Regionale Produkte: Weg zum Markt weiter als gedacht
Produkte aus der Region haben ein gutes Image. Trotzdem sind in Restaurants, Läden und Gemeinschaftsverpflegung nur wenige zu finden. Woran liegt das? Das Projekt „Baltic Sea Food“ suchte nach Antworten.
Nach Umfragen unter Verbrauchern sind Produkte aus der Region beliebt. Politiker weisen darauf hin, dass die Nachfrage durch die Corona-Krise noch einmal befeuert wurde. Allerdings finden sich solche Erzeugnisse in Restaurants, Läden und Gemeinschaftsverpflegung bisher nur sporadisch. Welche Ursachen hat das und wie kommen mehr regionale Produkte in die Küchen von Gaststätten, die Mittagsversorgung von Kitas und Kantinen oder die Verkaufsregale des Lebensmitteleinzelhandels? Das EU-Projekt „Baltic Sea Food“, das in der vorigen Woche in Rostock mit einer Vortragstagung endete, suchte Antworten.
Hohe Beteiligung an Projekt
An dem dreijährigen Projekt beteiligten sich 14 Partner in neun Ostseeanrainerstaaten und Norwegen. In Mecklenburg-Vorpommern engagierten sich der Tourismusverband MV und der Verein Landurlaub MV. „Primäres Ziel war es, ein nachhaltiges und übertragbares Geschäftsmodell für Regionalvermarktungsinitiativen zu erarbeiten, das den Austausch zwischen Produzenten und Handelspartnern erleichtert“, sagte Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Tourismusverbandes MV in Rostock. Mit der Broschüre „Regionale Produkte in der B2B (Business to Business)-Vermarktung – Kurzanleitung für Regionalvermarktungsinitiativen und Startups“ – wurde dieses Ziel erreicht. Wichtig dürfte auch diese Erkenntnis sein: „Die Nachfrage nach regionalen Produkten steigt, aber viele kleine Produzenten können den Aufbau stabiler Vertriebsstrukturen, zum Beispiel in die Gastronomie, nicht alleine stemmen“, so Woitendorf.
Nach einer Umfrage der beiden Projektverantwortlichen Sandra Hippauf und Fanny Kubasch unter 68 Gastronomen, Gemeinschaftsverpflegern und Einzelhändlern wollen 95 % der Befragten mehr regionale Produkte einsetzen. Es gibt aber Hürden. Die höchsten: Im Vergleich zum Großhandel höhere Preise, unsichere Verfügbarkeit, schlechte Logistik, bedarfsgerechte Lieferzeiten und gastronomiekonforme Gebindegrößen.
Hippauf und Kubasch berichteten über Fortbildungen, Webseminare und Workshops, über Hofladen- und Anbieterkonferenzen für Produzenten und regionale Vermarktungsinitiativen. Daran nahmen 350 Personen aus 120 Klein- und Kleinstunternehmen teil. Vermittelt wurden den Produzenten vor allem Handlungsempfehlungen für Marketing, Logistik und Vertrieb. Eine Erfahrung der beiden Projektverantwortlichen: Wenn strukturelle Voraussetzungen fehlen, sind Fortschritte ohne Förderung kaum möglich.
Auch in Zukunft mehr regionalität
Pilotorganisation im Projekt war die Regionalvermarktungsinitiative „Meck-Schweizer“ (wir berichteten in der Bauernzeitung 37/2018). Über deren Internetplattform vermarkten mittlerweile 80 Produzenten in der Mecklenburgischen Schweiz ihre Produkte an Läden und Handelspartner im Umkreis von 80 km um Gessin bei Malchin. Dörte Wollenberg, Vorstand der ELG Mecklenburgische Schweiz eG, deutete an, dass stabile Lieferbeziehungen in die Gastronomie nach wie vor schwierig seien. Fortschritte gebe es bei Kontakten zum inhabergeführten Lebensmitteleinzelhandel. Mit einem neuen Preissystem, gestaffelten Transportgebühren, Produkt-„Steckbriefen“ und einer überarbeiteten Website wollen die Meck-Schweizer neue Kunden gewinnen.
Regionale Produkte mit leichtem Plus
Mehr Absatz von regionalen Produkten bestätigt der Konsum in Dresden dem sächsischen Agrarminister Günther. Der Regionalvermarkter macht auch deutlich, dass die Politik helfen könnte, kleineren Erzeugern den Weg ins Sortiment zu ebnen. mehr
Die Erfahrungen aus dem „Baltic Sea Food“-Projekt sollen in ein neues Projekt mit dem Titel „Regionales Wirtschaften“ einfließen. Daran wollen sich neben dem Tourismusverband und dem Verein Landurlaub die Marketinggesellschaft der Agrar- und Ernährungswirtschaft MV, die Dehoga MV, der Handelsverband Nord und die Landesgruppe MV des Bundesverbandes Regionalbewegung beteiligen. Der Start des neuen Projekts, dessen Umsetzbarkeit derzeit geprüft wird, ist für 2021 anvisiert.