Für fairen Umgang

Protest und Blockaden gehen weiter

In Barleben bei Magdeburg versperrten am vorvorigen Sonntag rund 70 Landwirte die Zufahrt zu einem Aldi-Lager. Die Polizei räumte Sitzblockaden. (c) Martin Dippe
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Aufgrund der Blockaden mehrerer Lebensmittellager durch Landwirte hatte die Schwarz-Gruppe Gesprächsbedarf bei der Bundesregierung angekündigt. Ein Angebot des Discounters Lidl, 50 Mio. Euro für die Initiative Tierwohl bereitstellen zu wollen, stieß bei Landwirten auf Ablehnung.

Nach zahlreichen medienwirksamen Lagerblockaden und Demonstrationen von Landwirten vor Filialen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) hat die Schwarz-Gruppe, zu der auch der Dicounter Lidl gehört, bei der Bundesregierung dringenden Gesprächsbedarf angemeldet. Bei einer Videokonferenz mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner am Donnerstag (3. Dezember) wurde auch über konkrete Hilfen für die von Corona und Afrikanischer Schweinepest (ASP) gebeutelten Tierhalter gesprochen.

Klöckner hatte einen Verhaltenskodex vorgeschlagen, mit dem sich der Handel eigene Regeln für ein faires Miteinander gibt. Die Aldi-Unternehmen Nord und Süd unterstützen einen solchen Kodex. In einer gemeinsamen Pressemitteilung vom Sonntag sprechen sie sich für ein „Fair Trade für die heimische Landwirtschaft“ aus und befürworten „angemessene Bezahlung bei höheren Qualitätsstandards“.

Schweigegeld abgelehnt

Die Schwarz-Gruppe kündigte überdies an, der Initiative Tierwohl (ITW) im kommenden Jahr 50 Mio. € zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld sollen die wirtschaftlichen Einbußen kompensiert werden, die Tierhalter infolge der aktuellen Marktverwerfungen verzeichnet haben. Aus Sicht der Initiative „Land schafft Verbindung“ (LsV) müssten den Worten endlich Taten folgen. Das Gesprächsangebot sei lediglich ein Spiel auf Zeit. Benötigt würden weder „Schweigegeld“ noch Lippenbekenntnisse. Man habe keine Zeit mehr, „wir sind an dem Punkt, an dem wir nicht mehr können!“, heißt es in einer Presseinformation.

Auch beim Deutschen Bauernverband (DBV) stieß das Lidl-Angebot auf wenig Begeisterung. Den Landwirten sei mit einer „netten Geste“ nicht geholfen, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Er sieht das Angebot zwar als „Zeichen der Wertschätzung für die Initiative Tierwohl“, weist aber darauf hin, dass die Bauern wegen des andauernden Preiskampfs im Handel Erlöse in Höhe des angekündigten Betrages fast wöchentlich verlören. So ein Trostpflaster reiche bei Weitem nicht. Notwendig sei vielmehr eine grundlegende Veränderung in der Zusammenarbeit. Dazu gehört aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes eine klare Selbstverpflichtung des Handels zum Ausstieg aus der „Dauerniedrigpreiskultur“, Transparenz durch eine flächendeckende Herkunftskennzeichnung und eine angemessene Bezahlung für höhere Qualitätsstandards.

Die Proteste von Landwirten rissen auch in dieser Woche nicht ab. Seit Montag (7. Dezember) blockierten Bauern in mehreren Bundesländern wieder Warenlager des Lebensmitteleinzelhandels, so in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Bayern und weiteren Bundesländern. In Niedersachsen waren nach Polizeiangaben wenigstens acht Standorte von Discountern betroffen.

Rangeleien in Barleben

Mit einer spontanen Aktion beteiligten sich Landwirte aus mehreren Landkreisen Sachsen-Anhalts am vorvorigen Sonntag (6. Dezember) an den Protesten. Ziel war das Zentrallager des Discounters Aldi in Barleben bei Magdeburg. Ab dem frühen Nachmittag fanden sich nach und nach rund 70 Teilnehmer mit etwa 40 Schleppern sowie weiteren Fahrzeugen vor Ort ein.

Gegen 16 Uhr startete die Auslieferung von Waren per Lkw an die Filialen. Zeitgleich kam Bereitschaftspolizei zum Einsatz. Landwirte, die sich mit Sitzblockaden friedlich den ausfahrenden Lkw entgegenstellen wollten, seien relativ rabiat von der Straße gezerrt bzw. am Betreten gehindert worden, sagte ein Sprecher der Landwirte der Bauernzeitung. Videos in den digitalen Netzwerken belegen das nicht gerade zimperliche Vorgehen der Einsatzkräfte. Die protestierenden Bauern harrten dennoch bis in die frühen Morgenstunden vor dem Barleber Zentrallager aus. red