Hintergrund

Weideschlachtung: Kugelschuss nur für wenige Rinder

Charolais-Fleischrinder auf ausgedorrtem Weideland (c) Detlef Finger
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Nicht einmal 20 Personen besitzen in Sachsen-Anhalt eine Genehmigung für das Betäuben bzw. Töten von Rindern mittels Kugelschuss bei der Weideschlachtung. Diese gibt es zudem nur auf Antrag.

Von Detlef Finger

In Sachsen-Anhalt hat das Landesverwaltungsamt im Zeitraum von 2012 bis 2019 rund 200 Anträgen von 16 Antragstellern aus acht Landkreisen (ABI, BK, HZ, JL, MSH, SAW, SDL, WB) auf Genehmigung des Kugelschusses zur Betäubung und Tötung von insgesamt 769 Rindern bei Weideschlachtung stattgegeben. Gemessen an der Gesamtzahl der während dieser Zeit in diesen Landkreisen geschlachteten Rinder (25.442) lag der Anteil der durch Kugelschuss getöteten Tiere bei knapp 3%. In den vergangenen beiden Jahren lag dieser Wert lediglich im Zehntelprozentbereich (2018: zwei Antragsteller, 18 Rinder; 2019: drei Antragsteller, acht Tiere). Das geht aus Angaben des Landwirtschaftsministeriums in Magdeburg hervor.

Weideschlachtung: Landwirte, Jäger und Tierärzte zum Kugelschuss berechtigt

Einen behördlich erteilten Erlaubnisschein zum Einsatz der Schusswaffe innerhalb eines befriedeten Besitztums zur Betäubung/Tötung von Rindern in Freiland- bzw. Weidehaltung per Kugelschuss haben in Sachsen-Anhalt nur wenige Personen. Nach Landkreisen sind es in Anhalt-Bitterfeld drei Landwirte, darunter zwei Jagdscheininhaber, in der Börde zwei Landwirte und ein Tierarzt als Inhaber eines Jagdscheins, in Mansfeld-Südharz drei Personen (darunter zwei Jäger), eine davon nur für Gatterwild. Im Jerichower Land besitzt eine Person, die auch Jäger ist, die Erlaubnis, auf Rinder zu schießen. Im Altmarkkreis Salzwedel sind es ein Tierarzt, drei Jäger, eine Landwirtin und ein Landwirt/Jäger, im Kreis Wittenberg zwei Personen (Jagdscheininhaber). Der Kreis Stendal erteilt die Genehmigungen nur an Jagdscheininhaber. Diese sind zudem immer an einen Einzelfall gebunden. Im Landkreis Harz sind aktuell keine Erlaubnisse erteilt.


Zwei Heckrinder in naturnahmem Umfeld blicken aus einiger Entfernung in die Kamera. Ganzjährig im Freien gehalten, könnten sie durch Kugelschuss getötet werden, sofern die zuständige Behörde dies genehmigt.

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Mit der Genehmigung des Kugelschusses auf der Weide zur Schlachtung von Rindern gehen Sachsens Ämter unterschiedlich um. Eine Übersicht. mehr


Jedes einzelne Verfahren wird durch einen amtlichen Tierarzt oder eine amtliche Tierärztin begleitet. Einen dauerhaft genutzten und von den Ordnungsbehörden abgenommenen Schussort zur Weideschlachtung, an dem die Betäubung/Tötung der Rinder erfolgt, besitzen sieben Betriebe in fünf Landkreisen (ABI, BK, MSH, SAW, WB). Ein Betrieb verfügt über zwei Schussorte. Mit dem Ausschlachten, Zerlegen und ggf. Weiterverarbeiten der geschossenen Rinder sind in Sachsen-Anhalt sechs Schlachtstätten (jeweils eine in ABI, SLK, JL, SAW, SDL, WB) mit dem entsprechenden Verfahren vertraut. Zudem wird eine Schlachtstätte im Landkreis Prignitz (Brandenburg) genutzt.

Ministerien sind uneins zu Kugelschuss

Agrarministerin Claudia Dalbert sagte auf Nachfrage der Bauernzeitung: „Ich halte den Kugelschuss auf der Weide zum Betäuben oder Töten von Rindern für sehr geeignet. Das ist tierschutzgerecht. Tiere, die das ganze Jahr auf der Weide stehen, sollten vor dem Schlachten nicht noch transportiert werden. Das macht nur Stress. Deshalb begrüße ich es sehr, dass der Kugelschuss hierzulande genehmigt wird, wenn Sachkunde vorliegt.“


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Dass sich Sachsen-Anhalt Anfang Juni im Bundesrat dennoch enthielt, resultierte vordergründig aus Bedenken des Sozialministeriums in Bezug auf das beabsichtigte Aufweichen des Schlachthofzwangs. Kritisch sieht das für die Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung zuständige Gesundheitsressort insbesondere die Änderung dahingehend, dass auch saisonal unter extensiven Bedingungen im Freiland gehaltene Rinder und Schweine im Haltungsbetrieb geschlachtet werden können.

Der Freistaat Bayerns hatte eine entsprechende Initiative in den Bundesrat eingebracht. Diese zielt darauf ab, weitergehende Erleichterungen und Erweiterungen für die Schlachtung in landwirtschaftlichen Haltungsbetrieben zu erreichen. Zur Begründung wurden insbesondere eine tierschonende Schlachtung, der Verzicht auf den Lebendtransport und eine erwartete positive Auswirkung auf die Fleischqualität genannt.