Julian Mieth, Cem Özdemir und Dr. Burkhard Schmied beim Erntebericht auf der Domäne Dahlem (v.l.) (c) Jeremy Deane

Özdemir zur Getreide-Ernte 2024: „Landwirte haben Großes geleistet“

Mit nur 34,5 Millionen Tonnen Getreide verfehlt die Getreide-Ernte 2024 die 40-Millionen-Tonnen-Marke deutlich. Damit bestätigt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die negative Prognose des Bauernverbandes. Auch die europäische Bilanz erwartet ein unterdurchschnittliches Ergebnis.

Von Jeremy Deane

Die Getreide-Ernte 2024 fällt im Vergleich zum Vorjahr um 9,1% geringer aus, dafür sorgten ungünstige Witterungsbedingungen, wenig Sonnenschein und wechselhafte Temperaturen. Diese ungünstige Kombination führt in diesem Jahr zu unterdurchschnittlichen Erträgen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zeigte sich dankbar für die Leistung der Landwirte und sagte: „Unsere Landwirtinnen und Landwirte haben Großes geleistet“. Die Ergebnisse präsentierte er am Mittwochnachmittag auf der Domäne Dahlem, einem Ökobetrieb mit Freilandmuseum für Agrar- und Ernährungskultur in Berlin. Unterdessen sind die Ertragsprognosen auf EU-Ebene für viele Kulturen unterdurchschnittlich.

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Dr. Schmied und Cem Özdemir präsentieren den Erntebericht 2024.
Dr. Schmied vom BMEL und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir präsentieren gemeinsam den Erntebericht 2024 (v.l.). (c) Jeremy Deane

Getreide-Ernte 2024 sinkt um 10 Prozent

Mit dem Erntebericht bestätigt das BMEL die Prognose des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Im Vergleich zum sechsjährigen Durchschnitt wird die Getreide-Ernte 2024 um 9,9% geringer ausfallen. Die Erträge liegen bei einer Gesamterntemenge ohne Mais von 34,5 Millionen Tonnen und entsprechen den bisherigen Schätzungen. „Alles in allem können wir zufrieden sein mit der Ernte, auch wenn sie im bundesweiten Mittel unterdurchschnittlich ausfällt“, kommentiert Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die diesjährigen Erträge.

Die Anbaufläche von Winterweizen ist wegen der Niederschläge während der Aussaat um 11,8% auf 2,49 Mio. ha zurückgegangen. Die Erntemenge der wichtigsten Getreideart des Landes wird mit 18 Mio. t um 14,8% unter der des Vorjahres liegen. Im Durchschnitt liegt der vorläufige Hektarertrag bei 72,4 dt, dies entspricht einer Abnahme von 3,4%.

Aufgrund der schwierigen Aussaatbedingungen haben viele Landwirte auf Sommerungen umgestellt, wodurch sich die Fläche sehr stark vergrößerte. Deutschlandweit erhöhte sich die Fläche um 179,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (85.1000 Hektar). Die Erträge liegen mit 55,7 dt/ha ebenfalls über dem Vorjahresniveau (+30%).

Markus Heiermann, Leiter des Gemüsebaus auf der Domäne Dahlem erklärt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wie das landwirtschaftliche Jahr auf dem Betrieb ausgefallen ist.
Markus Heiermann, Leiter des Gemüsebaus auf der Domäne Dahlem, erklärt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wie das landwirtschaftliche Jahr auf dem Betrieb ausgefallen ist (v.l.). (c) Jeremy Deane

Özdemir: Weiter so schadet der Landwirtschaft

Beim Winterweizen liegt der durchschnittliche Hektarertrag in Ostdeutschland bei 72,6 dt. Brandenburg weist die kleinste Erntemenge mit 60,7 dt/ha auf. Darüber liegen Thüringen mit 74,0 dt/ha, Sachsen-Anhalt mit 74,6 dt/ha und Sachsen mit 75,8 dt/ha. Spitzenreiter in Ostdeutschland und bestätigter Zweiter in Deutschland ist Mecklenburg-Vorpommern mit 78,0 dt/ha.

Der vorläufige Rohproteingehalt sinkt insgesamt auf 11,5%. Im Jahr 2023 lag dieser noch bei 11,9%. Thüringen weist mit 12,7% den höchsten Gehalt in Deutschland auf. Den Zusammenhang zwischen sinkenden Qualitäten und Erträgen und einer restriktiven Pflanzenschutz- und Düngepolitik, welche der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, letzte Woche angesprochen hatte, bestreitet das BMEL. Die Witterung habe in diesem Jahr den größten Einfluss auf die Erträge gehabt.

Dr. Burkhard Schmied, Leiter der Abteilung „Landwirtschaftliche Produktion, Gartenbau, Agrarpolitik“ im BMEL, sagte, er könne den Vorwurf des DBV-Präsidenten so nicht bestätigen. Und auch der Bundeslandwirtschaftsminister fand deutliche Worte: Es sei falsch, jetzt weiter auf einen Kurs zu setzen, der uns in die Krise geführt habe, und fügte hinzu: „Befürworter des ´Weiter so´ schaden der Landwirtschaft“.

Eine überflutete Ackerfläche. Ein nasses Frühjahr behinderte vielerorts den Aufwuchs der Kulturen.
Ein nasses Frühjahr behinderte vielerorts den Aufwuchs der Kulturen. (c) Sabine Rübensaat

Plus von 23,6% bei Sommergersten-Erträgen

Auch die Wintergerste folgt im Ergebnis den negativen Prognosen. Durchschnittlich ernteten die Landwirte 67,3 dt/ha, das entspricht einem Minus von 9,3% zum Vorjahr. In diesem Jahr war die Anbaufläche sogar um 1,3% gestiegen. Insgesamt erwartet das Ministerium eine Menge von 8,8 Millionen Tonnen (-8,2%).

In Ostdeutschland lag die Wintergersten-Ernte im Schnitt bei 67,74 dt/ha und damit etwas über dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Mecklenburg-Vorpommern liegt mit 79,0 dt/ha erneut an zweiter Stelle der deutschen Gerstenernte. Sachsen-Anhalt liegt mit 71,3 dt/ha darunter, gefolgt von Thüringen mit 69,2 dt/ha und Sachsen mit 65,5 dt/ha. Die geringste Menge mit 53,7 dt/ha wurde in Brandenburg geerntet.

Auch hier konnte das sommerliche Pendant besser abschneiden. Die Anbaufläche vergrößerte sich um 12,7% auf 362.400 Hektar. Und auch der durchschnittliche Hektarertrag fiel mit einem Plus von 23,6% auf durchschnittlich 54,4 dt/ha deutlich höher aus. Insgesamt konnte die Erntemenge um mehr als ein Drittel auf 1,97 Millionen Tonnen gesteigert werden.

Im Osten wurde in Brandenburg mit Abstand am wenigsten Sommergerste geerntet (27,7 dt/ha). Mecklenburg-Vorpommern erzielte 42 dt/ha. Näher beieinander lagen die Erträge in Thüringen (57 dt/ha), Sachsen-Anhalt (58,1 dt/ha) und Sachsen (59,9 dt/ha).

Maisschätzung bleibt stabil

Insgesamt konnten 3,6 Millionen Tonnen Raps geerntet werden, das sind 14,3% weniger als im Vorjahr. Die Anbaufläche sank um 7,3 Prozent auf insgesamt 1,09 Millionen Hektar. Das Max Rubner-Institut ermittelte vorläufig einen durchschnittlichen Ölgehalt von 44,1 Prozent. Damit liegt die Rapsqualität in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (44,8%).

Der Körnermais konnte vielerorts von den Niederschlägen profitieren, so dass das Ministerium eine durchschnittliche Ernte von 97,2 dt/ha erwartet. Dies würde sowohl das Vorjahr (+1%), als auch den sechsjährigen Mittelwert (+6%) übersteigen. Ein gutes Ergebnis beim Körnermais könnte die Gesamtbilanz etwas verbessern und auf insgesamt 39 Millionen Tonnen ansteigen lassen. Trotzdem blieben bei jetzigen Schätzungen die Gesamtgetreidemenge um 7,2% hinter dem Vorjahr und um 6,8% hinter dem mehrjährigen Mittel zurück.

Lagergetreide auf Feld
Wechselhafte Konditionen zur Ernte sorgten in vielen Regionen Europas für Lagergetreide und schlechtere Qualitäten. (c) Sabine Rübensaat

EU-Prognose liegt unter Fünfjahresdurchschnitt

Zusätzlicher Druck auf die Landwirte entstehe derzeit durch vergleichsweise niedrige Preise und anhaltend hohe Produktionskosten. Dr. Schmied verwies auf die Situation am Weltmarkt. Die Ernten seien weltweit gut bis überdurchschnittlich. Dieses Angebot wirke sich auch direkt auf die deutschen Preise aus.

Mit dem vorgestellten Ernteergebnis reiht sich Deutschland in die EU-Ertragsprognosen für dieses Jahr ein. Diese liegen unter dem Fünfjahresdurchschnitt, nachdem die Crop Monitoring Agency (MARS) der Kommission ihre Erwartungen im August nach unten korrigiert hatte. Die Winterkulturen erlebten in weiten Teilen Nord- und Nordwesteuropa ein zu nasses Ende der Saison. Die Sommerkulturen wie Körnermais und Sonnenblumen wurden in weiten Teilen Süd- und Osteuropas durch ungewöhnlich heiße Bedingungen und eine begrenzte Wasserverfügbarkeit stark beeinträchtigt.

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Deutliche Worte findet Joachim Rukwied auch in Richtung der Politik. (c) Jeremy Deane
Deutliche Worte findet Joachim Rukwied auch in Richtung der Politik. (c) Jeremy Deane

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