Rukwied bleibt Präsident des Bauernverbandes

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Nach deutlicher Kritik an der Außenwirkung des Verbandes waren die Vorstandswahlen im Deutschen Bauernverband mit Spannung erwartet worden. Rukwieds Wiederwahl schien dieses Mal nicht sicher.

Von Ralf Stephan

Joachim Rukwied bleibt Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Bei den turnusgemäßen Vorstandswahlen in Erfurt erhielt er 373 von 467 möglichen Stimmen, das entspricht einer Zustimmung von 81,6 %. Sein kämpferischer Aufruf, in den nächsten vier Jahren „den Bauernverband stärken, moderner machen und nach vorne bringen“ zu wollen, dürfte ihm dabei die entscheidenden Stimmen gebracht. Denn im Vorfeld des Deutschen Bauerntages war die Kritik am Erscheinungsbild des Verbandes und der Wirkung seiner Arbeit zuletzt immer lauter geworden.

Klare Worte, die überfällig waren

Manches klare Wort hätte er sich schon in der Vergangenheit von seinem Präsidenten gewünscht, sagte Ulrich Löhr, Vizepräsident im Landvolk Niedersachsen, der sich als erster in der kurzfristig angesetzten Aussprache zu Rukwieds Grundsatzrede zu Wort meldete. „Wir haben zuletzt viel erklärt und vermittelt, dabei kam vielen unserer Mitglieder das Kämpferische zu kurz“, konstatierte der Landwirt und forderte dazu auf, auf allen Ebenen sichtbarer für die Interessen der Mitlieder zu kämpfen.

Die Messehalle 1 in Erfurt bot coronakonforme Bedingungen. (c) Ralf Stephan

Diesen Ansatz griff Christian Schmidt aus Sachsen-Anhalt auf. „Immer weichgespült zu reden, bringt nichts“, sagte er und rief ebenfalls dazu auf, „Verbandsarbeit sichtbarer zu machen“. Es gehe darum, auch Berufskollegen außerhalb des Bauernverbandes zu erreichen und auch den begonnenen Dialog mit „Land schafft Verbindung“ fortzuführen.

„Nicht aneinander zu zweifeln hilft, sondern aneinander zu glauben“, sagte Sven Deter aus Brandenburg. Er forderte, die Reihen im Berufsstand zu schließen und nicht von den Grundsätzen des Verbandes abzuweichen. „Explodierende Auflagen und Kosten, die uns davonlaufen – das ist ein Kernthema, an dem wir dranbleiben müssen“, riet Deter, der zugleich fragte: „Gibt es noch Planungssicherheit für Tierhalter in Deutschland?“

Landesvizes sollten wählbar werden

Andrea Rahn-Farr aus Hessen griff den Vorschlag Rukwieds auf, die Satzung des DBV dahingehend zu modernisieren, dass die Verjüngung des Präsidiums gelingt. Sie regte an, dass künftig auch Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten von Landesbauernverbänden zur Präsidentin oder zum Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes gewählt werden kann.

„Wenn ich mir den Altersdurchschnitt im Saal und im Präsidium ansehe, dann zeigt sich unser Problem ganz deutlich: Sie werden in den kommenden vier Jahren für Stabilität sorgen, aber wir brauchen Verjüngung“, sagte eine Delegierte aus Nordostniedersachsen. Sie sprach sich dringend dafür aus, in dieser Frage für Veränderung zu sorgen, um die richtigen Signale an jüngere Bäuerinnen und Bauern zu senden.

Joachim Rukwied sicherte zu, dies zu einem Ziel der kommenden Wahlperiode zu machen. Zugleich wies er darauf hin, dass der DBV ein Dachverband sei, der am Ende auch widerspiegele, wie die Landesverbände aufgestellt seien. Zudem gebe es in der Geschichte des Verbandes immer wieder „Generationsschübe“.

Johanna Mandelkow aus der Uckermark, eine der Veranstalterinnen der großen Treckerdemonstrationen des letzten Jahres in Berlin, machte noch einmal deutlich, das dem Bauernverband eine Beteiligung damals gut zu Gesicht gestanden hätte. Ihr Eindruck sei, dass der Verband längst nicht mehr so einheitlich und stark sei, wie es nötig sein. Sie mahnte, Signale aus den digitalen Netzwerken ernst zu nehmen, auch wenn ihre Allgemeingültigkeit nicht überschätzt werden dürfe.

Kämpferische Grundsatzrede des Präsidenten

Portrait von Joachim Rukwied, dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (c) DBV

„Landwirtschaft muss auch bei uns eine Zukunft haben, dass sind wir Deutschland schuldig“, beantwortete Rukwied die Frage nach den Perspektiven für Bauernfamilien. Dafür gilt es weiter mit einem einheitlichen und starken Bauernverband zu kämpfen.

Als sehr großen Erfolg der berufsständischen Interessenvertretung führte Rukwied an, dass das EU-Agrarbudget für die nächste GAP-Periode trotz des Brexits um 1,1 % höher ausfallen wird als bisher. „In meinen kühnsten Erwartungen als Copa-Präsident ging ich davon aus, dass wir einen Agrarhaushalt in gleicher Höhe erreichen können.“

Den Delegierten lag ein DIN-A4-Blatt vor, auf dem weitere Erfolge des Deutschen Bauernverbandes in den Jahren 2019 und 2020 aufgelistet waren. Ganz oben stehen die Saisonkräfteregelung, die zusätzlichen 1,3 Milliarden Euro für den Klimaschutz bis 2023 und die ersten Schritte hin zu einer Bestandregulierung beim Wolf.

Aus diesen Erfolgen sollte der Verband Kraft für anstehende Aufgaben schöpfen, forderte Rukwied in seiner immer wieder von Applaus unterbrochenen Grundsatzrede. Dazu zählte er vor allem die Düngeverordnung, die aus seiner Sicht kein abgeschlossenes Thema ist. Sie trage ihm zu sehr die Handschrift des Bundesumweltministeriums oder Umweltorganisationen und zu wenig Handschrift des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Von dort müssten zeitnah Vorschläge für die Nachbesserung kommen.

Ebenso erwarte er mehr Kreativität im Hause Klöckner, um in der Öffentlichkeit den Beitrag der Landwirtschaft für mehr Biodiversität bewusst zu machen, sagte Rukwied. Hausaufgaben habe die Politik außerdem vor allem beim Thema Insektenschutz und bei den baugesetzlichen Regelungen für mehr Tierschutz in den Ställen noch dringend zu erledigen.

Als „andere große Baustelle“ sieht es Rukwied an, die neuen Gemeinsame Agrarpolitik in Deutschland und in den Ländern so umzusetzen, dass sie Bauernfamilien Perspektiven aufzeigen. Angesichts der parteipolitischen Zusammensetzung der Agrarministerkonferenz sei dies eine gewaltige Herausforderung.

Von den aktuellen Problemen ging Rukwied ausführlich auf die Afrikanische Schweinepest (ASP) ein. Er sprach von der größten Katastrophe für die Schweinehalter seit Jahren. Der DBV-Präsident forderte die Schlachtunternehmen auf, alle Kapazitäten zu mobilisieren und auch an den Wochenenden zu arbeiten, um den Stau in den Ställen abzubauen. Es kann nicht angehen, dass man plötzlich die Schuld für den Schweinestau bei den Betroffenen sieht, sagte Rukwied in Richtung Bundeslandwirtschaftsministerin.

„Im Moment arbeiten wir leise, aber trotzdem mit Druck und Erfolg“, kommentierte Rukwied den Umstand, dass der nach Corona-Fällen von einer dreiwöchigen Schließung bedrohten Schlachthof Sögel nun doch in Betrieb bleibt.

Rukwied räumte Fehler ein

Stummer Protest vor der Messehalle in Erfurt. (c) Ralf Stephan

Ausführlich ging der Präsident auf die Kritik ein, die im Verband gegen ihn laut geworden ist. „Kritik muss man sich stellen“, sagte Rukwied. Er selbst frage sich selbst immer wieder, ob er und sein Team richtig handeln. Dabei geschehen auch Fehler, räumte er ein. „Der Rukwied soll mehr draufhauen, ein bisschen ,trumpen‘“. So gern er das manchmal täte – das allein reiche nicht, sagte Rukwied. „Am Ende geht es um Mehrheiten, muss man Verbündete gewinnen und bedenken, dass man sich mindestens zweimal trifft.“ Das bedeute nicht, nicht immer dann klare Kante zu zeigen, wenn es nötig sei.

Detlef Kurreck wurde zum Vizepräsidenten des DBV gewählt.

Rukwied überließ den Delegierten die Einschätzung, ob es richtig war, sich im letzten Herbst nicht den großen Demonstrationen anschließen. Sie seien wichtig gewesen und hätten „Wucht gebracht“. Rukwied wiederholte jedoch seine Kritik an Tendenzen zur Radikalisierung, wie sie beim EU-Agrarministertreffen in Koblenz sichtbar geworden sind. Er beschrieb, dass Ministerkolleginnen und -kollegen von Julia Klöckner, mit denen er sprechen konnte, überwiegend irritiert auf einige der gezeigten Plakate reagierten.

KURRECK FOLGT AUF VOGEL ALS VIZE

Als Vizepräsident wurde Detlef Kurreck (Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern) gewählt. Der 61-Jährige löst Wolfgang Vogel aus Sachsen ab, der nach Erreichen der Altergrenze nicht erneut kandidierte. Im Amt bestätigt wurden der Bayer Walter Heidl (60), der Schleswig-Holsteiner Werner Schwarz (60) und der Hesse Karsten Schmal (54).