Neue Schweinehaltung in Alt Tellin heftig umstritten
Davon konnte sich Agrar- und Umweltminister Till Backhaus heute auf dem Gelände der abgebrannten Stallanlage und bei Gesprächen mit der Betreiberfirma, Gemeindevertretern und Demonstranten ein Bild machen.
In Mecklenburg-Vorpommern soll keine weitere große Tierhaltungsanlage genehmigt werden, bevor das Ergebnis zur Brandursache in der Schweinezuchtanlage Alt Tellin vorliegt. Das kündigte Mecklenburg-Vorpommerns Agrar- und Umweltminister Till Backhaus heute in einem Gespräch mit Vertretern benachbarter Gemeinden in Neu Plötz an.
In der bisherigen Form – mit 10.000 Sauenplätzen – würde in Alt Tellin keine Anlage wieder errichtet. „Dafür wird es keine Genehmigung geben“, sagte Backhaus laut Teilnehmern der Gesprächsrunde. „Wenn der Betreiber eine neue Anlage errichten will, muss er ein neues Konzept vorlegen. Einer gewerblichen Anlage müsste die Gemeinde Alt Tellin zustimmen. Die gemeindliche Zustimmung kann nicht mehr ersetzt werden. Falls die Gemeinde zustimmt, muss sie einen B-Plan für das Projekt erstellen.“
„Modellstall 4.0“ mit reduziertem Tierbestand
Sollte der Betreiber aber an Flächen kommen, könnte er einen Landwirtschaftsbetrieb errichten und privilegiert im Außenbereich bauen, erklärte Backhaus. Der Bürgermeister von Alt Tellin, Frank Karstädt, hatte sich im Vorfeld dafür ausgesprochen, eine kleinere, tierwohlgerechtere Anlage zu errichten.
Ähnlich hatte sich Backhaus nach dem Brand geäußert. Er könne sich eine neue Anlage als Landwirtschaftsbetrieb mit moderner Technologie als „Modellstall 4.0″ vorstellen, aber nur bei „massiver Reduzierung des Tierbestandes“ , bekräftigte er in Neu Plötz.
gegenwind aus Daberkow
Bei Olaf Spillner blieben Fragen offen. „Bedeutet 4.0 Bio? Ich fände einen Bio-Stall besser“, sagte der dienstälteste Gemeindevertreter aus Alt Tellin nach der Gesprächsrunde.
Gegenwind für eine neue Schweinezuchthaltung kommt aus dem knapp zwei Kilometer von den abgebrannten Ställen entfernten Daberkow. „Wir wollen keine neue Anlage an diesem Standort“, bekräftigte der stellvertretende Bürgermeister Thomas Kröchert nach der Gesprächsrunde. „Wir haben zehn Jahre mit der Anlage gelebt, wir haben sie ertragen müssen.“
Aus Daberkow habe dort niemand gearbeitet, die Gemeinde hätte von dem Betrieb keine Steuereinnahmen. „Wir hatten nur Belastungen. 75 Prozent des Verkehrs zur und von der Anlage rollten durch Daberkow. 70 000 Kubikmeter Gülle, 30 000 t Futter, 15 000 t Ferkel und Sauen im Jahr, an sieben Tagen in der Woche, auch frühmorgens und spät abends. Dazu kam die Geruchsbelästigung vor allem in den Abendstunden. Es reicht“, versicherte der Landwirt gegenüber der Bauernzeitung.
„behörden waren überfordert“
In dem Gespräch sei auch intensiv darüber diskutiert worden, wer für die Brandkatastrophe mit über 55.000 toten Tieren verantwortlich sei. „Von denen, die die Anlage seinerzeit genehmigt haben, ist niemand mehr im Amt. Nach dem, was passiert ist, muss man feststellen, dass die Genehmigungsbehörden überfordert gewesen sind“, so Kröchert.
Vor der Gesprächsrunde in Neu Plötz war Minister Backhaus in der Brandruine der Schweinezuchtanlage mit Vertretern der Betreiberfirma zusammengekommen. Tierische Brandreste sind mittlerweile in die Tierkörperbeseitigungsanlage Malchin transportiert und in einer Anlage außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns vernichtet worden. Weil die Verbrennungsanlage auf die großen Mengen nicht ausgelegt ist, wurden etwa 500 t Kadaver als „Sondermüll“ auf die Deponie Ihlenberg in Nordwestmecklenburg gebracht. Jetzt müssen nach Angaben aus dem Agrarministerium noch die Güllekanäle von Brandresten geräumt werden.
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