Ernte von Thymian in der Agrargenossenschaft Calbe, einem der großen Erzeugerbetriebe von Heil- und Gewürzpflanzen im Land. © Detlef Finger

Bauernverband kritisiert: GAP benachteiligt Anbau von Sonderkulturen

In einer Positionierung zum Anbau von Sonderkulturen in Sachsen-Anhalt fordert der Bauernverband von der Politik eine Stärkung der Erzeugerbetriebe. Die Rahmenbedingungen für die heimische Produktion seien besorgniserregend. Es geht um Majoran, Fenchel, Bohnenkraut, Spargel, Blumenzwiebeln.

Von Detlef Finger

Der Anbau von Sonderkulturen hat in Sachsen-Anhalt eine lange Tradition. Die aktuelle Situation um deren Erzeugung sei aber besorgniserregend, stellte der Bauernverband fest. Die Rahmenbedingungen für Erzeugerbetriebe, etwa von Majoran, Fenchel, Bohnenkraut, Spargel, Blumenzwiebeln und vielen weiteren Kulturen, hätten sich in den letzten Jahren verschlechtert, sodass ein zunehmender, teils drastischer Rückgang in den Anbauumfängen verzeichnet werden müsse, heißt es in einer Positionierung des Landesvorstandes.

Massiver Rückgang

Betroffen sind u. a. die Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen. Belief sich deren landesweite Anbaufläche von 2010–2016 laut Statistik noch auf 900–1.000 ha, gab es ab dem Dürrejahr 2018 einen Abfall auf 800–900 ha, Anfang der 2020er-Jahre folgte ein rapider Einbruch (2021: 500 ha, 2022: 400 ha, 2023: 300 ha).

Ebenso stark reduzierte sich in diesen drei Jahren die Zahl der Erzeugerbetriebe von 40 über 30 auf zuletzt 20. Ebenfalls rückläufig ist u. a. der Anbau von Zierpflanzen, Erdbeeren und Obst.

Mindestlohn und internationaler Wettbewerb belasten Landwirte

Die Trockenheit vergangener Jahre habe zum Rückgang des Sonderkulturanbaus beigetragen, sie sei aber nicht der Hauptgrund, betonte der Verbandsvorstand. Auch die massiven Lohnkostensteigerungen durch Anheben des Mindestlohns hätten sich auf den handarbeitsintensiven Sektor ausgewirkt. Zudem sei der Druck des internationalen Wettbewerbs für die heimischen Betriebe sehr hoch, denn Konsumenten griffen häufig zu günstigeren Produkten.

Bei vielen Sonderkulturen sei Deutschland von Importen abhängig, weil die Selbstversorgung kontinuierlich schwinde und preiswerte Importe aus Drittländern die Preise drückten. Die Folge seien ungleiche Wettbewerbschancen für hiesige Anbauer. Dabei habe sich entlang des Sonderkulturanbaus ein hohes Wertschöpfungspotenzial entwickelt, das jedoch Spezialkenntnisse und -technik voraussetze, so der Verbandsvorstand.

Eine Vielzahl der Betriebe sei hier breit aufgestellt, vielfältige Fruchtfolgen mit Spezialkulturen wie Thymian, Bohnenkraut, Oregano oder Zwiebeln neben klassischen Feldfrüchten wie Getreide, Raps, Mais oder Rüben seien möglich. Damit seien alle Voraussetzungen für eine sehr hohe Fruchtartendiversifizierung gegeben.

GAP benachteiligt Spezialbetriebe

Dennoch werde diesen Betrieben z. B. die Möglichkeit verwehrt, die laut neuer Gemeinsamer Agrarpolitik (GAP) vorgegebenen Inhalte für die aktuelle Förderperiode zu erfüllen. Insbesondere gehe es dabei um eine Teilnahme an der freiwilligen Maßnahme zur Öko-Regelung (ÖR) 2 – Vielfältige Kulturen im Ackerbau. Diese verlange den Anbau von mindestens fünf Hauptkulturen (jeweils ≥10 % bis ≤30 % des Ackerlandes), darunter Leguminosen bzw. -gemenge.

Keine Teilhabe an ÖR 2

Die Prämie von 60 €/ha (2024) werde für den Gesamtbetrieb (alle Ackerflächen ohne Brache) gezahlt. Spezialisierte Sonderkulturbetriebe könnten davon nicht profitieren, da ihre Fruchtfolgen lediglich keine Leguminosen enthalten. Der Verband sieht darin eine klare Benachteiligung dieser Betriebe, die ohnehin schon unter den unverlässlichen Rahmenbedingungen und der nicht vorhandenen Planungssicherheit leiden.

Mangel an Pflanzenschutzmitteln gefährdet Ernte

Besorgniserregend sei auch die Pflanzenschutzmittelsituation. Vor allem bei Spezialkulturen gebe es zahlreiche Indikationslücken, sodass Schädlinge nur noch notdürftig bekämpft werden können.

Der Verbandsvorstand sieht in der Folge drastisch abnehmende Anbauumfänge, etwa bei Arznei- und Gewürzpflanzen im Land, weil die Wirtschaftlichkeit der Produktion zunehmend sinkt. Dem könnte man z. B. mit einer flexibleren Öko-Regelung 2 entgegensteuern. Auch werden in den Bereichen Bewässerung, Auflagen, Dokumentation und Abhängigkeiten vom Lebensmittel­einzelhandel zahlreiche Hemmnisse gesehen, die einer Fortführung des Anbaus entgegenstehen.

Verbraucher und Politik gefordert

Der Verbandsvorstand fordert daher von der Politik, sich für den Anbau von Sonderkulturen in Sachsen-Anhalt verstärkt einzusetzen. Es brauche zukünftig verlässliche Rahmenbedingungen, verstärktes Werben beim Verbraucher für heimische Produkte, eine verbesserte Zulassungssituation von wirksamen Pflanzenschutzmitteln sowie Nachbesserungen in der GAP, um den Anbau von Sonderkulturen langfristig zu sichern und zu stärken.

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Die Gewässerunterhaltung in Sachsen-Anhalt wird zu großen Teilen aus Flächenbeiträgen der Land- und Forstwirte finanziert. (c) Detlef Finger

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