Putenmast in Reitwein: Wirtschaften und Widerstände

Baustopp für den Umbau von ehemaligen Rinderställen in Golzow. Hier sollen Hähnchen nach Fair-Mast-Kriterien gemästet werden. (c) Heike Mildner
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Von Heike Mildner

Kaum ein Stallbauvorhaben, das nicht von einer Bürgerinitiative begleitet wird. Im Oderbruch geht es derzeit um zwei Unternehmungen der Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH: den Umbau von Rinder- in Hähnchenmastställe in Golzow und der Umbau von Rinderställen in eine Putenmastanlage in Reitwein.

Die Reitweiner Bürgerinitiative hat es am Freitagabend mit ihrem Protest bis in die Tagesthemen geschafft. Sie befürchtet Lärm- und Geruchsbelästigungen und sieht die „Perle des Oderbruchs“ durch einen Stallumbau gefährdet. Auch der Reitweiner Bürgermeister stellt sich gegen das Vorhaben der Landwirte.

Worum genau geht es in Reitwein? In drei Rinderställen aus DDR-Zeiten sollen demnächst 14.920 Puten gemästet werden. Ende 2016 stellte die Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH einen Bauantrag bei der Unteren Baubehörde des Landkreises Märkisch-Oderland. Im vergangenen Monat wurde der Antrag nach knapp dreijähriger Prüfung rechtskräftig genehmigt. Landrat Gernot Schmidt sieht bei dem Vorgang keine Probleme und sagt das den Filmleuten. Detlef Brauer, Geschäftsführer der Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH, äußert sich dem Filmteam gegenüber nicht. „Meine Erfahrung ist, dass man bei denen, die dagegen sind, mit Argumenten nicht weiterkommt. Von unseren 1.000 Verpächtern hat sich noch niemand beschwert, und das sind die, denen wir uns letztlich verpflichtet fühlen“, sagt Brauer gegenüber der Bauernzeitung

Detlef Brauer in einem der Hähnchenställe in Sachsendorf. (c) Heike Mildner

Dass der Stall zwischenzeitlich verkauft wurde, sieht die Bürgerinitiative als Skandal an. Für Brauer ist der Verkauf ein normaler Vorgang. „Für die Putenmast hat sich ein Landwirt aus Oldenburg interessiert, der zwei Söhne hat. Einer muss den Hof verlassen und kommt jetzt nach Reitwein. Das Baugenehmigungsverfahren hatten wir schon begonnen und vereinbart, dass der Verkauf erst wirksam wird, wenn der Umbau genehmigt ist. Das ist jetzt der Fall“, so Brauer. Allerdings, so berichtet die Märkische Oderzeitung, haben neben der Gemeinde acht Privatleute Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt. Zudem prüft die Gemeinde, wie sie das Vorkaufsrecht wahrnehmen könnte, und die Bürgerinitiative hat zu einer bundesweiten Spendensammlung aufgerufen.

„Die Klagen richten sich gegen die Entscheidung der Behörde, nicht gegen uns – wir sind nur die Leidtragenden“, verweist Detlef Brauer auf seine Seite der Medaille. Bei einem zweiten Bauvorhaben des Landwirtschaftsbetriebes geht das Genehmigungsverfahren mittlerweile ins sechste Jahr. Auch hier stellt sich eine Bürgerinitiative gegen den Umbau ehemaliger Rinderställe. In Golzow soll eine Hähnchenmastanlage entstehen. Die Gemeinde ist dafür, der Gemeinderat entschied sich einstimmig bei zwei Enthaltungen für die Hähnchenmast.

Die Ställe in Sachsendorf sind umgebaut, Beschwerden gibt es hier keine. (c) Heike Mildner

Am 15. Juli gab das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einem Anwohner Recht, der gegen die Genehmigung geklagt hatte. Die Bürgerinitiative jubelte über den Baustopp und wandte sich mit einem Brief an Landwirtschaftsminister Vogel. Er möge das Ganze zu ihren Gunsten beenden. Aber so einfach ist es in einem Rechtsstaat nicht, ist Detlef Brauer überzeugt und weiter optimistisch, dass der Umbau letztlich genehmigt wird.

Im benachbarten Sachsendorf, wo von der Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH bereits Rinderställe in Fair-Mast-Hähnchenställe umgebaut wurden – übrigens ein Brandenburger Demonstrationsbetrieb für Tierwohl –, läuft die Produktion rund. Beschwerden gab es dort keine, seitdem die Hähnchen eingestallt wurden, sagt Brauer. Ein ausführliches Interview mit ihm lesen Sie in Ausgabe 32 der Bauernzeitung.