Arbeiten in der Landwirtschaft: Rastloser Enthusiast
Er war und ist vieles: Schäfer, Melker, Direktvermarkter. Der Thüringer Thomas Schröder, heute Herdbuchzüchter von Hinterwäldern, erlebte schon Höhen und Tiefen. Und ihn treibt bereits die nächste Vision um.
Von Silvia Kölbel
Egal ob im Haupt- oder Nebenerwerb: Thomas Schröder aus Drosen, einem kleinen Dorf im Altenburger Land, ist in seinem fast 40 Jahre währenden beruflichen Leben schon vielen Tätigkeiten nachgegangen. Doch immer hatte seine Arbeit etwas mit Landwirtschaft zu tun. Aktuell verdient er sein Geld als Spediteur. Zwölf Fahrzeuge, darunter zehn Sattelzüge, sind in seinem Auftrag unterwegs. Einen großen Teil seiner Aufträge generiert er in der Agrarbranche, fährt Saatgut, Dünger, Heil- und Gewürzpflanzen, Futtermittel oder Landtechnik.
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Hinterwälder: Den ursprünglichen Farbschlag im Visier
Ein Leben ohne Tiere kann er sich nicht vorstellen. Seinen Hof, die Silberbach-Ranch, erbte er von den Vorfahren. Dessen Existenz lässt sich bis ins Jahr 1370 zurückverfolgen. Dort lebt zurzeit eine 18-köpfige Hinterwälderherde. Alle Tiere sind im Herdbuch eingetragen. Schröder sieht sich als Perfektionist. „Wenn ich etwas anfange, dann mache ich es richtig. Ich will die besten Kühe im Stall zu stehen haben und nicht irgendwas“, lautet seine Devise.
Als er sich vor acht Jahren entschloss, Rinder zu halten, entdeckte er zufällig die Hinterwälder, die als kleinste mitteleuropäische Rinderrasse gelten. „Es ist eine vom Aussterben bedrohte Rasse. In der ursprünglichen Farbe, weiß-gelb gefleckt, gibt es nicht mehr viele Tiere. Deshalb habe ich mir das Ziel gesetzt, den alten Schlag zu züchten“, sagt er.
Um den Erhalt der Rasse zu sichern, wurden in den 1970er-Jahren Vorderwälder eingekreuzt, deren roter Farbanteil immer wieder durchschlägt. „Selbst bei der Anpaarung einer gelben Kuh mit einem gelben Bullen fiel ein rotes Kalb“, ärgert sich Thomas Schröder.
Mit Schafherde in der Wende gestartet
Die Rinderhaltung auf der Silberbach-Ranch steht derzeit am Ende einer langen Tierhalter-Geschichte mit vielen Facetten. Gelernt hat Schröder Schäfer, später folgte eine Melkerausbildung. „Ich wollte immer Bauer sein“, sagt er. Doch 1990 sah er sich auf einmal mit der Arbeitslosigkeit konfrontiert und entschied sich, mit 400 Mutterschafen in die Selbstständigkeit zu starten. „Mit den 45 Hektar Grünland, die ich pachten konnte, kam ich nicht über die Runden. Naturschutzflächen zum Abweiden gab es in meiner Umgebung keine, und allein vom Lämmerverkauf konnte ich nicht leben.“
Schröder entschied sich, eine Direktvermarktung ohne Schafhaltung aufzubauen. Er mästete auf dem Hof Gänse, Enten und Schweine und baute ein Schlachthaus. „Das funktionierte gut“, blickt er auf die Jahrtausendwende zurück. Auch die Zucht von Altdeutschen Hütehunden, von Haflingern und Westernpferden fällt in diese Zeit, aus der der Name Silberbach-Ranch stammt. Immer neue bürokratische Hürden zwangen den Landwirt in die Knie. Erst habe er sich bei der Nutzung des Schlachthauses zwischen Geflügel und Schweinen entscheiden müssen und verzichtete schließlich auf die Mast von jährlich 500 Gänsen und 1.000 Enten. Später sollte Schröder die Schweine zum Schlachthof nach Altenburg bringen.
Das Ende des Haupterwerbs
„Ich durfte nur noch zerlegen. Allein vom Schlachten von rund 50 Schweinen im Jahr konnte meine Familie jedoch nicht leben. Ich brauchte einen Zweitjob.“ Es war das Ende des landwirtschaftlichen Haupterwerbs. Schröder gründete ein Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen und wenig später die Spedition. „Ich wollte nie Spediteur werden. Aber die Nachfrage war da, also absolvierte ich die Ausbildung zum Güterkraftverkehrsunternehmer und betreibe diese Tätigkeit heute mit Leidenschaft.“ In Spitzenzeiten beschäftigte der als Spediteur tätige Landwirt 25 Mitarbeiter.
Doch sein Büro- und Fahrjob allein füllte ihn nicht aus, etwas fehlte. „Als Kind hatte ich immer ein Aquarium. Also kam ich auf die Idee, mir ein Becken mit Diskusfischen ins Büro zu stellen.“ Doch Schröder, der Perfektionist, ließ es nicht bei ein paar Fischen bewenden. „Ich fing an zu züchten.“ Was ganz harmlos begann, entwickelte sich zu einer in ganz Europa bekannten Diskusfischzucht mit 15 Farbschlägen, darunter eine eigene Farbzucht pünktlich zur Fußball-WM in Deutschland 2006: schwarz, rot, gelb.
Fischzucht: Aufzuchtbecken im ehemaligen Kuhstall
Die insgesamt 90.000 l fassenden Aufzuchtbecken fanden ihren Platz im ehemaligen Kuhstall. Die Einrichtung, zu der Labortechnik, ein Lichtprogramm und eine ausgeklügelte Temperatursteuerung gehörten, verschlang rund eine Viertelmillion Euro. „Ich verkaufte jeden Monat mehrere Tausend Fische“, so Schröder. Gleichzeitig leitete er, unterstützt von Ehefrau Katja, die Spedition und bot als Gala-Bau-Unternehmer weiterhin Dienstleistungen an.
Die Katastrophe in der Zierfischzucht kam unbemerkt über Nacht. Ein Thermostat versagte den Dienst, das Wasser erwärmte sich zu stark. Früh war der größte Teil der Fische tot. „Ich hatte alles abgesichert, dass sich das Wasser aber zu sehr erhitzen könnte, hatte ich nicht bedacht“, so Schröder. Von den verbliebenen Diskus trennte sich der Züchter endgültig, als sich bei ihm gesundheitliche Probleme einstellten.
Als er wieder auf den Beinen war, verlagerte sich das Interesse in Richtung Selbstversorger. Unter anderem zogen Lachshühner auf dem Hof ein. Mit der seltenen Hühnerrasse erwachte wieder sein Interesse an der Zucht.
Den Fischzuchtbecken im alten Kuhstall folgten Volieren für die Lachshuhnzucht: 15 Zuchtgruppen, vier Farbschläge. Es waren regelmäßig 30 Hähne und 60 Hennen im Einsatz. 2012 holte Schröder auf der Lipsia in Leipzig mit seinen Lachshühnern den Europameistertitel. Tochter Liese (19) tat es ihrem Vater gleich und widmete sich mit derselben Leidenschaft erfolgreich der Lachshuhnzucht und gewann den Deutschen Jugendmeister-, aber auch Kreismeistertitel.
Selbstversorgung besitzt einen großen Reiz
Inzwischen geht Schröder, der jetzt 54 Jahre alt ist, die Dinge etwas ruhiger an. Manchmal bremst ihn auch seine Frau. An neuen Ideen mangelt es dem Landwirt aus Leidenschaft aber trotzdem nicht. Neben den Lachshühnern, deren Bestand sich in der ausstellungsfreien Coronazeit inzwischen auf zehn Tiere verkleinert hat, züchtet Schröder noch Kaninchen der Rasse Rheinische Schecken, auch zwei Altdeutsche Hütehunde und zwei gescheckte Pferde, sogenannte Pintos, leben auf dem Hof. Er gehört nach wie vor dem örtlichen Kleintierzuchtverein an und saß auch viele Jahre im Gemeinderat seines Wohnortes. „Die Selbstversorgung in Form einer solidarischen Landwirtschaft wäre ein Thema, für das ich mich noch einmal einsetzen würde, wenn ich genug Gleichgesinnte fände“, beschreibt er seine nächste Vision.