Mysteriöse Krankheit?

Sanddorn-Sterben: Forschungsprojekt ohne eindeutiges Ergebnis

So sah das Erntegut aus, bevor auch bei Forst Schneebecke das Sanddornsterben begann. (c) Sabine Rübensaat

Warum stirbt der Sanddorn? Landwirte ziehen die Reißleine. Das Sterben des Sanddorns hat erhebliche wirtschaftliche Folgen für Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Forschungsprojekt untersucht die Ursachen.

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Lange Zeit galt der Sanddorn als robuste Pflanze, die wenig Pflegeaufwand erfordert. Vor etwa zehn Jahren begann allerdings ein großflächiges Absterben der Spezialkultur in Mecklenburg-Vorpommern. Sowohl Plantagen als auch Wildbestände entlang der Küste waren betroffen. In der Konsequenz rodeten zahlreiche Betriebe ihre Anbauflächen und gaben die Vermarktung der „Zitrone des Nordens“ komplett auf.

Forst Schneebecke zieht sich aus Sanddorn-Geschäft zurück

Auch einer der größten Anbauer in MV, Forst Schneebecke in Marlow (Landkreis Vorpommern-Rügen), zog sich wegen des Problems im Jahr 2022 aus dem Sanddorn-Geschäft zurück. Als die Bauernzeitung im Jahr 2015 den Betrieb für eine Titelreportage besuchte, schien die Sanddornwelt noch in Ordnung zu sein. Schon seit 1999 baute der Betrieb Sanddorn als Zweitkultur an und expandierte in den folgenden Jahren zu einem der erfolgreichsten Vermarkter der gesunden Frucht.

Benedikt Schneebecke
Sanddorn-Sterben in Mecklenburg-Vorpommern: Als die Bauerzeitung Benedikt Schneebecke 2015 besuchte, war die Sanddorn-Welt noch in Ordnung. (c) Sabine Rübensaat

Noch im Jahr 2010 pflanzte Geschäftsführer Benedikt Schneebecke mehr als 28.000 Jungpflanzen, um die wachsende Nachfrage nach den orangefarbenen Beeren zu bedienen. Auf rund 60 ha Anbaufläche konnte der Betrieb in den Jahren mit einer Ausbeute von mehr als 120 t Beeren rechnen. Heute bewirtschaftet Schneebecke nur noch eine Fläche von sechs Hektar, die ihm als Versuchsfläche dient. Denn bisher konnten die Ursachen des Sanddornsterbens noch nicht vollumfänglich ermittelt werden.

Wissenschaft erforscht Sanddorn-Sterben

Obwohl Wissenschaftler der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei (LFA) MV gemeinsam mit dem Institut für Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau des Julius-Kühn-Instituts (JKI) den Ursachen im Rahmen eines vierjährigen Forschungsprojektes auf den Grund gegangen sind. Ende 2024 endete das Verbundprojekt, das trotz intensiver Untersuchungen keine klar definierte Krankheit finden konnte. Das Problem liege vermutlich im Zusammenspiel verschiedener Erreger in Kombination mit Witterungsextremen. So habe man eine Reihe Pilze gefunden, die aber wohl per se im Boden vorhanden seien. Möglicherweise würden sie aber bei einem Extrem wie der Trockenheit der vergangenen Jahre zum Problem.

Gezielte Bewässerung

„Wir stellen fest, dass Sanddorn in Kultur doch mehr Aufmerksamkeit braucht als bisher angenommen. Gezielte Bewässerung fördert das Wachstum dieses Wildobstes, das bislang als trocken­tolerant galt. Für die Bewässerung sprechen auch die in den letzten Trockenjahren vielerorts gefallenen Grundwasserspiegel. Gezielt bedeutet, Menge und Zeitpunkt der Bewässerung genau an die Bedürfnisse der Pflanzen am jeweiligen Standort anzupassen“, sagt Projektbearbeiterin Daniela Kuptz von der LFA.
Bewässerte Bestände seien nicht gegen die Krankheit gefeit, würden aber grundsätzlich kräftiger wachsen und mehr Ertrag bringen.

Sanddorn-Sterben: Wassermangel, Boden, Frost

Auch die Bodenbedingungen haben hier nach Kuptz einen Einfluss: Auf lehmigen Sandböden scheinen die Pflanzen deutlich wüchsiger als auf reinen Sandböden zu sein. Wassermangel und Bodenqualität können aber nicht die Erklärung dafür sein, dass überall massiv Sanddorn stirbt – so die Erkenntnis. Die Forscher stellten fest, dass das Sterben mit milderen Wintern korreliert, in denen längere Frostpe­rioden ausblieben. Frost könnte eine wichtige Rolle dabei spielen, natürliche Erreger einzudämmen. Die veränderten klimatischen ­Bedingungen könnten somit die Ausbreitung der Pilze fördern und die Sanddornbestände schwächen. Diese Erkenntnis verdeutliche die Notwendigkeit weiterer Forschung, um Anpassungsstrategien für den Anbau zu entwickeln.

Kritik am Forschungsprojekt In Mecklenburg-Vorpommern

Nach Meinung von Schneebecke war das Forschungsprojekt viel zu theoretisch und wenig hilfreich. Bei den Untersuchungen sei es in erster Linie um die schädigenden Pilz-Kulturen gegangen. Jeder Praktiker, der vom Sanddornsterben betroffen gewesen sei, sei sich jedoch sicher, dass es sich dabei um ­Sekundärerkrankungen gehandelt habe. Wie sonst erklärt sich das Phänomen, dass männliche Pflanzen nicht betroffen sind und auch weibliche Pflanzen erst ab dem ersten Jahr mit starkem Fruchtbesatz betroffen sind, so Schneebecke.

Alternative Direktvermarktung

„Bevor die Ursache nicht geklärt ist, werde ich Sanddorn nicht wieder anpflanzen. Das Kosten­-Risiko ist einfach viel zu hoch“, sagt der Unternehmer. Der Fokus seines Betriebes liege inzwischen auf dem Weihnachtsbaumanbau. Mit rund 200 ha habe er mittlerweile fast die größten Flächen in den ostdeutschen Bundesländern. Zudem hat Schneebecke mit dem Haselnussanbau auf einer Fläche von 15 ha begonnen.

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