agraringenieur tritt am 26. September erneut als Direktkandidat im WK Rügen IV an. Kliewe ist u. a. seit 2012 Bürgermeister der Gemeinde Ummanz und Vorsitzender des Netzwerks „Die Rügeninsel Ummanz“. Beobachter trauen ihm zu, sein Direktmandat zu verteidigen. Auf der Landesliste steht er auf Platz 25.
Die CDU-Abgeordnete Beate Schlupp ist seit 2002 Mitglied des Landtags und seit 2011 dessen erste Vizepräsidentin. Sie fiel in der Wahlperiode immer wieder mit Forderungen und Vorschlägen zum Schutz landwirtschaftlicher Interessen auf, etwa bei der Wiederansiedlung von Wolf und Biber oder der Neugestaltung der Pachtkonditionen landeseigener Flächen.
Schlupp tritt bei der Landtagswahl in MV als Direktkandidatin im WK Vorpommern-Greifswald V an. Sie wurde auf Platz drei der Landesliste gewählt. Burkhard Lenz, ihr Parteikollege im Agrarausschuss, kandidiert nicht wieder. Für ihn könnte ein weiterer Landwirt in die CDU-Fraktion nachrücken: Thomas Diener aus Lehsten ist Direktkandidat im WK Mecklenburgische Seenplatte V. Der studierte Landwirt führt einen Ackerbaubetrieb mit extensiver Grünlandwirtschaft, ist stellvertretender Vorsitzender des Bauernverbandes Müritz, Kreistagspräsident und Bürgermeister von Möllenhagen. Diener kam auf Listenplatz 13.
Als weiterer CDU-Kandidat tritt im WK Vorpommern-Rügen I erneut Christian Ehlers an. Dem studierten Landwirt, der 15 Jahre in der landwirtschaftlichen Praxis wirkte, bevor er Geschäftsführer des Bauernverbandes Nordvorpommern wurde, fehlten 2016 sechs Stimmen für das Direktmandat. Wenn er für den Einzug in den Landtag auf die Landesliste angewiesen ist, könnte es wieder eng werden.
Aktuell zählt die CDU-Fraktion 16 Abgeordnete. Ehlers steht auf Listenplatz 17. Für die Union tritt außerdem Landwirtin Helga Karp, Vorsitzende der Seniorenunion, auf Listenplatz 37 an.
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Landtagswahl in MV: Grüne sehen sich mit Agrarkompetenz
Von den nicht im Landtag vertretenen Parteien können sich Bündnis 90/Die Grünen und die FDP Hoffnungen auf den Wiedereinzug machen. Bei der jüngsten Umfrage kommen die Grünen auf sechs Prozent der Stimmen.
In Sachen Agrarkompetenz sehen sie sich mit ihren Direktkandidaten Arndt Müller (WK Schwerin II) und Claudia Schulz (WK Hansestadt Rostock II) gut aufgestellt. Müller ist Diplombiologe, lebt in Schwerin und ist Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Ehrenamtlich engagiert er sich in der Landesarbeitsgemeinschaft Landwirtschaft und Naturschutz der Grünen und im BUND. Er tritt u. a. für mehr Ökolandbau und die Neuausrichtung der Agrarförderung ein. Die Rostockerin Claudia Schulz ist Diplomagraringenieurin (Agrarökologie) und arbeitet als Bildungsreferentin im Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich. 2018 bis 2020 war sie Landesvorsitzende der Grünen. Sie ist Sprecherin der LAG Landwirtschaft und Naturschutz und setzt sich für eine regionale, ökologische und nachhaltige Landwirtschaft ein. Wegen der Klimarelevanz will sie die Wiedervernässung von Mooren und neue Bewirtschaftungsmöglichkeiten auf diesen Standorten vorantreiben.
Mit Daniel Bohl hat die FDP MV seit Jahren einen ausgewiesenen Agrarexperten. Der Diplomagraringenieur und stellvertretende Vorsitzende der Wariner Pflanzenbau eG, der auch Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Nordwestmecklenburg ist, tritt ebenfalls am 26. September an – für den Bundestag.
Für den Landtag kandidieren als Direktkandidaten Landwirtin Luise Vogler aus Palingen im WK Nordwestmecklenburg II und der studierte Landwirt Conrad Waydelin, Geschäftsführer der Wöda Wöpkendorfer Agrar GmbH, im WK Vorpommern-Rügen II-Stralsund III. In der Landesliste rangiert Vogler auf Platz elf vor Waydelin. Die FDP steht in den Umfragen bei acht Prozent. „Damit kommen über die Liste aber höchstens fünf bis sechs Kandidaten ins Parlament. Deshalb müssen wir weiter zulegen“, so Luise Vogler.