Kritik an Umweltminister

Wolf tötet 20 Schafe: Regeln zum Abschuss ohne Wirkung

Auf Beutezug überwindet ein Wolf scheinbar jegliche Hindernisse. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat
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Neuerdings soll der schnelle Abschuss auffälliger Wölfe möglich sein. Zwei aktuelle Fälle aus Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zeigen jedoch, dass sich in der Praxis wenig ändert.

Von Nicole Gottschall und Ralf Stephan

Statt eines Endes mit Schrecken eher ein Schrecken ohne Ende – so könnte das bisherige Jahr von Schäfermeister Ingo Stoll aus dem Landkreis Vorpommern-Rügen zusammengefasst werden. Beim jüngsten vermutlichen Wolfsübergriff auf seine Herde am 4. April in Redderstorf verlor Stoll 20 Schafe, 15 weitere sind verletzt. Es war, wie er sagte, der größte Wolfsriss, den er bisher erlebte, und der dritte seit Jahresbeginn. Im Januar und am Gründonnerstag wurden insgesamt neun Tiere gerissen.

Wolf-Abschuss: Schäfer fordert sofortige Entnahme

Stoll forderte bereits nach den ersten Angriffen einen schnellen Abschuss eines Wolfes. Die zuletzt getöteten Schafe waren vorschriftsmäßig mit einem Elektro­zaun – sogar 110  cm statt der geforderten 90 cm hoch – geschützt, berichtet der Schäfer. Wölfe kämen im Zweifel jedoch über die Zäune hinüber oder möglicherweise darunter hindurch. Nach dem jüngsten Angriff habe er sofort das Wolfsmonitoring benachrichtigt. Beim Gutachtereinsatz deutete vieles auf Isegrim hin, genetische Untersuchungen müssen ihn jedoch noch als Verursacher bestätigen, wie das Umweltministerium in Schwerin mitteilte.

Mitte März wurde das Raubtier in Mecklenburg-Vorpommern zwar in das Jagdrecht aufgenommen, an seinem Schutzstatus ändert sich allerdings nichts. Weiterhin müsse jeder Einzelfall geprüft werden, so die Behörde. Minister Till Backhaus (SPD) kritisierte, dass der Bund bisher keine schnellere Entnahme ermöglicht und geregelt hat, verwies allerdings auch auf den seit 1. April geltenden Mutter- und Welpenschutz, der auch für Wölfe gilt.

Neue Regeln ohne Wirkung

Beistand erfährt Stoll vom Landesbauernverband, der die Forderung des Schäfers nach sofortiger Entnahme des Wolfes unterstützt. „Es ist Zeit für konsequentes Handeln“, sagte Verbandspräsident Karsten Trunk, „zum Schutz der Weidetierhaltung sind auch scheinbar unbequeme Entscheidungen unumgänglich“.

Dass die neuen Regeln zur schnelleren Entnahme auffälliger Wölfe offenbar nicht zur Entlastung der Tierhalter führen, zeigt sich gerade in Niedersachsen. Dort sollte in der ersten Aprilwoche ein Wolf nach dem neuen Verfahren entnommen werden. Er hatte nahe Hannover einen Jungbullen aus einer Herde Heckrinder gerissen. Die von zwei Gerichten bestätigte Genehmigung wurde dennoch ausgesetzt, nachdem gleich mehrere Eilanträge dagegen eingegangen waren.

Reaktion der Weidetierhalter in Niedersachsen

Diese Rolle rückwärts bleibt nicht folgenlos. Die Mitgliedsverbände des Aktionsbündnisses aktives Wolfsmanagement verlassen das Dialogforum Weidetierhaltung und Wolf. Sie zweifeln an der wahren Absicht des niedersächsischen Umweltministeriums, für die Weidetierhalter zeitnah Lösungen durchzusetzen, denn Ansätze dazu hätten sie seit Jahren geliefert. Das Landvolk spricht darüber hinaus in einer Pressemitteilung vom inakzeptablen Umgang mit den Weidetierhaltern seitens des Umweltministeriums.

Jörn Ehlers, der Sprecher des Aktionsbündnisses und Landvolk-Vizepräsident, erklärt dazu: „Wir haben Umweltminister Meyer schon vorab in einem Schreiben unseren Unmut bezüglich der bisherigen unzureichenden Bemühungen und Fortschritte im Umgang mit dem Wolf mitgeteilt. Die Missachtung unserer Mitarbeit seitens der Landesregierung sowie deren Umgang mit allen Gruppen, die im Aktionsbündnis aktives Wolfsmanagement vereint sind, lassen aktuell keinen anderen Schritt als ein Aussetzen der Mitarbeit zu.“

In dem Schreiben, das im Februar an den zuständigen Umweltminister Meyer ging, kritisieren sie den schleppenden und intransparenten Prozess und bezweifeln insgesamt die Handlungsfähigkeit des Dialogforums Wolf, hier zeitnah Lösungen zum schnellen Abschuss des Wolfes und zur Finanzierung des Herdenschutzes zu liefern.

Rücktritt der Umweltminister gefordert

Der Förderverein der Deutschen Schafhaltung geht in seinem Unmut über die zurückgenommene Abschussgenehmigung sogar noch einen Schritt weiter und fordert den Rücktritt aller Umweltminister in Deutschland. In ihrer Pressemitteilung heißt es: „Rechtssicherheit für Weidetierhalter sieht anders aus. Alle Ministerinnen und Minister haben sich damit für Ihr Amt disqualifiziert – und sollten umgehend abgelöst werden“.

Was die Schafhalter besonders enttäuscht: Die Umweltminister räumen der Weidetierhaltung zwar einen hohen Stellenwert ein, halten jedoch parallel an der Ausbreitung gefährlicher Wolfsrudeln fest. Ungeachtet dessen, dass es in einigen Regionen bereits jetzt die weltweit höchste Populationsdichte gibt: „Zu den bedrohten Arten zählt nicht mehr der Wolf, aber so manche Schafrasse – und nicht zuletzt Pflanzen und Tiere in speziellen Naturräumen, die nur durch unsere Schafe erhalten bleiben“, gibt der Vorsitzende des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung Wendelin Schmücker zu bedenken.

Heckrinderherde auf der Weide
Den Schutz durch die Herde sah ein Gericht als ausreichend für das gerissene Heckrind an. Dennoch bleibt der Schnellabschuss des Wolfes aus. © Sabine Rübensaat
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Schäfermeister Ingo Stoll aus Langsdorf mit vom Wolf gerissenen Schafen auf dem Stralsunder Boulevard. © Norbert Fellechner
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