Nebenerwerb in MV: Von Agrarantrag bis Zukunftstechnologien
Nicht nur die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe wächst, auch die Ansprüche und Vorgaben steigen. Beim Tag der Nebenerwerbslandwirte in Finkenthal tauschten sich jüngst Berufskollegen darüber aus und bildeten sich weiter.
Mehr als die Hälfte (55,5 %) aller landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern wird aktuellen Zahlen zufolge im Nebenerwerb geführt. Werden alle Betriebsformen betrachtet, ist es immer noch etwa jedes dritte Unternehmen.
Dabei wird per Definition ein Familienbetrieb, in dem weniger als die Hälfte des Einkommens mit der Landwirtschaft erzielt wird – maßgeblich ist dabei das Einkommen des Betriebsinhaber(paares) –, als Nebenerwerbsbetrieb bezeichnet.
Demnach gehen aus der Landesstatistik 1.659 Nebenerwerbstätige hervor. Im Durchschnitt bewirtschaften sie 55 ha. Mit in Summe 91.245 ha entspricht das rund 6,3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Nordosten. Statistiken darüber, welchen Hauptberuf Landwirte im Nebenerwerb ausüben, gibt es nicht. Die Bandbreite reicht von landwirtschaftsfernen Bereichen wie Büroangestellten in der Verwaltung oder Ärzten bis zu verwandten Tätigkeiten wie Viehhändlern oder Landmaschinenmechatronikern.
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Nebenerwerb in MV: Tendenz steigend
Die Tendenz der Betriebszahlen und Flächenausstattung ist steigend. Ein Grund dafür sei, dass aktuell zahlreiche Familienbetriebe vor einem Generationswechsel stünden. „Einige Familien haben bereits signalisiert, dass die Nachkommen den Betrieb weiterführen wollen, dann aber zunächst ohne arbeitsintensive Produktionsverfahren“, weiß Silvia Ey, stellvertretende Geschäftsführerin des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern.
So könnten die Höfe auch wirtschaftlich erhalten bleiben und hielten sich Zukunftsoptionen für neue Verfahren offen. Ein weiterer Grund sei, dass Landwirte immer öfter vom Haupt- in den Nebenerwerb umsteigen – meist aus finanziellen Gründen. Da ihr Herz jedoch an der Landwirtschaft hänge, gäben sie ihre Leidenschaft nicht komplett auf.
„Nicht mehr so mal eben nebenbei“
„Ungeachtet dessen haben wir Landwirte im Nebenerwerb die gleichen gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen wie unsere Kollegen im Haupterwerb“, sagt Sigfried Martinmaas, Vorsitzender des Arbeitskreises Nebenerwerb im Bauernverband. Das führt zu Kritik, denn die Bürokratie nehme permanent zu, Gesetze, Verordnungen und politische Rahmenbedingungen änderten sich ständig und Förderanträge würden komplexer. „Das macht man alles nicht mehr so mal eben nebenbei und es kostet Zeit, die für die eigentliche Arbeit dann fehlt“, betont der Nebenerwerbslandwirt aus Groß Wüstenfelde.
Deshalb, und weil der Teufel auch oftmals im Detail steckt, ist es Martinmaas wichtig, dass er und seine Kollegen fachlich am Ball bleiben, sich weiterbilden, gegenseitig unterstützen und ein Netzwerk aufbauen.
Gemeinsam mit Silvia Ey lädt er daher, unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft, einmal jährlich zum Tag der Nebenerwerbslandwirte ein. Und so standen Mitte Juni bei der jüngsten Auflage Themen wie Hofübernahme und Fördermöglichkeiten im Fokus.
Liquiditäts- und Betriebsplanungen: Kennzahlen kennen
Jana Wittstock und Hermann Laasch von der LMS Agrarberatung wissen ebenfalls, wie herausfordernd es ist, einen landwirtschaftlichen Betrieb – nicht nur – im Nebenerwerb zu führen. Laasch appellierte daher, an Liquiditäts- und Betriebsplanungen zu denken – regelmäßig, nicht nur in Verbindung mit einer Hofnachfolge. Beides müsse in die Zukunft gerichtet sein und sei elementar für den wirtschaftlichen Erfolg.
Während die Liquiditätsplanung jährlich und laut Tipp des Beraters möglichst im Dezember nach Erhalt der Prämie erfolgen sollte, beziehe sich die Betriebsplanung auf mehrere Jahre. Sie baue etwa auf vorangegangene Wirtschaftsjahre auf und erfolge im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung. Mithilfe derer könnten diverse Kennzahlen ermittelt werden, die der Einschätzung der Zukunft des Unternehmens dienten.
Eine Betriebsplanung käme mitunter immer dann besonders zum Tragen, wenn komplexe Investitionsvorhaben überprüft und Zuschüsse beispielsweise im Rahmen des Agrarinvestitionsprogrammes beantragt würden sowie bei einer Veränderung der Betriebsstruktur.
So sei sie auch unabdingbar bei einer Hofübergabe. Die sollte laut Laasch auch besonders gut vorbereitet werden, denn neben der Weiterführung des Betriebes sollte das Ziel sein, „dass alle Beteiligten zufrieden auseinandergehen“.
Checkliste Hofübergabe
Vor der Übergabe:
- alle Beteiligten müssen miteinander sprechen
- Analyse der wirtschaftlichen Situation des Betriebes
- Wahl des Übergabezeitpunktes
- Entwurf eines Hofübergabevertrages
Möglicher Vertragsinhalt:
- Übergang Grundbesitz
- Wohnrecht
- Nießbrauch
- Übergabe laufender Geschäftskonten
- Berücksichtigung weichender Erben
- Organisation der Pflege
Förderungen nutzen
Bei der wirtschaftlichen Situation des Betriebes spielen Fördermöglichkeiten keine unbedeutende Rolle. Daher stellte Jana Wittstock die wesentlichen Elemente der neuen Agrarförderperiode vor und riet, betriebsindividuelle Möglichkeiten zu prüfen und den GAP-Rechner des Landes zu nutzen.
Ihrer Meinung nach eignen sich für Nebenerwerbsbetriebe die Ökoregeln 4 und 5 der Ersten Säule besonders. In Bezug auf Investitionen stellte Annett Juhl von der Landgesellschaft verschiedene Förderprogramme vor und war sich sicher, dass es kaum etwas gebe, was sie nicht fördern könnten. Im Infokasten sind einige Eckdaten des Agrarinvestitionsförderungsprogramms als wohl bekannteste zusammengefasst.
Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP)
Wer wird gefördert?
- mind. 25 % der Umsatzerlöse aus landwirtschaftlicher Urproduktion
- Mindestbetriebsgröße entsprechend § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (mind. 8 ha LN – Ausnahme Spezialkulturen, Gartenbau)
- Betrieb gehört zu den Klein- und Mittelständischen Unternehmen
Voraussetzungen für die Förderung:
- Berufliche Fähigkeit für eine ordnungsgemäße Betriebsführung
- Viehbesatz max. 2 GV/ha
- Nachweis der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und geplanten Maßnahme – Mindestinvestitionsvolumen in Summe 20.000 € netto
- Eigenkapitalquote unter 76 % bei Betrieben über 280 ha
Erbsen, Soja & Co. in Finkenthal
Für den Blick über den Tellerrand hinaus informierten sich die rund 30 Teilnehmenden über Erbsen, Soja & Co. – Eiweißstrategien im Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof GmbH, deren Betriebsstätte in Finkenthal im Osten des Landkreises Rostock auch als Tagungsort diente.
Geschäftsführer Dr. Christian Littmann – selbst Landwirt im Nebenerwerb – stellte den Werdegang des Zusammenschlusses vor und erläuterte die Philosophie, Wert auf geschlossene Kreisläufe zu legen und trotz der Betriebsgröße den ökologische Anspruch nicht zu vernachlässigen. Daher liegt ein Augenmerk auch auf dem eigenen Anbau von Proteinquellen.
Zum Abschluss wurden die betriebseigenen Versuchsfelder begutachtet und die mechanische Unkrautbekämpfung demonstriert.