VR Plus Altmark-Wendland: Betrug beim Agrarhandel?
Gegen Mitarbeiter eines Fuhrparks der VR Plus Altmark-Wendland eG ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Beschuldigten sollen Landwirte bei der Getreideerfassung am Standort Osterburg mengenmäßig betrogen haben.
Scharfe Vorwürfe gegen einzelne Beschäftigte der VR Plus Altmark-Wendland eG: Altmärker Landwirte sollen am Standort Osterburg bei der Erfassung ihres Getreides in den zurückliegenden Jahren betrogen worden sein. Die Volksbank/Raiffeisenbank mit Sitz in Lüchow (Niedersachsen) betreibt in der altmärkischen Hansestadt neben einem Kraftfutterwerk auch einen Agrarhandelsstandort.
Gegen einzelne Mitarbeiter eines standörtlichen Fuhrparkbereichs ermittele die Staatsanwaltschaft Stendal, bestätigte das genossenschaftliche Unternehmen auf Anfrage der Bauernzeitung. Es geht dabei um den Verdacht, dass Landwirte bei der Getreideanlieferung betrogen wurden. Offenbar rechneten die Beschuldigten geringere Erntegutmengen ab, als die Landwirte tatsächlich andienten. Laut der Stendaler Staatsanwaltschaft ermittelt diese darüber hinaus auch gegen eine externe Person, die in die Vorgänge involviert gewesen sein soll. Über den Fall hatte zuerst die Tageszeitung taz berichtet.
Die Vorstandsvorsitzende der VR Plus Altmark-Wendland eG, Grit Worsch, betonte gegenüber der Bauernzeitung, „der Verdacht richtet sich ausschließlich auf den Fuhrparkbereich eines Standortes der Genossenschaft“. Nähere Auskünfte können allerdings auf Bitte der Ermittlungsbehörden nicht gegeben werden. Die Aufklärung der Anschuldigungen werde auch im Unternehmen mit höchster Priorität vorangetrieben. Es gelte, so Worsch weiter, alles dafür zu tun, dass das Vertrauen in das genossenschaftliche Unternehmen keinen nachhaltigen Schaden nimmt. „Wir arbeiten sehr eng und vertrauensvoll mit den Ermittlungsbehörden und der Staatsanwaltschaft zusammen, um deren Arbeit bestmöglich zu unterstützen“, sagte Grit Worsch.
VR Plus Altmark-Wendland: Selbst Anzeige erstattet
Die jetzt in Rede stehenden Unterschlagung von Getreidemengen aus Landwirtschaftsbetrieben soll bereits etwas zurückliegen und zwei, drei Jahre gedauert haben. Anzeige diesbezüglich wurde im November 2020 erstattet. Laut Stendaler Staatsanwaltschaft stellte inzwischen auch die VR Plus Altmark-Wendland eG Strafanzeige, weil die Genossenschaft selbst geschädigt wurde. So sollen die in der Osterburger Niederlassung von den beschuldigten Beschäftigten unterschlagenen Mengen an Getreide vom Betriebsgelände des Landhandels entwendet worden sein. Die Genossenschaft hat den Fall nach eigenen Angaben auch ihrer Versicherung gemeldet.
Die VR Plus Altmark-Wendland will nach eigenen Angaben selbst erst kurz vor der diesjährigen Ernte, konkret Mitte Juni, aus Kundenkreisen von den Vorgängen erfahren haben. Daraufhin leitete die Genossenschaft eigene Untersuchungen ein und informierte die Behörden. Die betroffenen Beschäftigten sind Mitte Juli nach Vorliegen erster konkreter Informationen von ihren Tätigkeiten freigestellt worden. Ihnen erteilte das Unternehmen außerdem ein Betretungsverbot für das Betriebsgelände. Für die beschuldigten Beschäftigten gelte aber zunächst weiterhin die Unschuldsvermutung, so die VR Plus in Lüchow.
Prinzipiell sei festzustellen, so Vorstandsvorsitzende Worsch, dass eine technische Manipulation, etwa des Wiegesystems, zum aktuellen Zeitpunkt so gut wie ausgeschlossen werden kann. Zur Überprüfung und Optimierung der Arbeitsprozesse rund um die Getreideerfassung und -vermarktung sowie aller innerbetrieblichen risikominimierenden Aktivitäten habe die VR Plus Altmark-Wendland eG als unmittelbare Sofortmaßnahme zusätzliche versierte Prüfer eines weiteren genossenschaftlichen Prüfungsverbands und Fuhrparkspezialisten beauftragt.
Zur Höhe des möglichen Schadens konnten weder die Staatsanwaltschaft noch die VR Plus Altmark-Wendland eG bislang konkrete Angaben machen. Dem Vernehmen nach gehören neben dem genossenschaftlichen Unternehmen bis zu zehn Landwirte zum Kreis der Geschädigten.
Genossenschaftsbank kaufte Altmärker Agrarbetrieb
Die VR Plus Altmark-Wendland eG war Anfang 2020 schon einmal in die Schlagzeilen geraten. Die genossenschaftlich aufgestellte Bank hatte Ende Januar vergangenen Jahres die Mitgliederanteile der wirtschaftlich gesunden Agrargenossenschaft Sanne-Kerkuhn im Altmarkkreis Salzwedel übernommen.
Der Agrarbetrieb war langjähriger Kreditkunde der Bank. Dessen Mitglieder hatten ihre Unternehmensanteile zum Verkauf angeboten. Auch die VR Plus Altmark-Wendland eG hatte ein Angebot abgegeben und letztlich den Zuschlag erhalten. Die Bank wurde damit erst Anteilseigner und schließlich Alleineigentümer der Agrargenossenschaft. Diese wurde in eine GmbH umgewandelt und firmiert heute als Agrar GmbH Sanne-Kerkuhn.
Das Agrarunternehmen bewirtschaftet nach der Bauernzeitung vorliegenden Informationen rund 1.200 ha LN, überwiegend Ackerland, davon etwa die Hälfte Eigentum. Auf den Flächen wird ausschließlich Marktfruchtbau betrieben. Außerdem erzeugt die mit dem Agrarbetrieb verbundene Bioenergie GmbH Sanne-Kerkuhn mit einer 600 kW-Biogasanlage Strom.