Deiche und Flutpolder: Entschädigung für Eigentümer von Flächen
Hochwassergefahren sollen künftig durch Flutpolder und Rückverlegungen von Deichen abgemildert werden. Eine Mustervereinbarung sieht Entschädigungszahlungen für die Flächeneigentümer vor.
Die Flüsse in Sachsen-Anhalt sollen in den kommenden Jahren durch den Bau von Flutpoldern sowie Deichrückverlegungen mehr Raum bekommen. Ziel sei es, bei Hochwasser sensible Flussabschnitte wie Wohn- und Industriegebiete besser zu schützen. So könne die gezielte Flutung landwirtschaftlich genutzter Flächen im Hochwasserfall dazu beitragen, die Flusspegel an anderen Stellen entscheidend zu senken, teilte das Umweltministerium mit.
Deiche und Flutpolder: Umweltminister setzt auf Akzeptanz
Eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz von Polderprojekten bestehe jedoch darin, dass betroffene Flächeneigentümer im Fall gesteuerter Überflutungen eine Entschädigung erhalten. Umweltminister Armin Willingmann (SPD) unterzeichnete deshalb am vorigen Donnerstag (11.1.) mit den Präsidenten des Bauernverbandes und des Bauernbundes, Olaf Feuerborn und Martin Dippe, eine gemeinsame Erklärung, hieß es weiter.
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Deiche und Flutpolder: Grund- und zusätzlicher Schadenausgleich
Kernstück dieser gemeinsamen Erklärung sei die neu entwickelte Muster-Kompensationsvereinbarung für den Einsatz gesteuerter Flutpolder, auf deren Grundlage Entschädigungsfragen bei künftigen Polderprojekten geklärt werden können.
Wer danach seine Flächen für ein neues Polderprojekt zur Verfügung stelle, erhalte bereits vorab einen einmaligen Ausgleich in Höhe von 20 % des Grundstückswertes. Komme der Polder bei späteren Hochwasserereignissen zum Einsatz und entstehen Schäden auf den Feldern, erhielten die Flächeneigentümer vom Land eine Kompensation. Die Höhe des Ausgleichs richte sich dabei nach den entstandenen Schäden, die durch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ermittelt werden sollen.
Vereinbarung: Flächen bleiben bei Grundeigentümern
Voraussetzung für den Ausgleich nach dem Modell dieser Vereinbarung sei der Verzicht auf Einwände im Planfeststellungsverfahren oder Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss beim geplanten Polderprojekt. Im Weiteren sehe die Vereinbarung vor, dass die Flächen innerhalb des Flutpolders im Besitz des Grundstückseigentümers bleiben, das Land lediglich die Aufstandsflächen für den Polderdeich erwerbe. Im Regelfall solle zudem keine Umwandlung der Nutzungsart des betroffenen Grundstücks innerhalb des Flutpolders erfolgen.
Hochwasserschutz: Akzeptanz nimmt zu
„Wir sind heute einen entscheidenden Schritt weitergekommen, um die Akzeptanz für Hochwasserschutzmaßnahmen insbesondere im ländlichen Raum zu steigern“, betonte Willingmann. In der Vergangenheit habe es weder in Sachsen-Anhalt, noch bundesweit einheitliche Grundsätze für Entschädigungszahlungen gegeben.
Mit der gemeinsamen Erklärung sowie der Muster-Kompensationsvereinbarung sei jetzt nach einem „konstruktiven Abstimmungsprozess“ eine wichtige Grundlage geschaffen worden, um in Zukunft bei Polderprojekten einen gerechten Interessenausgleich zu erreichen. Der Minister zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Projekte dadurch auch schneller umsetzen lassen.
Olaf Feuerborn: Einbindung von Land- und Forstwirten
Bauernverbandspräsident Olaf Feuerborn erklärte, der Schutz der Menschen und ihres Eigentums vor Hochwasser sei eine sehr wichtige Aufgabe. Um diesen besser aufzustellen, müssten Land- und Forstwirte stärker eingebunden werden. „Dafür braucht es im Falle eines Falles auch eine faire Entschädigung. Die heute unterzeichnete Erklärung ist hierfür ein wichtiger Schritt“, betonte er.
Bauernpräsident: Hochwasserschutz ist essenziell
Das sieht Bauernbundpräsident Martin Dippe ebenfalls so. Er sagte, sowohl die produktive Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Lebensmittelerzeugung als auch der Hochwasserschutz seien essenziell für die Menschen im Land und müssten in Einklang gebracht werden. Das sei aktuell wieder sehr deutlich geworden. Vor allem für dichtbesiedelte Gebiete bzw. urbane Zentren mit besonders hohem Anteil versiegelter Fläche habe Hochwasserschutz durch ausreichend freizuhaltende Fläche für die Flüsse im ländlichen Raum einen immensen Stellenwert. Den Landnutzern gebühre deshalb gesellschaftliche Anerkennung, da sie es seien, die Einbußen akzeptieren müssten.
Deichrückverlegungen und Flutpolder: Insgesamt 16.000 Hektar Retentionsräume
Das vom Umweltministerium für den Hochwasserschutz entwickelte Maßnahmenprogramm „Fluss, Natur, Leben“ sieht nach Angaben des Ressorts 34 potenzielle Standorte für Deichrückverlegungen und Flutpolder vor, mit denen in den kommenden Jahren etwa 16.000 ha Retentionsfläche (Überflutungsfläche) wiedergewonnen werden könnten. Darunter befänden sich acht Flutpolderprojekte: Calbe, Axien-Mauken, Salsitz, Raba, Elster-Luppe-Aue, Röpzig-Beuchlitz-Passendorf, Linkes Muldevorland, Schartau-Blumenthal.
Flutpolder bei Havelberg: Entschädigung im Rahmen des Staatsvertrages
Bereits im Bau befindlich sei der Flutpolder Rösa an der Mulde. Bis 2027 sollen dort rund 520 ha zusätzlicher Retentionsraum entstehen. Notwendige Entschädigungsregelungen für das Projekt seien bereits getroffen worden. Für den bestehenden Flutpolder bei Havelberg seien Entschädigungsfragen im Rahmen des Staatsvertrages geklärt worden.
„Das Winterhochwasser hat uns in den vergangenen Wochen noch einmal daran erinnert, wie wichtig es ist, den Hochwasserschutz in Sachsen-Anhalt weiter konsequent voranzutreiben und nicht auf die lange Bank zu schieben“, sagte Minister Willingmann abschließend. Auch bei Deichrückverlegungen solle es künftig einen einheitlichen Rahmen für Entschädigungsfragen geben. Die Grundlagen hierfür sollen im Wassergesetz des Landes verankert werden, das aktuell novelliert werde, kündigte er an.
Video: Hochwasserschutz Flutpoler – Animation
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