Salzpflanze auf dem Teller

Seespargel aus der Börde: Vom Gewächshaus in den Supermarkt?

Im Gewächshaus in Osterweddingen: Start-up-Gründer Ken Dohrmann (l.) mit einem Bördegarten-Mitarbeiter. (c) WIMEX
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Die Wimex-Gruppe übernimmt mit ihrer Gemüsebaufirma Bördegarten den kommerziellen Anbau von Salicornia im Gewächshaus von einem Start-up. In Zukunft soll die Salzpflanze im Einzelhandel angeboten werden.

Von Detlef Finger

Ein bundesweit einmaliges Projekt ist jetzt Teil von Bördegarten: Zum 1. Juli hat das Unternehmen der Wimex-Gruppe aus Baasdorf bei Köthen vom Start-up Salifaktur den kommerziellen Anbau von Seespargel (Salicornia europaea) übernommen, teilte die Gruppe am 10. Juli 2023 mit.

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Seespargel als vielseitiges Superfood

Die grüne, blattlose Salzpflanze, auch als Queller oder Meeresspargel bezeichnet, gilt wegen ihres hohen Gehaltes an Vitaminen und Mineralien als ein besonderes, zukunftsträchtiges Lebensmittel. Als Wildform wächst Salicornia normalerweise an Meeresküsten oder auf stark salzigen Böden, wo herkömmliche Pflanzen nicht gedeihen können. Das Start-up hatte seinen Seespargelanbau bereits Anfang 2023 in das Hochtechnologie-Gewächshaus von Bördegarten in Osterweddingen bei Magdeburg umgesiedelt.

Nun wird das Salicornia-Projekt auch auf Unternehmensebene in Bördegarten und damit in die Wimex-Gruppe integriert. „Wir sind immer auf der Suche nach spannenden Entwicklungsmöglichkeiten“, erklärt dazu Ulrich Wagner, Geschäftsführer der Wimex-Gruppe. „Die Geschäftsidee der Salifaktur passt perfekt zu uns. Der Seespargel ist vielseitig einsetzbar und ergänzt dadurch unser bestehendes Portfolio optimal. Wir freuen uns, dieses Superfood nun auch zentral in Deutschland anzubauen.“

Die Anfänge des Salicornia-Anbaus reichen bis ins Jahr 2020 zurück. Damals hatten die Gründer Julian Engelmann und Ken Dohrmann nach einer eigenen Nische im Gemüseanbau gesucht, um sich mit einer Geschäftsidee selbstständig zu machen und dabei den Seespargel entdeckt. „Wir sind durch Experimente eines Studienkollegen darauf aufmerksam geworden“, berichtet Dohrmann.

Seespargel Wimex Salicornia
Nur die Spitzen der Salzpflanzen werden geerntet und verarbeitet. (c) Wimex

Salicornia-Anbau: Know-how selbst entwickelt

Nach eigenen Recherchen wurde ihnen klar, dass es in Deutschland noch keinen Salicornia-Anbau gibt. Das bedeutete für die zwei zwar eine Alleinstellung auf dem Gemüsemarkt, hieß aber auch, das ganze Praxis-Know-how eigenständig entwickeln zu müssen. Unterstützung gab es nur durch einen Experten aus Belgien als Projektpartner. Gestartet haben die beiden das Ganze schließlich mit dem im Rahmen der „Europäischen Innovationspartnerschaft“ (EIP-Agri) geförderten Projekt „Salzpflanzen aus Sachsen-Anhalt“ (Bauernzeitung 32/2020, S. 14).

Mitte 2022 stieg Julian Engelmann im Einvernehmen aus dem Projekt aus. Ken Dohrmann, studierter Agrarwissenschaftler mit landwirtschaftlicher Ausbildung, hielt weiter am Konzept fest, suchte aber nach einem neuen Partner – und fand Bördegarten. „Die Zusammenarbeit begann am 1. Dezember 2022 mit vorbereitenden Bauarbeiten im Gewächshaus von Bördegarten“, erinnert er sich. Innerhalb von nur acht Wochen startete der Anbau. Derzeit wächst Salicornia auf 1.600 m2 unter Glas, die wöchentliche Erntemenge liegt derzeit bei rund 400 kg.

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Die Salzpflanze aus der Unterfamilie Salicornia wächst vorwiegend an salzüberfluteten Küsten, aber auch im Binnenland. Nun soll sie hierzulande erstmals angebaut werden. (c) privat

Das Salicornia-Projekt habe von Anfang an von der Kooperation profitiert, sagt Dohrmann, etwa durch die personelle Unterstützung: „Außerdem lernten wir von den professionellen Abläufen in einem der modernsten Gewächshäuser Deutschlands. Und wir konnten nun ganzjährig anbauen, die Logistik nutzen, hatten ganz neue Vermarktungsmöglichkeiten durch Vertriebskontakte und das Bördegarten-Netzwerk. Ernte und Vertrieb von Salicornia spielen sich in einem kleinen Zeitfenster ab, schließlich soll der Seespargel frisch und knackig bei den Kunden ankommen.“ Ken Dohrmann selbst bleibt als angestellter Mitarbeiter bei Bördegarten bzw. der Wimex-Gruppe weiterhin verantwortlich für den Seespargel und Hauptansprechpartner rund um den Anbau und die Vermarktung.

„Durch den Anbau von Seespargel erweitern wir unser Portfolio. Neben den Gemüse-Klassikern setzen wir verstärkt auf Neuheiten. Wir hoffen auf eine steigende Beliebtheit der Salicornia in allen Küchen Deutschlands“, sagt Michael Tepfer, Leiter Strategische Unternehmensentwicklung bei der Wimex-Gruppe. Gegenwärtig beliefert das Unternehmen vor allem den Handel für Gastronomie und Hotellerie. Viele Kunden kämen aus dem Bereich Fisch und Meeresfrüchte, weil Salicornia traditionell zusammen mit Fisch angeboten wird. „Wir beliefern auch einige regionale Restaurants und sind regelmäßig auf dem Magdeburger Wochenmarkt“, ergänzt Ken Dohrmann. Perspektivisch soll das Gemüse auch im Einzelhandel angeboten werden.

Zukunftspflanze für die menschliche Ernährung

Dann könne der Seespargel auch verstärkt zu Hause zubereitet werden. „Geerntet und verarbeitet werden die Spitzen der Salzpflanze. Sie können frisch als Rohkost oder auch gebraten oder blanchiert gegessen werden“, so Dohrmann. Alles, was von Salz oder Kräutern profitiere, das profitiere vom Seespargel. Dieser schmecke im Salat, zu Bratkartoffeln oder als salzige Zutat auf dem Butterbrot.

Die Vorzüge von Seespargel reichen indes über das Kulinarische hinaus: Weil die Pflanze auf salzigen Standorten wächst, macht sie bislang unbrauchbare Böden für den Ackerbau und damit für die Ernährung der Menschen verfügbar. Sogar in zeitweise vom Meer überfluteten Bereichen gedeiht Salicornia prächtig. Beim Gewächshausanbau greife Bördegarten auf Salz aus natürlichen Vorkommen der Region um Magdeburg zurück, um die Pflanzen optimal zu düngen und die maritimen Bedingungen perfekt zu simulieren, erklärt Dohrmann.

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