Demonstration am 28. Januar

Rote Gebiete in MV – Kein Ende des Konflikts

Das Lachen ist allen Beteiligten – hier Bauernpräsident Kurreck, Agrarstaatssekretär Dr. Buchwald und Gutachter Dr. Hannappel (v. l.) – längst vergangen. Im Streit um die Grundwassermessstellen gibt es seit dem Treffen im Dezember 2020 in Warsow keine Annäherung. (c) Gerd Rinas
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Im Streit um die roten Gebiete sind die Fronten verhärtet. Das Land bleibe den Landwirten den Nachweis schuldig, die Nitratbelastung im Grundwasser zu verursachen, kritisierte der Bauernverband.

Von Gerd Rinas

Landwirte aus ganz Mecklenburg-Vorpommern wollen am 28. Januar in Schwerin für einen fairen Umgang bei der Reduzierung der Nitratbelastung im Grundwasser demonstrieren. Das kündigte Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes MV, am Donnerstag voriger Woche vor der Presse in Köchelstorf, Landkreis Nordwestmecklenburg, an.

Ohne Demut

„Wir fordern seit Langem, dass die Auswahl der Messstellen überprüft wird. Wenn Landwirte mit Düngungseinschränkungen beauflagt werden sollen, muss vorher plausibel nachgewiesen werden, dass Nitratbelastungen im Grundwasser auf die Flächenbewirtschaftung durch die Landwirte zurückgehen. Diesen Nachweis ist das Landwirtschaftsministerium bisher schuldig geblieben“, betonte Kurreck.

Der Präsident zeigte sich erstaunt über den Umgang des Ministeriums mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald zur Düngelandesverordnung vom Dezember 2020. Das Gericht hatte die Landesverordnung für unwirksam erklärt. „Ich hätte Respekt und Demut vor dem Urteil erwartet“, sagte Kurreck.


© Gerd Rinas

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„Wir werden versuchen diese Düngelandesverordnung zu verhindern“

Stattdessen sei die Reaktion von „einer gewissen Herablassung und Ignoranz“ geprägt gewesen. Statt Stützmessstellen auszuweisen, wie vom Gericht gefordert, habe das Ministerium eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil eingelegt und parallel dazu den Entwurf einer Düngeverordnung auf den Weg gebracht, der die Bedingungen für die Landwirtschaft drastisch verschlechtert. „Ich bin entsetzt, wie man so den Auftrag des Gerichts nicht verstehen kann oder will“, so der Bauernpräsident.

Der Bauernverband sei in die Arbeit an dem jüngsten Düngeverordnungsentwurf nicht eingebunden. Der Wortlaut sei erst seit 13. Januar bekannt, als dem Verband der Entwurf zur Verbändeanhörung zugeschickt worden war. „Wir sind von diesem Umgang enttäuscht“, ließ Kurreck durchblicken. Dennoch werde man Stellung beziehen und die fachlichen Differenzen aufzeigen. „Wir werden gleichzeitig versuchen, politisch Einfluss zu nehmen, um diese Düngelandesverordnung zu verhindern“, kündigte Kurreck an.

Nach dem jetzt erarbeiteten DÜV-Entwurf könnten 46 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LF) in MV wegen zu hoher Nitratbelastung des Grundwassers als rote Gebiete ausgewiesen werden, hatte das Ministerium zuvor auf Anfrage bestätigt. Zur „Vermeidung von Regelungslücken“ könnte – laut Ministerium – gemäß Bundesdüngeverordnung die nitratbelastete Gebietskulisse pauschal sogar auf 77 % der LF steigen. Diese Angabe wies der Bauernverbandspräsident zurück. Laut Kurreck gäbe es gar keine roten Gebiete in MV, wenn hier die Düngeverordnung des Bundes gelten würde.


 (c) Sabine Rübensaat

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In der Düngelandesverordnung vom Dezember 2020 waren 13 % der LF als rot eingestuft worden. Diese Verordnung gilt weiter, obwohl das Oberverwaltungsgericht sie für unwirksam erklärt hat. Die vom Ministerium eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. Sie endet, wenn das Bundesverwaltungsgericht über die Beschwerde entschieden hat. Wann das der Fall sein wird, ist offen.

Die Agrargenossenschaft Köchelstorf hatte seit dem 1. Januar 2020 mehr als zehn Cross-Compliance-Kontrollen. „Nach dem Zufallsmodell“, sagt Michael Drews, der daran Zweifel erkennen lässt. „Das Angebot der Landwirte aus der Region zum Dialog wurde vom Ministerium nicht angenommen. „Das ist enttäuschend“, so der Köchelstorfer Vorsitzende.

„Landwirte sind nicht besonders streitlustig. Dass sie gegen das Land klagen, passiert nicht häufig. Daran sieht man den Druck, unter dem wir stehen“, betonte Daniel Bohl, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Nordwestmecklenburg. Fast jedes Jahr würden neue rote Gebiete ausgewiesen. „Die Landwirte wollen wissen, auf welcher Grundlage das passiert. Wenn ich nicht Verursacher bin, will ich auch nicht bestraft werden“, argumentierte Bohl, Vorstand der Wariner Pflanzenbau eG.

Für Landwirt Jörg Hase ist die Abwärtsspirale beim Düngen in roten Gebieten besonders bedrohlich. „Der Düngebedarf wird am vorherigen Ertrag ermittelt. Wegen der Auflage, 20 % unter dem Pflanzenbedarf zu düngen, ist zu erwarten, dass der Ertrag zurückgeht. Damit darf immer weniger gedüngt werden. Der Boden wird ausgelaugt, Humus zerstört. Wir wirtschaften zur Hälfte auf Pachtflächen. Welcher Bodeneigentümer lässt sich das gefallen?“, so der Betriebsleiter der Gadebuscher Agrar AG.

Gewässer im Land seien mit Nitrat belastet. Dies sei eine Tatsache. Die unterschiedlichen Verfahren zur Ausweisung roter Gebiete seien zu jeder Zeit offen und transparent mit dem Bauernverband diskutiert worden. Es habe „einen fairen Dialog und fachlich begründete Entscheidungen“ gegeben, reagierte das Agrarministerium nach der Pressekonferenz des Bauernverbandes.


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Den Vorwurf „politischer Willkür“ wies das Ministerium zurück, räumte aber ein, dass das Messstellennetz weiter verdichtet werden müsse. 108 Messstellen wurden seit 2017 neu gebaut. Bei der anstehenden Gebietsausweisung gelten 84 als mit Nitrat belastet. Mehr Messstellen änderten nichts an der Gewässerbelastung, hieß es aus Schwerin. Insgesamt jede dritte neugebaute zeige überhöhte Nitratwerte an.

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