Winterweichweizen machte im Jahr 2024 mit 5.100 ha Vermehrungsfläche ein Viertel des Gesamtumfangs des Saatbaus in Sachsen-Anhalt aus. (c) Detlef Finger

Saatbau in Sachsen-Anhalt: In Sorge um den Pflanzenschutz

Die Saatbau-Tagung 2025, zugleich Jahresmitgliederversammlung des Saatbauverbandes Sachsen-Anhalt, thematisierte aktuelle Probleme der Vermehrungsbetriebe. Neue SBV-Vorsitzende ist Elisabeth Rittweger.

Der Saatbauverband Sachsen-Anhalt (SBV) und die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt (LLG) hatten Mitte März gemeinsam zur Saatbau-Tagung nach Bernburg-Strenzfeld eingeladen. Diese war zugleich Jahresmitgliederversammlung des SBV. Interimsvorsitzender Jürgen Recht, selbst Saatgutvermehrer aus Ermsleben, freute sich über das große Interesse an der Veranstaltung: Er konnte annähernd 80 Mitglieder und Gäste begrüßen. Sachsen-Anhalts Agrarstaatssekretär Gert Zender betonte in seinem Grußwort die Mitverantwortung der Landesbehörde sowie die enge Kooperation mit dem Saatbauverband zur Unterstützung der einheimischen Züchtungs- und Vermehrungslandschaft.

Bürokratie und Auflagen auch im Saatbau

Dr. Gerhard Schilling, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Saatguterzeuger (BDS), skizzierte in seinem Grußwort, welche aktuellen Fragen in der Saatgutwirtschaft diskutiert werden müssen. Er sprach sich insbesondere gegen die drastische Reduzierung der Pflanzenschutzmittel und hohe Auflagen, die immer geringere Verfügbarkeit von Wirkstoffen, eine überbordende Bürokratie sowie die wachsende Regelungsflut aus. Stattdessen seien für den BDS neue Züchtungsmethoden, kürzere Anerkennungszeiten und eine schnellere Einführung neuer Sorten unabdingbar. Ohne die Vermehrer gebe es keinen Züchtungsfortschritt. Ein kontinuierlicher Saatgutwechsel in den Betrieben und der Einsatz zertifizierten Saatgutes seien für ordentliche Erträge und die Zukunft der Pflanzenzüchtung entscheidend.

Dr. Günther Peters, Syngenta Agro und Vorsitzender des Fachausschusses Technik beim Industrieverband Agrar (IVA), konnte in seinem sehr informativen Vortrag zur Trendumkehr bei der Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und zum Planungshorizont zur Beizung leider kein allzu optimistisches Szenario vorstellen.

Kurswechsel im Pflanzenschutz nötig

Peters kritisierte an Beispielen die zögerlichen Verfahren in Europa für den Marktzugang neuer innovativer Wirkstoffe. Zudem unterstützte er die Forderung des BDS nach Realismus in der Debatte. Den Landwirten empfahl er für die Aussaat des Sommergetreides, die aktuell verfügbaren Getreidebeizen zu nutzen, Fruchtfolgen optimal mit ganzjähriger Bodenbedeckung zu gestalten, aber auch eine konstruktive Mitarbeit in den Verbänden zur politischen Willensbildung für einen Kurswechsel zum Pflanzenschutz.

Ulrich Gierke, Dezernat 42 (Saatgutprüfung und -anerkennung) der LLG, bezifferte die im Jahr 2024 in Sachsen-Anhalt angemeldete Vermehrungsfläche auf insgesamt 20.482 ha, was ca. 11% der bundesweiten Vermehrungsfläche entspreche (Tab.). Hervorzuheben sei der verstärkte Anbau von Leguminosen und hier besonders von Markerbsen und Sojabohnen.

Hohe Anerkennungsrate im Saatbau

Die Saatgutanerkennung, so Gierke weiter, sei ein elementarer Bestandteil der Qualitätssicherung in der Saatgetreideerzeugung und praktizierter Verbraucherschutz. Hohe Vermehrungsstufen bei Winterweizen und Wintergerste zeugten bisher davon, dass in Sachsen-Anhalt starke und zuverlässige Getreidevermehrer arbeiten. Bei den Sommerungen hatten Hafer und Sommergerste deutliche Flächenzuwächse. Die Feldbestandsprüfungen (36 Feldbesichtigungen durch sechs amtliche und 30 nichtamtliche Feldbestandsprüfer) seien sehr zufriedenstellend gewesen, nur auf 3 % der Vermehrungsflächen erfolgte keine Anerkennung. Die Pflanzkartoffelvermehrung mit 808 ha gehe leicht zurück, der Abwärtstrend bei den Grassaatvermehrungen halte weiterhin an.

Jürgen Recht resümierte auf der Mitgliederversammlung im Geschäftsbericht des Vorstandes zunächst den Vegetationsverlauf des zurückliegenden Jahres 2024 und wies auf die großen regionalen Unterschiede in den Erträgen hin. Die Getreideernte in Sachsen-Anhalt sei im Vergleich zum sechsjährigen Mittel leicht überdurchschnittlich ausgefallen, mit 12 % Getreidevermehrungsfläche belege das Land im bundesweiten Ranking den dritten Platz nach Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Auf Bundesebene im Ehrenamt aktiv

Recht benannte zudem die vielfältigen Aktivitäten im Landesverband sowie in den Fachausschüssen auf Bundesebene im Vorjahr. Er betonte die konstruktive Zusammenarbeit im Saatbauverband und dankte der Geschäftsführung sowie den Mitarbeitern der Anerkennungsstelle für Saat- und Pflanzgut für ihre erfolgreiche, engagierte Arbeit. Einen herzlichen Dank richtete der Vorsitzende darüber hinaus an alle Ehrenamtlichen und Unterstützer des Verbandes.

„Die Finanzierung des Züchtungsfortschritts ist eine Solidaraufgabe der gesamten Landwirtschaft, ein stärkerer Saatgutwechsel in den Betrieben und der Einsatz von zertifiziertem Saatgut sind für ordentliche Erträge sehr entscheidend,“ betonte Recht. Er motivierte seine Berufskollegen im gemeinsamen Ringen, alle Herausforderungen von politischen Entscheidungen für den Saatgutverband anzunehmen, verwaltungstechnische Fehlentscheidungen zu benennen und mit Argumenten entgegenzuwirken. Der Saatbauverband Sachsen-Anhalt setze sich für eine nachhaltige und vor allem wettbewerbsfähige Saat- und Pflanzgutproduktion ein, so Recht.

Neue Vorsitzende im Saatbauverband

Der Geschäftsführer des Saatbauverbandes, Rainer Heinzmann, verlas hiernach den Haushaltsbericht für 2024, informierte über einen stabilen Mitgliederbestand im Veband und stellte die Finanzplanung 2025 vor. Entsprechende Beschlüsse zur Kassenprüfung erfolgten, der Vorstand des SBV wurde entlastet.

Saatbautag
Die neue Vorsitzende des Saatbauverbandes, Elisabeth Rittweger, mit Dr. Eicke Zschoche, dem langjährigen früheren Verbandschef (l.), und ihrem Stellvertreter, Olaf Heinrich. (c) Harald Lütkemeier

Auf einer ad-hoc-Vorstandssitzung im Rahmen der Saatbau-Tagung erfolgte schließlich die Neuwahl der Verbandsspitze. Elisabeth Rittweger, Prokuristin der Nordsaat Saatzucht GmbH, Böhnshausen, wurde als Vorsitzende gewählt. In ihrem Schlusswort setzte sie auf eine weiterhin gemeinsame und zukunftsorientierte Zusammenarbeit. Die derzeitigen Bestände werden als gute Startposition für das Vermehrungsjahr 2025 und eine erfolgreiche Saat- und Pflanzgutproduktion angesehen.

Angemeldete Vermehrungsflächen 2024

Tabelle

Angemeldete Vermehrungsflächen von Feldkulturen in Sachsen-Anhalt im Jahr 2024

Kulturartengruppe/-art Fläche (ha)

Getreide 13.971

davon Wintergetreide 11.603

     dar. Winterweichweizen 5.102

            Wintergerste 2.841

            Winterroggen 2.425

davon Sommergetreide 2.368

       dar. Sommergerste 1.389

Leguminosen 2.847

davon Futtererbse 1.954

Gräser 1.216

Öl- u. Faserpflanzen 1.071

davon Winterraps 340

           Sojabohne 200

Pflanzkartoffeln 842

Sonstige 535

davon Markerbse 398

Gesamt 20.482

* Quelle: Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau

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