Berechnungen aus Sachsen-Anhalt

Rindermast kaum noch rentabel

Jungbullenmast in der Agrar-Gesellschaft Börde am Standort Schackensleben (c) Detlef Finger
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Die Produktionsverfahren zur Erzeugung von Rindfleisch waren in Sachsen-Anhalt im Wirtschaftsjahr 2018/19 im Durchschnitt der Betriebe mit Rindermast oder Mutterkuhhaltung unter Vollkosten-Rechnung im Minus.

Von Detlef Finger

Die Jungbullenmast war im Wirtschaftsjahr 2018/19 in Sachsen-Anhalt im Mittel der Betriebe nicht wirtschaftlich. Bei den Mastrassen stand bei Vollkostenrechnung unter dem Strich ein Minus von 58 Euro je Tier. Bei den schwarzbunten Bullen lag der Verlust bei 4 Euro. Nur das obere Drittel der Betriebe verzeichnete im Durchschnitt mit 127 Euro bzw. 102 Euro je Bulle noch einen Überschuss. Die Spanne der finanziellen Ergebnisse reichte dabei von –412 Euro bis +187 Euro bei den Mastrassen bzw. –130 Euro bis +148 Euro bei Schwarzbunten.

Größte Kostenfaktoren in der RIndermast: Futter und Tiereinsatz

Größte Kostenfaktoren waren bei den Mastrassen der Tiereinsatz mit 743 Euro (49 % der Gesamtkosten) und das Futter (449 Euro, 30 %), bei schwarzbunten Bullen das Futter mit 514 Euro (45 %) und der Tiereinsatz mit 367 Euro (32 %). Die Tageszunahmen betrugen 1.129 Gramm (Mastrassen) bzw. 943 Gramm (SB-Bullen). Diese Zahlen legte der Kontroll- und Beratungsring (KBR) Rindermast des Landeskontrollverbandes (LKV) Sachsen-Anhalt kürzlich in Tanne im Oberharz auf einer gemeinsamen Informationsveranstaltung mit dem Fachausschuss Rind des Landesbauernverbandes und dem Pharmaunternehmen MSD vor. Laut Ringberater Bernd Priegnitz gingen in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen die Daten von 20 Mastbetrieben mit 4.300 abgelieferten Mastrasse- bzw. schwarzbunten Bullen ein. Die mittlere Herdengröße liegt bei 248 Tieren.

Schlachterlöse für Mastrinder zu gering

Die für die katastrophale Situation in der Rindermast ursächlichen natürlichen, vor allem aber wirtschaftlichen Rahmenbedingungen umriss Priegnitz wie folgt:

  • zu geringe Schlachterlöse (Mastrassebullen: Ø 3,70 Euro/Kilogramm Schlachtgewicht, SB-Bullen: Ø 3,30 Euro/Kilogramm),
  • dürrebedingte schlechte Grob- und Kraftfutterversorgung, Rindermast im Dürrejahr in direkter Konkurrenz zu Milch und Biogas,
  • Aufgabe der Mast oder Umstellung aufgrund der Futtersituation bzw. wirtschaftlichen Aussichten,
  • hohe Absetzerkosten aus dem Jahr 2017/18 trafen auf fallende Schlachtviehpreise im Jahr 2019,
  • geringe Akzeptanz für Rindfleisch in der Bevölkerung, wenig Interesse an regionaler Ware, Einkauf zuvorderst über der Preis,
  • geringes Interesse beim Lebensmitteleinzelhandel (LEH), ungenügende Veredelung, unzureichende Bewerbung, Weitergabe der „Geiz ist geil“-Mentalität über den LEH an die Verbraucher.
  • Darüber hinaus gebe es weitere Problemfelder. Dazu gehören etwa die Zunahme von Auflagen und Kontrollen, der Mangel an Schlachtstätten und damit lange Transportwege sowie die fehlende Kundenbindung.

Rindermast: Aussichten alles andere als rosig

Mutterkuhhaltung mit Rotem Höhenvieh im Landwirtschaftsbetrieb Thielecke in Tanne (c) Detlef Finger

Und auch die Prognose für das Wirtschaftsjahr 2019/20 fällt düster aus: „Die Verluste werden im Schnitt noch um 50 bis 100 Euro je Masttier anwachsen“, sagte Bernd Priegnitz unter Verweis auf die derzeit beim KBR in Arbeit befindliche Wirtschaftlichkeitsauswertung. Dabei, so der Berater weiter, könne die heimische Rindermast durchaus punkten. Sie stehe für schmackhaftes Qualitätsrindfleisch aus regionaler Erzeugung, das unter art- und umweltgerechten Haltungsbedingungen produziert wird und zur Pflege der Kulturlandschaft beiträgt (Mutterkuhhaltung). Es müsse den Rindermästern und Mutterkuhhaltern allerdings gelingen, „eine Geschichte zu verkaufen und nicht nur ein Produkt“, so Priegnitz. Schließlich sei das Rindfleisch von Färsen und Jungbullen „sein Geld wert“. Aber, gab er zudem zu bedenken, „nebenbei geht auch in der Rindermast nichts mehr.“

Es braucht neue Wege für die Vermarktung

Mit „normaler“ Vermarktung sei mit Rindfleisch kaum noch Geld zu verdienen, fuhr Priegnitz fort. Bei den Tierwohllabels gebe es beim Rind zwischen QS (Stufe 1, Stallhaltung) und dem Bio-Siegel (Stufe 4, Premium) nichts. Von Letzterem hätten nur zwei Discounter etwas im Sortiment. Die Schlachter machten aus Rindfleisch meist Gulasch oder Hackfleisch. Der Handel suche demgegenüber nach Alleinstellungsmerkmalen gegenüber Mitbewerbern. Diese gelte es zu bedienen. Es gebe einige Markenfleischprogramme, doch das sei zu wenig. Regionale Metzgereien und Spezialprogramme seien zu klein. Mithin müssten die Betriebe ihre Nische finden. Ein Beispiel dafür sei die Direktvermarktung.

Kundenbindung fehlt

Thomas Seeger, Geschäftsführer der Agrar-Gesellschaft „Börde“ mbH, Rottmersleben, und Vorsitzender des Fachausschusses Rind beim Bauernverband, berichtete von eigenen, ergebnislosen Gesprächen mit dem LEH. Der argumentiere, die Käufer bevorzugten günstiges Rindfleisch, Bio- und Premiumware blieben liegen. Das Grundproblem sei die fehlende Verbindung zwischen Produzent und Verbraucher. Das sagte Bernd Priegnitz abschließend. Die Erzeuger verkauften an wenige große Schlachter, diese wiederum an den LEH als Vermarkter. Die Kunden schauten meist nach dem Preis, nicht nach dem Produkt. Das müsse sich ändern. Um einen Mehrwert zu erzielen, bedürfe es der Einbeziehung aller Marktbeteiligten. „Wir müssen wegkommen von der Null-Acht-Fünfzehn-Vermarktung“, so Priegnitz. Die Landwirte allein könnten dies allerdings nicht schaffen. Auch Politik und Handel seien hier gefragt.

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