Kartoffel-Verarbeitung in Kalbe: Warum Grocholl die Produktion einstellt
Hohe Betriebskosten, steigende Löhne und Inflation: Die Kartoffelverarbeitung in Kalbe (Sachsen-Anhalt) steht still. Der Kartoffelverarbeiter Grocholl hat sein Werk geschlossen. Was bedeutet das für die Region und die betroffenen Landwirte?
Der Kartoffelverarbeiter Grocholl hat am Freitag voriger Woche (21.3.) seine Produktion in Kalbe (Milde) im Altmarkkreis Salzwedel (Sachsen-Anhalt) eingestellt. Das Mutterunternehmen, die im schleswig-holsteinischen Büchen ansässige Heilmann-Gruppe, sieht an dem Standort im Nordwesten Sachsen-Anhalts keine wirtschaftliche Perspektive mehr.
Steigende Kosten und Preisdruck: Die Gründe für das Aus von Grocholl
Steigende Betriebskosten, höhere Löhne und die zeitweise hohe Inflation hätten alle Effizienzfortschritte der vergangenen Jahre zunichtegemacht, hieß es. Und höhere Abgabepreise für die Produkte hätten sich „gegenüber marktmächtigen Kunden nicht oder nur teilweise durchsetzen“ lassen, ließ Firmenchef Carsten Heilmann in einem Statement über einen Uelzener Rechtsanwalt mitteilen. Das berichteten verschiedene regionale Tageszeitungen.
Zunehmende krankheitsbedingte Ausfälle aufgrund der bestehenden Altersstruktur der Belegschaft in Kalbe erforderten darüber hinaus zusätzlich den Einsatz teurer Zeitarbeiter. „Unter dem Strich ergeben sich weiterhin gravierende Verluste“, erklärte Heilmann demnach im Statement zu seiner unternehmerischen Entscheidung, das Werk zu schließen.
Preisdruck auf Kartoffelverarbeiter
Ein Branchenkenner sagte der Bauernzeitung auf Nachfrage, dass das Unternehmen wohl aufgrund des lange Jahre sinkenden Verbrauchs von Speisefrischkartoffeln und des enormen Preisdrucks seitens der Abpacker und insbesondere des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) den Fokus auf die Kartoffelverarbeitung gerichtet habe. In Kalbe ließ Grocholl vor allem Kartoffeln schälen, schneiden und für den Weiterverkauf als Halbfertigerzeugnisse vorbereiten. Abnehmer waren der LEH, Großverarbeiter und die Ernährungsindustrie.
Den Standort in der westlichen Altmark in Sachsen-Anhalt hatte das Unternehmen kurz nach der Wende übernommen. 1990/91 war in der Kleinstadt an der Milde die damalige Agrarveredlungsgesellschaft mbH mit Zwiebelverarbeitung und Kartoffellagerung gegründet worden. 2001 begann dort die Verarbeitung von Kartoffeln, während die von Zwiebeln 2022 eingestellt wurde. Stattdessen kam die Nudelproduktion hinzu.
Auch Vertragslandwirte betroffen
Nach Angaben des Mutterkonzerns soll den Angestellten in der Kartoffelverarbeitung in Kalbe nicht gekündigt, sondern eine gleichwertige Arbeit am Heilmann-Standort im 80 Kilometer entfernten Uelzen (Niedersachsen) angeboten werden.
Die Agrarveredlung gehörte zu den größten Arbeitgebern in der altmärkischen Kleinstadt. Ihren Abnehmer verlieren mit dem Kalbenser Werk aber Vertragslandwirte in der Altmark und im benachbarten Wendland. Über 150 sollen es gewesen sein, die für die Kartoffelverarbeitung in Kalbe sowie das ehemalige Grocholl-Werk in Clenze im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg täglich insgesamt bis zu 500 Tonnen Kartoffeln lieferten. Eine Anschlussverwendung für den Altmärker Standort gebe es noch nicht, zunächst soll der Wechsel nach Uelzen bewältigt werden, hieß es im Firmenstatement der Heilmann-Gruppe.
Investitionen zahlten sich nicht aus
Die Unternehmensgruppe Heilmann hatte 2018 die Mehrheit an der damaligen Ulrich Grocholl OHG mit ihren Verarbeitungsbetrieben im altmärkischen Kalbe und in Clenze übernommen. Die Heilmann-Gruppe gehört zu den größten Kartoffelhändlern in Norddeutschland. Die Werke in Kalbe und Clenze wurden mit der ebenfalls von Heilmann übernommenen Armour Foods GmbH, einem LEH-Großhändler, damals zur Grocholl GmbH & Co. KG zusammengefasst.
Weiterer Teilhaber ist die Elbtaler Veredelungsgesellschaft mbH & Co. KG in Büchen, die ebenfalls zu Heilmann gehört. Die Unternehmensgruppe investierte damals an den Standorten Clenze und Kalbe, vor allem in modernere und leistungsfähigere Maschinen.
Nicht die erste Betriebsschließung
Offenbar reichten die damit erzielten Effizienzsteigerungen aber nicht aus, um die hohen Betriebskosten auszugleichen, wie die Werksschließungen zeigen. Denn bereits vor drei Jahren war schon das ältere Grocholl-Stammwerk in Clenze geschlossen und die dortige Kartoffelverarbeitung nach Kalbe verlegt worden. Den Betrieb in Clenze erwarb im Jahr 2023 übrigens die Bio Kartoffel Nord GmbH & Co. KG. Der Erzeugerzusammenschluss verlegte auch seinen Sitz von Lüchow nach Clenze. In Uelzen betreibt die Heilmann-Gruppe einen Abpackbetrieb für Speisekartoffeln und Speisezwiebeln sowie einen Verarbeitungsbetrieb mit Schällinie und Herstellung von Kartoffelpuffern und Gemüsetalern, die vorwiegend an den Lebensmitteleinzelhandel und Gastronomiezulieferer gehen.

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